Mehrere Verhaltensveränderungen

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Mehrere Verhaltensveränderungen

Guten Tag Frau Ubbens. Ich mache mir zur Zeit grosse Sorgen um meine Tochter und hoffe auf ihren Rat! Sie ist im Februar 6 geworden und ca seit 4,5 Monaten ist es so, dass es keinen einzigen Abend mehr gibt, wo sie ohne Theater einschläft. Sie steht etwa im 10Minuten Takt auf und sagt, sie kann nicht schlafen, will noch was trinken, muss noch aufs Klo, hat noch Hunger oder andere ausreden, um aufstehen zu können. Das ist extrem untypisch für sie. Seit sie ein Baby ist, gab es das wirklich noch nie. Es ist auch völlig unabhängig davon, um wie viel Uhr sie ins Bett geht. Das ganze geht dann auch mindestens ein bis zwei Stunden, bis sie dann irgendwann einschläft. Und noch etwas, was mir grosse Sorgen macht, dass sie ohne mich nirgends mehr hin geht, ausser in die Kita. Weder zu meinen Eltern (wo sie eigentlich immer sehr gerne hin ist), noch zu anderen Kindern, selbst Geburtstagseinladungen lehnt sie ab! Auch das ist extrem untypisch, sie war nie das Kind, das an Mamas Rockzipfel hängt, im Gegenteil, sie wäre zu meinem Schrecken sogar mit Fremden mit! Ich erkenne sie kaum wieder und kann mir das einfach nicht erklären. Was ich dazu sagen muss (ich weiss nicht, ob das eine Rolle spielen könnte): Sie wurde von Geburt bis sie drei einhalb war von ihrem Erzeuger und dessen Frau sexuell missbraucht. Seit sie drei einhalb ist, hat sie aber keinerlei Kontakt mehr und war dann auch über ein Jahr in psychologischer Betreuung, diese sah es aber irgendwann als "kontraproduktiv" an, da die Besuche jedes Mal alles wieder aufrühren würden... Ich weiss nicht, wie ich das alles einschätzen soll und wie ich am besten damit umgehen? Vielen Dank für ihre Mühe und entschuldigen sie den langen Text, es ist nur nicht so leicht, sowas allzu kurz zu fassen.

von Mamajuni16 am 07.07.2020, 19:35



Antwort auf: Mehrere Verhaltensveränderungen

Liebe Mamajuni16, verlegen Sie die abendliche Schlafenszeit um eine Stunde nach hinten und lassen Ihre Tochter den vermeintlich fehlenden Schlaf am Morgen nicht nachholen bzw. wenn sie abends zur alten Zeit schlafen soll, wecken Sie sie morgens entsprechend eher. Behalten Sie es mindestens eine Woche bei, damit sich ihr Organismus auf die veränderte Schlafenszeit einstellen kann. Kinder brauchen meist von einem auf den anderen Tag weniger Schlaf. In der Übergangszeit stellen Sie sicher, dass sie zur Toilette war und noch etwas getrunken hat, bevor sie ins Bett geht. Setzen Sie sich ggf. für ein paar Abende von außen an die Zimmertür und begleiten Ihre Tochter sofort wieder ins Bett, sobald sie aufsteht. Sie sollte das Zimmer gar nicht erst verlassen. Viele Kinder werden in den Monaten vor dem Wechsel vom Kindergarten in die Schule ruhiger und anhänglicher oder eher unruhig. Sie bereiten sich innerlich auf den neuen Lebensabschnitt vor. Dies beschäftigt sie, ohne dass die Kinder es erklären können. Aus dem Grund kann das Verhalten Ihrer Tochter dem geschuldet sein. Wobei bei Ihrer Tochter auch Erinnerungen oder Gefühle aufgekommen sein können, die sie sich nicht erklären kann, die mit ihren Erfahrungen aus der frühesten Kindheit zusammenhängen. Haben Sie noch ein wenig Geduld. Sollte das Verhalten Ihrer Tochter sich im Herbst, nachdem sie schon ein paar Wochen in der Schule war, nicht verändert haben, und sie selbst kann nicht benennen, warum sie nirgends mehr alleine hin mag, sprechen Sie gerne mit Ihrem Kinderarzt darüber. Vielleicht wären dann ein paar Besuche bei einem Kinderpsycholgen sinnvoll. Dieser muss ja nicht von sich aus die frühen Kindheitserlebnisse ansprechen. Vielmehr soll dies ein Angebot für Ihre Tochter sein, einfach mal mit jemandem reden (spielen) zu können. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 09.07.2020