Liebe Frau Ubbens, unser fünfjähriger Sohn (geb. Ende September 2013) ist vom Charakter her ein schüchternes Kind, er braucht Zeit, um aufzutauen. Er ist mit gerade drei Jahren (Oktober 2016) in den Kindergarten gekommen, der ihm aber mitsamt Erzieherinnen durch seine Schwester von Geburt an vertraut war. Von Anfang an war es ein großes Thema, dass er lernen muss, mehr mit den Erzieherinnen zu sprechen. Er war ein "late talker", wobei ich regelmäßig mit ihm bei unserem Kinderarzt-Team zur Kontrolle war und bin. Die meinten, er wäre ein typisch "zweitgeborenes Zeigekind", aber pfiffig, das die große Schwester und mich als Sprachrohr benutzt, aber ohne weitere Auffälligkeiten. Mittlerweile plappert er ohne Ende, allein das "r" üben wir noch mit Hilfe einer Logopädin (wir haben 12 Sitzungen hinter uns). Auch die ist mit seinen Erfolgen sehr zufrieden und hat im Bericht vermerkt, dass er nach anfänglicher Schüchternheit jetzt sehr sprechfreudig ist. Man muss dazu sagen, dass unser Sohn, seit er zwei ist, eine schwere Nussallergie hat, wegen der wir damals sehr viel mit ihm bei Ärzten waren und über ein halbes Jahr um den Kindergartenplatz gekämpft haben (die Medikamentengabe im Notfall mit Adrenalin-Pen war das Ausschluß-Kriterium für etliche Kindergärten). Diese Aufregungen hat er alle live mitbekommen. Ich glaube, dass ihn diese Erfahrungen zusätzlich eingeschüchtert haben. Jetzt geht es bei unserem Sohn um das Thema Einschulung im kommenden Jahr. Nach den Erfahrungen mit unserer großen Tochter mit den Härten des bayerischen Schulsystems haben wir schon immer eher zur Rückstellung tendiert. Der Kinderarzt und die Dame vom Gesundheitsamt tendieren auch eher zur Rückstellung. Beide haben ihn ausführlich untersucht (u9 und Schuluntersuchung letzte Woche), er hat gerne und gut mitgemacht, einzige Feststellung war von beiden Seiten, dass er noch sehr verspielt ist. In der U9 ist vermerkt: "gesunder Junge, selbstbewusst, macht Fortschritte". Nun macht der Kindergarten (leider hat sich das Personl geändert und seit einem halben Jahr haben wir eine neue Haus- und auch Gruppenleitung) enormen Druck, dass wir ihn sofort zurückstellen lassen und ihn dann für das nächste, wirklich letzte Jahr, in den Vorschulkindergarten wechseln lassen. Argument: er spricht mit ihnen nicht und muss in eine kleinere Gruppe wechseln. Deswegen habe ich mich nochmals mit zwei Kinderärzten (einer ist Entwicklungspädiater) und der Dame vom Gesundheitsamt beraten, was sie davon halten. Alle raten uns entschieden davon ab, den Kindergarten zu wechseln. Unser Sohn geht jetzt sehr gerne in den Kindergarten, er hat in der Gruppe zwei feste Freunde gefunden und explodiert nur so vor Neugierde. Er will alles alleine machen (anziehen, Tisch decken, rechnen, Namen schreiben etc.). Und wenn wir ihn im Kindergarten abholen, erzählt er den ganzen Nachmittag ohne Punkt und Komma von seinen Erlebnissen. Bei Freunden ist er gerne zu Besuch und ist auch dort nicht zu bremsen. Auch auf Fotos von Aktionen im Kindergarten sieht er glücklich aus und macht mit (Klettern, Klatschen, Singen, das sieht man ja alles auf den Fotos). Kinderärzte und Gesundheitsamt sagen, dass das zeigt, dass er in dem Kindergarten glücklich ist und er dort unbedingt bleiben sollte (die "sozio-emotionale Entwicklung" wäre auch wichtig), der Benefit einer kleineren Gruppe würde kaum die neue Eingewöhnungsnotwendigkeit überwiegen. Außerdem meinen beide, dass im Vorschulkindergarten sehr tough auf die Schule hingearbeitet wird, das halten sie fragwürdig. Wir Eltern sehen das genauso (sofortige Rückstellung finden wir gut, weil auch seine beiden Freunde Mittelkinder sind, aber einen Wechsel befürworten wir nicht). Wir glauben, dass er einfach noch etwas Zeit zum reifen braucht und ein Wechsel mit erneuter Eingewöhnung und fremden Kindern total kontraproduktiv wäre. Wenn ich diese Argumente den Erzieherinnen vorbringe, dann meinen die nur, dass wir ihn alle nicht in der Gruppe erleben würden und keine Ahnung haben (ganz ausdrücklich: "der Arzt hat da keine Ahnung"). Persönlich haben wir den Eindruck, dass unser Sohn nicht ins Schema passt und sie ihn loswerden wollen (wegen Schüchternheit und Allergie, die manchmal anstrengend ist). Die Kinderärzte sagen, dass sie sich weigern, "ein gesundes Kind wegen der Laune von Erzieherinnen krankzuschreiben". Aufgrund der schlechten Stimmung würden wir am liebsten gleich wechseln, aber unser Sohn ist so glücklich, er mag auch die Erzieherinnen, so dass unser Bauchgefühl dagegen spricht. Was sagen denn Sie dazu? Kann man ihn da so einfach rausdrängen? Wenn mehrere Fachleute (Kinderärzte etc.) sich so explizit dagegen äußern, kann der Kindergarten das doch nicht übergehen, oder? Ich kann doch deswegen nicht schon wieder ständig zu Ärzten mit ihm gehen. Mit seiner Allergie würden wir leider auch nicht in jedem Kindergarten genommen werden. Bitte um Entschuldigung für den langen Text, das Ganze ist leider etwas komplex. Viele, vielen Dank für Ihre Mühe im Voraus
von cat74 am 19.11.2018, 13:55