Kitaeingewöhnung fragwürdig

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Kitaeingewöhnung fragwürdig

Guten Tag Frau Ubbens, ich hätte gerne mal Ihre Einschätzung. Mein Sohn ist jetzt seit einer Woche in der Kita (also heute den 6. Tag). Im Vorgespräch hieß es, die Eingewöhnung erfolge angelehnt am Berliner Modell, allerdings etwas verkürzt. Ich empfinde die Realität allerdings als fehlende Eingewöhnung: Tag 1 war ich noch mit in der Kita, allerdings nur auf dem Flur, nicht im Gruppenraum. Tag 2 sollte ich bereits für 2 Stunden gehen, Tag 3 für 3 Stunden. Seit Montag dann (Tag 4) soll ich ihn zu den normalen Zeiten bringen und abholen. Die ersten Tage war er gerne da, er ging in den Raum- ich war dann abgeschrieben. Seit Montag wurde es aber täglich schwieriger. Gestern kamen die ersten Tränen und heute Heulen, Klammern und Geschrei. Das gängige Vorgehen dort ist es dann wohl, dass die Erzieherinnen die Kinder fest halten, während die Mama einfach geht (konnte ich schon bei anderen Kindern beobachten). Ich habe dies heute mit meinem Sohn aber nicht machen lassen, wollte ihn schon fast wieder mit nehmen. Daraufhin durfte ich wenigstens noch eine Stunde bleiben, bis er sich beruhigt hatte. Mir wurde aber klar gesagt, dass das so nicht immer ginge, denn dann würden die anderen Kindern auch wollen, dass die Eltern bleiben und sie könnten nicht 40 Eltern da rum stehen haben. Mein Sohn würde nur einen Machtkampf mit mir führen, da müsse ich mich durch setzen. Sie würden die Eingewöhnung so seit jeher machen und es hätte immer geklappt. Und wieder mit nehmen (wenn er weint) ginge gar nicht, dann hätte ich endgültig verloren und er würde von nun an alles versuchen mit Tränen durchzusetzen. Ich fühle mich dabei aber sehr unwohl. Ich habe meinen Sohn dort angemeldet, damit er Spaß hat und nicht um ihn "zu brechen"... Wie beurteilen Sie die Situation? Bin ich (wie die Erzieherinnen sagen) zu emotional und lasse mich von meinem Sohn mit Tränen "erpressen" - oder ist mein Instinkt, dass da was falsch läuft, berechtigt? Sollte ich ihn lieber aus der Kita raus nehmen? Falls ja wüsste ich gerne- wie wichtig ist eine Kita für ein Kind, bzw der Kontakt zu gleichaltrigen Kindern etc? Denn einen anderen Kita Platz würde ich nicht kriegen- nächstes Jahr wäre er schon 3 und Ü3 Kinder werden hier nirgendwo genommen (Kita start ist hier immer nur einmal in Jahr im August). Die Betreuung würden dann meine Eltern übernehmen. Dort ist er gerne, aber vielleicht fehlt ihm da dann etwas? Danke für Ihre Einschätzung- ich bin gerade echt ratlos und traurig.

von Ashey am 14.08.2019, 10:46



Antwort auf: Kitaeingewöhnung fragwürdig

Liebe Ashey, die ersten Tage waren für Ihren Sohn aufregend und neu. Es gab viel zu entdecken. Am Montag merkte Ihr Sohn, dass der Kitabesuch keine schöne Ausnahme vom Alltag sein wird, sondern eine regelmäßige Trennung von Mama bedeutet. Da Sie nicht auf die Fremdbetreuung angewiesen sind, hören Sie gerne auf Ihr Bauchgefühl. Das kann bedeuten, dass Sie auf eine längere Eingewöhnung bestehen oder aber Ihren Sohn aus der Kita herausnehmen. Spielgruppen, Spielplätze, Eltern-Kind-Turnen usw. bringen auch Abwechslung und Kontakt zu anderen Kindern, aber immer mit Mama im Hintergrund. Vielleicht wäre dies erst einmal das Richtige für Ihren Sohn. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 14.08.2019



Antwort auf: Kitaeingewöhnung fragwürdig

Liebe Ashey, Ich bin keine “Fachfrau“, nur Mama meiner Kleinen, aber ich habe gelernt, dass ich mich auf meinen Instinkt verlassen kann u auch sollte. Habe ich ein ungutes Gefühl, ist es nicht das Richtige für meine Tochter. Fühlt sie sich nicht wohl, hat Angst oder mag ohne mich nicht bleiben, dann lass ich sie nicht unglücklich zurück, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass das in diesem Alter (18Monate) gut sein kann. Ich denke auch nicht, dass sie mich erpresst, wenn sie weint u sich an mich klammert, genausowenig wie dein Sohn. Sie sind nur einfach unglücklich u suchen die Geborgenheit/Sicherheit bei ihrer Hauptbezugsperson, bei Mama. Sie können ja auch noch nicht konkret verbalisieren, wieso sie nicht bleiben möchten. Das wird mit zunehmendem Alter u Ausdrucksmöglichkeit einfacher u leichter. Wenn deine Eltern die Betreuung übernehmen könnten ist das doch toll! Sie kennt dein Sohn doch bestimmt bereits. Habt ihr öfters Zeit mit ihnen verbracht, dann sind sie vll auch schon Ersatzbezugspersonen für ihn. Kontakt zu anderen Kindern kann man doch auch über Spielgruppen, am Spielplatz etc. suchen Wenn du magst, lies mal im Forum von Dr. Rüdiger Posth oder Dr. Ludger Nohr nach, spezialisiert auf die psychische Entwicklung von Kindern, was sie zur Fremdbetreuung unter drei Jahren schreiben. Dazu gibt es in beiden Foren viele Fragen. Wie gesagt, ich bin keine Fachfrau, aber ich kann dich so gut verstehen! Nie könnte ich meine Kleine weinend zurück lassen, nicht solange sie so klein ist. Dann bin ich anderen halt “zu“ emotional, ich nenne es empathisch, bedürfnisorientiert u achtsam. Wünsche euch alles Gute u bin gespannt, was Frau Ubbens dazu sagt. Liebe Grüße

von Lisa31 am 14.08.2019, 13:03



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Ich sehe es genauso wie Lisa und möchte dich auch ermutigen, auf deinen Instinkt zu hören. Ich habe die sanfte Eingewöhnung damals auch gegen viel Druck durchgesetzt - hätte man sie mir ganz verweigert, wäre mein Kind nicht dort geblieben! Was ich ergänzen möchte: Hier hieß es auch immer, dass man keinen Platz mehr bekommt, wenn man erst Ü3 einsteigt - dies stimmte so aber nicht. Es sind nachher doch einige Kinder erst mit 3 oder 4 neu dazugekommen. Da wird sich ganz sicher dann eine Lösung finden! Alles Gute

von schneeziege08 am 14.08.2019, 13:28



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Danke für eure Antworten! Es ist schonmal schön zu lesen, dass mich nicht alle als hysterische Mutter wahrnehmen. Als ich ihn heute abholte hieß es noch, ich wäre eine Helikoptermutter und würde ihn überbehüten und würde dadurch überhaupt erst provozieren, dass er weint. Alles meine Schuld. Ich schaue gerade schon nach Alternativen...

von Ashey am 14.08.2019, 14:05



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Musst du dein Kind in die Kita geben oder willst du es?? Mein Sohn ging mit 15 Monaten bis 4jährig 1 Tag die Woche in die Kita. Die Eingewöhnung war bei uns nicht gross anders. Und er hat anfänglich auch geweint, dann gab es immer wieder Phasen, wo er geweint hat beim "Abgeben". So ca. 3-4 mal in diesen 3 Jahren war es für mich sehr schlimm, so zu gehen.....und ich rief, sobald ich auf der Arbeit war, in der Kita an, um zu fragen, wie es ihm geht. Man sagte mir jedesmal, dass er sich nach ein paar Minuten beruhigt hat. Und am Abend war es jedesmal extrem schwierig, ihn mitzunehmen, weil er noch bleiben möchte. Heute, 6jährig, hat er erst gerade wieder gesagt, dass er in der Kita wieder mal ein Besuch machen möchte :-). Er ist ein Einzelkind und ihm tat die Kita extrem gut. Der Trennungsschmerz ist doch okey und auch verständlich und zeigt, dass er dich gern hat. Das heisst aber nicht, dass es ihm dort nachher nicht gefällt. Das ist meine Meinung ;-)

von dya2013 am 14.08.2019, 14:16



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@dya2013: nein, er müsste nicht in die Kita. Ich dachte mir halt, es wäre für ihn besser. Er hat noch einen kleinen Bruder und daher dachte ich, dort kann ihm mehr geboten werden, weil ich mich ja auch noch um den Kleinen kümmern muss. Ich bin noch fast 1 Jahr Zuhause in Elternzeit und danach nur 2 Tage ganz und einen Tag kurz arbeiten. Da könnte er bei meinen Eltern bleiben mit dem Bruder (wohnen in einem Haus). Ich wollte ihn eigentlich auch nur 2 Tage in die Kita geben- aber die Leiterin sagte, das sei schlecht, da sie einen geregelten Tagesablauf bräuchten. Mal so und mal so wäre schlecht - das Wochenende wäre schon "schlimm genug" weil es viel durcheinander brächte. Ich weiß halt echt nicht, was wohl das Beste wäre...

von Ashey am 14.08.2019, 14:36



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Das klingt aber wirklich sehr unflexibel und in meinen Augen auch unprofessionell! Wenn es für euch machbar ist, würde ich mein Kind dort nicht mehr hinbringen und hätte auch keine Motivation, dort eine andere Eingewöhnung durchzukämpfen. Ich wurde zwar auch für leicht verrückt gehalten, aber Sie haben uns zähneknirschend mehr gemeinsame Zeit eingeräumt. Letztendlich haben wir kaum länger gebraucht - als er einmal Vertrauen gefasst hatte (nach ca. 8 Tagen, wo wir jeden Tag 1h zusammen da waren) war alles gut und ich konnte dann schnell auch länger weg bleiben - ohne eine einzige Träne! Er geht nun seit 3 Jahren sehr gerne hin und trennt sich generell leicht von mir. Von Helikopter keine Spur.

von schneeziege08 am 14.08.2019, 14:37



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P.S. Entgegen der Leier, dass das Kind Regelmäßigkeit bräuchte, geht auch das hier völlig unproblematisch: Einen Tag in der Woche hat mein Sohn frei und wir fahren zu Oma.Hat nie Probleme gegeben. Ich wünsche euch, dass ihr einen Kiga findet, wo sie mehr auf die verschiedenen Bedürfnisse eingehen können und vor allem auch wollen!

von schneeziege08 am 14.08.2019, 15:02



Antwort auf: Kitaeingewöhnung fragwürdig

Hallo Ashey, die Haltung der Erzieherinnen und Leitung ist veraltet und obsolet. Mit dem Berliner Modell hat das nichts zu tun. Wenn Dein Instinkt sagt, dass es für Euch nicht gut ist, dann kannst Du entweder darauf bestehen, dass sanft eingewöhnt wird, oder Du meldest Dein Kind ab. Mit zwei Jahren sind so intensive Kinderkontakte noch nicht so wesentlich. Das geht ab 3 erst so richtig los. Wenn Dein Kind erst einmal nur zwei x die Woche in eine Kinderguppe gehen soll, schau doch mal, ob es in der Nähe einen Spielkreis gibt. Meine Tochter war in einem Waldorfspielkreis, zwei Vormittage die Woche, mit 2 Jahren, und das ist noch heute für sie eine wundervolle Erinnerung. Ansonsten gehen natürlich auch Spielgruppen und Sportaktivitäten, die dann mit großem und kleinen Kind verhackstückt werden. Der Kleine muss dann eben mit. Viel Erfolg VG Sileick

von Schniesenase am 16.08.2019, 23:54



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Hallo Ashley, ich bin Pädagogin und habe damals meine Abschlussarbeit über verschiedene Eingewöhnungsmodelle geschrieben, unter anderem das sog. Berliner Modell. Das Berliner Modell wurde entwickelt als Reaktion auf die früher übliche Praxis, Kinder vom ersten Tag an einfach in der Kita "abzugeben" und dies solange zu wiederholen, bis das Kind nicht mehr dagegen protestiert. Die Zielsetzung des Berliner Modells ist es vereinfacht gesagt, dass das Kind eine Erzieherin als Bezugsperson akzeptiert. Dazu soll das Kind an die neue Umgebung und Personen schonend gewöhnt werden. Die Mutter (Bezugsperson) soll dem Kind dabei als "sicherer Hafen" dienen. Durch langsame Trennung von der Mutter, wird überprüft, wie das Kind sich in deren Abwesenheit und Rückkehr verhält und ob es sich allmählich daran gewöhnt und von der Erzieherin trösten lässt. Das Berliner Modell geht aufgrund von Beobachtung und Studien davon aus, dass die Elternbeteiligung bei der Eingewöhnung ca. 4-6 Wochen dauert. Dabei bleibt die Mutter mind. 2, eher 3 Wochen in/ in unmittelbarer Umgebung der kita, um ihr Kind jederzeit abholen zu können, wenn dieses unglücklich ist. Diesen Zeitraum setzen auch andere Modelle voraus. Das Berliner Modell (und andere) gehen darüber hinaus davon aus, dass das Kind erst nach ca. 6 Monaten die Kita als normalen Alltag empfindet. Das was deine Kita da praktiziert widerspricht dem Berliner Modell und hat damit eigentlich nicht viel zu tun. Und es widerspricht auch dem momentanen Forschungsstand in der frühkindlichen Erziehungswissenschaft zum Thema Eingewöhnung. Darüber hinaus finde ich es unmöglich, ein Kind mit Gewalt (Körperkraft) festzuhalten, das weint und dann von der Mutter zu verlangen es im Stich zu lassen. Die Vorstellung, dass Erziehung ein Kräftemessen zwischen Eltern und Kind ist, ist völlig daneben und wird zumindest an den Unis lange schon nicht mehr gelehrt. Ich denke, dass du dich im Bezug auf die Eingewöhnung unbedingt durchsetzen solltest und dazu vielleicht nochmal ein Gespräch mit der Erzieherin oder auch der Leitung ansetzen solltest. Zum Thema Eingewöhnung gibt es total gute praxisnahe Handbücher, kannst du ja Mal googeln und dich da etwas einlesen, wenn du mehr Sicherheit im Gespräch mit der Erzieherin brauchst. Ansonsten finde ich es sehr gut, dass du auf dein Kind schaust und auf dein Bauchgefühl hörst und nicht irgendwelchen Quatsch mitmachst. Du scheinst eine einfühlsame Mutter zu sein. Viele Grüße Noch was; alle Eingewöhnungsmodelle betonen, dass montags das Konzept nicht verändert werden soll, sondern unbedingt noch so, wie in der vorigen Woche verfahren werden soll, da die Eingewöhnung durch das Wochenende unterbrochen wurde. Deine Kita macht in puncto Eingewöhnung ganz schön viel Sch***

von lala5 am 17.08.2019, 21:55