Nach Umgängen furchtbar schlecht gelaunt

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Nach Umgängen furchtbar schlecht gelaunt

Liebe Frau Ubbens, meine Tochter ist 3 Jahre alt. Ich bin alleinerziehend. Der Vater kommt seit jeher alle zwei Wochen für ca. 2 Stunden zu Besuch. Ich finde die Umgänge zu selten und zu knapp bemessen. Viele Diskussionen haben zu nichts geführt. Er besteht auf diese Regelung. Ich habe mittlerweile aufgegeben, auch wenn es mir für meine Tochter unheimlich leid tut, . Wenn er kommt, geht er mit der Kleinen raus auf dem Spielplatz. Sie freut sich mittlerweile auch auf die Umgänge, versteckt sich aber, wenn er kommt, erst einmal hinter mir. Mit gutem Zureden läuft sie dann aber mit ihm. Nach 2 Stunden setzt er sie dann an der Tür ab. Sie sagt dann noch kurz Tschüss, dreht sich dann sofort um und marschiert davon ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen. Er handhabt es selbst genauso. Er kann dann gar nicht schnell genug ins Auto steigen und wegfahren. Der Abschied ist überhaupt nicht herzlich und von beiden Seiten recht unterkühlt. Ich glaube manchmal, ohne ihn schlecht machen zu wollen, dass die Umgänge ihm im Grunde nur lästig sind. Nun zur eigentlichen Frage: Jedes Mal, wenn er da war, ist sie danach unheimlich mies gelaunt. Selbst der Mittagsschlaf kann dann nichts mehr ausrichten. Sie ist nörgelig, bockt und weint. Das geht bis abends. Ich erkenne mein Kind dann gar nicht mehr wieder. Sie hat eine schöne Zeit mit ihm, da bin ich mir sicher, aber sobald sie wieder zu Hause und er weg ist, ziehen die dunkelsten Wolken auf. Den ganzen Ärger kriege ich dann ab. Ich habe schon von anderen Müttern ähnliches gehört. Ich frage mich, woran das liegt. Haben Sie ein Antwort? Vielen Dank!

von Olive80 am 17.05.2022, 13:43



Antwort auf: Nach Umgängen furchtbar schlecht gelaunt

Liebe Olive80, auch, wenn Ihre Tochter nicht davon spricht, dass sie ihren Papa vermisst und sich scheinbar gleichgültig verabschiedet, so ist der Papa dennoch der Papa. Meine Vorrednerin hat das alles sehr ausführlich erklärt. Planen Sie für die Nachmittage nach den Besuchskontakten Beschäftigungen ein, die Ihre Tochter gerne mag und auch solche, bei denen sich Ihre Tochter nicht anstrengen muss, wie beispielsweise Bücher vorgelesen bekommen. Je älter Ihre Tochter wird, je besser wird sie mit den Zeiten nach den Besuchen umgehen können. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 18.05.2022



Antwort auf: Nach Umgängen furchtbar schlecht gelaunt

Möchte auch gern etwas dazu sagen, wenn ich darf. Eltern erwarten ja meist, dass ein kleines Kind unter einer Trennung möglichst gar nicht oder nur kurz leidet. Aber das ist unrealistisch. Auch wenn Deine Tochter bei der Trennung noch sehr klein war - sie merkt, dass Ihr kein reguläres Familienleben habt, wie die anderen Kinder, die sie kennt. Sie merkt, dass es komisch ist, einen Papa zu haben, der aber wie ein Besucher ist. Und der im Alltag nicht stattfindet, der sie nicht versorgt, nichts in Bett bringt. Sie merkt, dass Ihr Euch nicht liebt, wie ein Kind sich das von einem Papa und einer Mama vorstellt. Und wie sie das bei anderen (Kiga-)Kindern sieht. Dass Ihr nichts gemeinsam macht. All das ist natürlich für ein so kleines Kind sehr schwierig und ja, auch belastend. Kinder wissen instinktiv, was eine „normale“ Familie ist, daran ändern auch die modernen Zeiten mit Alleinerziehenden und Patchworkfamilien usw. nichts. Die Kleinsten sind immer die Hauptleidtragenden einer Trennung, das ist den Erwachsenen manchmal gar nicht klar. Und dieses Leid dauert leider lange. Natürlich kannst Du nichts dafür. Du machst alles richtig. Versuche einfach, Deine Tochter zu verstehen. Die seltsame Besuchsregelung, die sich die Gerichte ausgedacht haben und die mit einer Familie, wie ein Kind sie sich wünscht, nichts zu tun hat, ist schwer zu verdauen für ein kleines Kind. Dafür reagiert Deine Tochter normal. Manche andere Kinder zeigen da deutlich stärker ein verunsichertes Verhalten. Sei nach den Umgängen einfach gelassen und geduldig mit Deiner Maus. Frage sie, was sie mit dem Papa erlebt hat (auch wenn Du das weißt), lass es Dir von ihr erzählen. Aber nicht nachbohrend, sondern interessiert und neugierig. Wenn ein Kind alles erzählen kann, was es erlebt hat, ordnet sich das in seinem Gehirn besser, die Überreizung durch die ungewohnte Situation und mangelnde Vertrautheit mit dem Papa geht zurück. Generell musst Du vermutlich damit rechnen, dass der Kontakt des Vaters in den nächsten Jahren noch weniger wird. Nach einer Studie der Uni Rostock hat knapp ein Drittel der Väter nach einigen Jahren keinen Kontakt mehr zum Kind. So wie Du Deinen Ex beschreibst, könnte das auch bei ihm passieren. Vielleicht sprichst Du doch nochmal mit ihm allein und fragst, was Ihr tun könntet, damit mehr Nähe entsteht und damit er eine gegenseitige Entfremdung zwischen ihm und seiner Tochter vermeiden kann. LG

von Hexhex am 18.05.2022, 08:56