Liebe Frau Ubbens, Sie haben mir schon mit guten Tipps geholfen, deswegen wende ich mich heute noch einmal an Sie. Mein Sohn ist mittlerweile 25 Monate alt und schon seit seiner Geburt ein kleiner Wildfang. Er war jetzt knapp ein Jahr in der KITA, dort war zunächst alles super, dann wurde er den anderen Kindern gegenüber allerdings sehr grob und hat sehr oft gebissen. Mein Mann und ich haben nach längerer Überlegung entschieden, ihm noch ein Jahr zu Hause zu gönnen, da ich derzeit mit unserem zweiten Sohn (7Monate) wieder in Elternzeit bin. Wir glauben, dass dies die richtige Entscheidung war. Er ist im Spiel mit anderen Kindern jetzt viel sicherer geworden und beißt auch nicht mehr. Allerdings steckt er mitten In einer starken Trotzphase. Wenn er seinen Willen nicht bekommt, schreit er laut und haut und kratzt uns als Eltern (vorwiegend mich als Mutter). Er lässt sich aber immer schnell wieder beruhigen, Trotzanfälle dauern eigentlich nie länger als 5 Minuten. Er verlangt nach wie vor nach sehr viel Aufmerksamkeit und wenn er die nicht bekommt, ärgert er auch oft seinen kleinen Bruder (haut ihn). Abweichungen vom strukturierten Tagesablauf stressen ihn noch immer sehr, zum Beispiel Geburtstage, und dann ist es auch schwer an ihn heranzukommen. Auch ist er oft quengelig und will sich nicht anziehen, wickeln oder anschnallen lassen. Das war eigentlich schon immer so. Schlafen war lange Zeit kein Problem bei uns, jetzt braucht er aber neuerdings Einschlafbegleitung und möchte am liebsten ins Elternbett. Ich habe schon immer das Gefühl, dass er irgendwie anders ist als andere Kinder. Reizüberflutet, manchmal unruhig, ungestüm, aber auch sehr lustig, intelligent und liebenswert. Eine Freundin sagte mir jetzt, dass Sie sicher sei, dass sich unsere Probleme nicht verwachsen werden, sie empfahl mir das Buch: Das hyperaktive Kleinkind von Cordula Neuhaus und das hat mich doch sehr verunsichert. Bis jetzt habe ich immer gedacht, dass wir es mit einer liebevoll-konsequenten Erziehung schaffen, unseren Sohn in gute Bahnen zu lenken und dass sich seine Auffälligkeiten verwachsen können, aber dieses Buch hat mir wenig Mut gemacht. Jetzt bin ich mir unsicher: auch in der Krippe haben Sie uns damals (mit 22 Monaten) einen Besuch im SPZ nahegelegt, da unser Sohn andere Kinder ärgert. Ich gebe zu, dass es sehr anstrengend mit ihm ist, aber nach Gesprächen mit einer Family-lab Familientherapeutin war ich eigentlich sehr beruhigt. Sie kennt unseren Sohn und sagt, er verhalte sich ganz normal. Mich würde jetzt Ihre Einschätzung interessieren. Sind temperamentvolle, impulsive Kleinkinder zwangsläufig später in Kindergärten und Schule auffällig oder können wir als Familie das verhindern? Ist das Verhalten unseres Sohnes ADHS und sollten wir uns an ein SPZ wenden? Ich frage mich so langsam, ob ADHS nicht viel zu vorschnell diagnostiziert wird und ob es DAS ADHS überhaupt gibt? Gerade temperamentvolle Jungen scheinen es da in unserer Gesellschaft schwer zu haben. Können wir etwas noch anders machen, um unseren Sohn zu unterstützen? Ich bin die Blicke und Kommentare anderer einfach leid und wünsche mir für unseren Sohn, dass er einen glücklichen Start uns Kindergarten- und Schulleben bekommt. Es tut mir leid, dass mein Text so lang geworden ist, aber wenn ich mir die Fragen hier so angucke, scheinen viele Eltern ähnliche Probleme zu haben und so langsam frage ich mich, ob sich die Kinder wirklich der Gesellschaft anpassen müssen oder ob es nicht im gewissen Maße umgekehrt sein müsste. Vielen Dank für Ihre Antwort!
von Linnie0404 am 22.10.2019, 17:18