Klassenkameradin meiner Tochter

 Christiane Schuster Frage an Christiane Schuster Sozialpädagogin

Frage: Klassenkameradin meiner Tochter

Hallo Fau Schuster, heute hätte ich gerne mal eine Sache aus Ihrer Expertensicht bewertet. Meine Tochter hat eine Klassenkameradin, die sie schon seit dem Kindergarten kennt. Mit dieser gab es im Kindergarten große Probleme für uns. Das Mädchen (wild, laut, albern) und meine Tochter (still, schüchtern, ernsthaft) hatten sich angefreundet. Leider entwickelte sich das Ganze so, dass dieses Mädchen jegliche Bestrebungen meiner Tochter, auch mit anderen Kindern zu spielen unterband und sie mit Drohungen und auch mit körperlicher Gewalt davon abgehalten hat. Leider kam meine Tochter aus dieser Situation nicht heraus und hat sogar körperliche Symptome entwickelt, Kindergartenangst und Reizblase (auf dem Klo hatte sie ihre Ruhe!) Ich habe dann das Gespräch mit den Erzieherinnen gesucht. Diese sahen das Problem auch. Wir haben uns dann geeinigt, die beiden Mädchen unbemerkt z.B. bei Gruppenarbeiten zu separieren, damit beide auch die CHance haben, mal mit anderen Kindern zu spielen und andere Kontakte zu knüpfen. Das war ein Segen, denn es hat geklappt. Meine Tochter ist nun 9, voll im Klassenverband integriert. Sie pflegt mehrere, seit Jahren bestehende Freundschaften. Das andere Mädchen versucht immer, einzelne Kinder der Klasse an sich zu binden und erhebt dann große Besitzansprüche, da sie massiv zickig wird, wenn diese auch mal mit anderen spielen, ihre "Freundin" darf sich dann nicht einmal bei anderen einen Stift oder ein Radiergummi ausleihen. Das hat dann i.d.R. zur Folge, dass es in den Pausen zu Aueinandersetzungen kommt. In den ersten Schuljahren hat sie dann einfach nacheinander fast alle Mädchen zur "besten Freundin" deklariert und diese dann völlig vereinnahmt. Das macht sie sehr geschickt, denn sie hat immer das meiste "angesagte" Spielzeug, Spielkonsolen, etc. Bei ihr zu Hause darf unbegrenzt TV geschaut werden, Wii, etc. Darüberhinaus gibt es Knabberkram, Süßes und Co. im Übermaß. Das reizt Kinder und alle wollten mal dahin. Inzwischen werden sogar Haustiere angeschafft, die dann nach kurzer Zeit langweilig werden, weggegeben werden um dann durch neue ersetzt zu werden. Diese werden dann in der Klasse als "Lockmittel" verwendet. Leider ist die Erziehung des Kindes sehr inkonsequent. Materielle Wünsche werden sofort erfüllt, die Mutter fährt auch abends noch in den Laden, wenn die Tochter etwas unbedingt haben will. Sie sagt immer erst nein, aber durch weinen, Bittzettel schreiben und bocken bekommt das Mädchen am Ende immer, was es will. Auch sonst gibt es viele Begebenheiten, wo alle Wünsche erfüllt werden, weil die Tochter sonst - auch in der Öffentlichkeit - eine Szene macht, die Trotzanfällen von 3jährigen gleicht. Meine Tochter hat sich eigentlich weitestgehend distanziert. Spielbesuche sind die Ausnahme. Nun ist es so, das nach mehreren Schuljahren quasi alle Mädchen der Klasse die Rolle "beste Freundin" durch haben und es immer gleich ausgeht, nämlich im Streit. Das Mädchen ist nun quasi isoliert, geht nicht mehr gerne in die Schule und wünscht sich, an eine andere Schule zu gehen, an der sie keiner kennt. Das Mädchen reagiert zunehmend aggressiv. Sie ruft andere Kinder an und beschimpft diese am Telefon. Sie spürt Schwächen der Kinder auf, die sie dann lauthals vor allen lächerlich macht. Ein Mädchen wird so erpresst, dass sie nicht mehr mit ihr reden will. Eigentlich tut mir das Mädchen leid. Auch wenn diese Situation natürlich eine Vorgeschichte hat. Meine Tochter lehnt es ab, sich mit ihr zu verabreden. Die Mutter hat mir letztens am Telefon, als es eigentlich um ganz andere Dinge ging (Elternabendtermin) ihr Herz ausgeschüttet. Sie erzählte mir, dass ihre Tochter sehr unglücklich ist, nicht einschlafen kann, nicht mehr zur Schule möchte und sich wünscht ab der 5. Klasse in eine Schule zu gehen, an der sie niemanden kennt. Ich habe verhalten reagiert, denn ich weiß nicht, was ich ihr raten soll. Die Mutter zeigt in manchen Dingen Züge, die sich in der Tochter wiederspiegeln. Auch sie ist sehr besitzergreifend. Sie ist der Typ, der man den kleinen Finger reicht, um dann den ganzen Arm zu verlieren. Es ist u.a. schon mehrfach passiert, dass sie ihre Tochter zu mir gab, um arbeiten zu können in den Ferien. Zu dieser Zeit verstanden sich unsere Kinder und ich habe das dann gemacht. Sie kam konsequent bis zu 2 Stunden später zum Abholen und war in der Zeit dann Einkaufen (Lebensmittel und Kleidung). Wenn das mal passiert, bin ich die letzte, die das nicht versteht, aber es ist bei ihr die Regel. Wenn wir auf dem Flohmarkt waren, habe ich die meiste Zeit 2 Stände betreut, während sie Kaffee getrunken hat, Zigarettenpause machte, telefonierte, selber Sachen kaufte, etc. Das dauert eben eine Weile, bis man versteht, wie der "Hase" läuft. Nach mehreren erfolglosen Versuchen, ihr klarzumachen, dass das so nicht geht, habe auch ich den Kontakt nur noch auf die Spielbesuche der Kinder reduziert, die nun auch wegfallen, da meine Tochter es nicht mehr will. Auch sie wurde bloßgestellt, beschimpft und beleidigt. Die Mutter beschwerte sich auch bei dem Gespräch, dass ihre Tochter lügt und Sachen zu ihren Gunsten schönredet. Auch in der Schule hat sie schon viel gelogen. So wurden Cousins und Cousinen erfunden, die es gar nicht gibt, Erlebnisse erzählt, die so nie stattfanden, nur um sich interessant zu machen. Was soll ich der Mutter sagen? Ich denke, dass sie Hilfe braucht nur an wen soll sie sich wenden? Im Moment gibt es sehr viel Streit zwischen Mutter und Tochter, ich bin aber der Meinung, dass die Tochter eigentlich nicht viel dazu kann, dass sie so ist, wie sie ist. Sie ist das Produkt der Erziehung. Wie sehen Sie das? Was raten Sie mir, falls die Mutter mich noch einmal anspricht? Wattwurm

Mitglied inaktiv - 01.10.2010, 11:46



Antwort auf: Klassenkameradin meiner Tochter

Hallo Wattwurm Sie sehen die Angelegenheit auch meiner Ansicht nach genau richtig. Kinder, die Alles bekommen, was sie sich wünschen lernen nicht, dass es auch einzuhaltende Grenzen gibt. Sie fordern immer mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung ein, sind aber unbewußt auf der Suche nach LIEBEVOLLER ZUWENDUNG, die niemals ausschließlich durch materielle Zuwendung ersetzt werden kann. Nun wird es meiner Ansicht nach höchste Zeit, dem Kind zu vermitteln, dass es menschliche Gefühle gibt, die mit Geld einfach nicht auszudrücken sind. Da es der Familie der Beschreibung nach recht gut zu gehen scheint, denke ich, dass für das Kind der Besuch eines Internates sinnvoll wäre, was evtl. mit dem Wechsel zu einer weiterführenden Schule in Verbindung gesehen werden kann. Das Mädchen sollte sich allerdings nicht abgeschoben und bestraft fühlen, was Damit erreicht werden kann, dass der Internats-Besuch für 1 oder wenige Schuljahre sehr positiv geschildert wird und dass sich mehrere Internate gemeinsam mit dem Kind angeschaut werden, sodass sie auch ein Mitsprache-Recht hat. Liebe Grüße und: bis bald?

von Christiane Schuster am 04.10.2010