KINDESWOHLGEFÄHRDUNG / pubertierender Sohn ...

 Christiane Schuster Frage an Christiane Schuster Sozialpädagogin

Frage: KINDESWOHLGEFÄHRDUNG / pubertierender Sohn ...

Sehr geehrte Frau Schuster, wir befinde uns derzeit in einer durchaus ungünstigen Situation. Ich fasse mich kurz: Der leibliche Vater meines Sohnes (mein Sohn ist 12 Jahre alt, seinem Alter einiges voraus, durchaus "pfiffig", -sozial- intelligent, Schüler auf einem Gymnasium) hatte in den ersten Lebensjahren keinerlei Kontakt zu meinem Sohn. Der Kindsvater und ich haben nie zusammen gelebt. Wir hatten damals "einfach" eine "Liebelei". Das Sorgerecht liegt alleinig bei mir. Unterhaltszahlungen leistete er in den ersten Jahren nicht (diese wurden seitens des Jugendamtes gerichtlich eingeklagt). Er hatte Dorgenprobleme und hier und da mit der Polizei Ärger. Ich lernte einen Mann kennen, den ich heiratete und mit dem ich ein Kind bekam. Mein ältester Sohn lebte immer bei uns. Er wurde von uns allen stets genauso behandelt und geliebt wie das "gemeinsame Kind". Für die Persönlichkeits-Entwicklung hielt ich es wichtig, dass er "zumindest" weiß, WER sein leiblicher Vater ist. Ich stellte immer wieder den Kontakt her (Heute sage ich: "Die Geister, die ich rief...."). Wir trafen uns mal, um gemeinsam einen Weihnachtsmarkt zu besuchen, Eis essen oder spazieren zu gehen o.ä.; Es war ein "unregelmäßiger, loser" Kontakt. Mein Sohn wurde älter und vereinbarte dann irgendwann hier und da selbst Treffen mit seinem leiblichen Vater. Auch hier gab es einen "sehr unregelmäßigen, losen Kontakt". Oftmals wurde mein Sohn leider "versetzt": Versprechen/Verabredungen wurden zB nicht eingehalten. Der "Kleine" war sehr enttäuscht und fand seinen Vater (-ehemaliger- Motorradfahrer mit Tätowierungen u.s.w. -> das genaue Gegenteil von mir) "trotzdem" weiterhin "cool". Dies lief so bis zum letzten Jahr -Ende November-. Mein Mann und ich hatten einen Streit. Wir besprechen und "streiten" uns natürlich dann, wenn unsere Kinder nicht dabei sind; doch es ist -schreibe ich ganz offen und ehrlich- im Alltag und in der Konstellation "Patchwork-Familie" leider nicht immer möglich, "einen anderen Zeitpunkt abzuwarten und/oder die Kinder aus der Situation heraus zu nehmen". Jedenfalls nutzte der leibliche Vater dieses Ereignis, welches ihm zugetragen wurde, um "wie ein Held auf die Bühne zu springen". Er beschimpfte mich und schrie, dass das Kindeswohl massiv gefährdet sei, dass er mich "dran kriegen würde" und "dass er mich fertig macht", worauf ich sagte, dass ER bitte nachdenken solle, was er von sich gibt. Zugleich fragte ich ihn, was er sich eigentlich dabei denkt, 12 Jahre kein bis mäßiges Interesse zu zeigen, meinen Sohn sogar oftmals versetzte und tief enttäuschte, und nun -nach einer unschönen Situation zwischen meinem Mann und mir, das gebe ich ganz ehrlich zu- solche Sprüche von sich zu geben. Er drohte mit Jugendamt usw Von dort erhielt ich tatsächlich einen Anruf. Wir trafen uns dann zu Dritt und ich hatte das Gefühl, dass das Gespräch einen kleinen Konsens mit sich brachte. Wir sprachen über Umgangsrecht usw. Zugleich wollte der Kindsvater direkt einen Antrag stellen auf gemeinsames Sorgerecht. Ich lehnte aufgrund der Vergangenheit ganz klar ab und die Jugandamt-Sachbearbeiterin "vertröstete" den leiblichen Vater ebenso. Auch sie wolle nun erstmal sehen, dass er "es ernst meint und verlässlich wird"... Seitdem ist der leibliche Vater meines Sohnes tatsächlich bemüht, den Kontakt zu halten. Was allergings der Fall ist, ist, dass der Kindsvater massiv versucht, in unser familiäres System einzudringen (vor allem seitdem er weiß, dass wir noch ein Kind bekommen), mitzureden und ebenso "schürt" er meinen Sohn an gegen mich bzw meinen geradelinigen Erziehungsstil zu gehen (zB "Du hast deine Rechte, dein Recht auf Privatsphäre, Persönlichkeitsrechte; Lass` dich zu nichts zwingen..."). Im Alltag ist mein Sohn empathisch, hilft auch mal von alleine zB im Haushalt (natürlich kommt es gelegentlich auch zu altersbedingtem und pubertärem "Grenzen-Suchen" und Provozieren) usw. Kommt er jedoch von seinem Vater zurück, verhält er sich absolut daneben. Ich kenne ihn dann nicht mehr. Ebenso wenig mein Mann. zB schreit er mich an -wenn er sein I-Pod nicht länger als die 60 Minuten täglich nutzen darf- mit: "Du hältst jetzt deine blöde Klappe!" bis hin zu "Du bist so eine beschissene Mutter, ich finde dich zum `Kotzen`!" Auf diese Aussagen habe ich natürlich reagiert, in lautem Ton. Nicht therapeutisch-pädagogisch, sondern emotional als Mutter: "Du bist sofort still. Der Fernseher bleibt heute Abend ausgeschaltet, damit du mal zu dir kommst und über dein Verhalten nachdenken kannst! Ich war 12 Jahre lang gut und gerne für dich und ich finde es mies und gemein, dass du solche Sachen sagst...." Die Kommunikation ging noch ein wenig hin und her. Auch sagte ich, dass er -wenn er sich bei uns wirklich nicht wohl fühlen würde- entscheiden könne, ob er zu seinem Vater ziehen möchte. Dies lehnte mein Sohn ab. Jedenfalls wiederholte sich die Situation, nachdem unser Sohn erneut von seinem "Vater-Urlaub" zurück kehrte. Auch diesmal hielt ich dagegen und sagte laut und sehr deutlich (nachdem mir mein Sohn mit "seinem Vater und der Polizei" drohte, da ich ihn ja zu einem Sonntags-Ausflug "zwingen" wollte und er auch nicht sein I-Pod benutzen durfte!!!!), dass es Dinge gibt, die er alleine entscheiden darf (d.h. dass er sich zB am nächsten Tag mit seinen Freunden verabrede könne), dass es Dinge gibt, die wir gemeinsam entscheiden und dass es Dinge gibt, die ich und/oder mein Mann entscheiden. Ich ging auf seine Diskussionen und Spiele viel zu sehr ein, dass ich mich -sicherlich auch durch meine Schwangerschaft bedingt- emotional erregen ließ. Ich kenne meinen Sohn so nicht mehr und habe mich direkt an einen Familientherapeuten gewandt. Wir sprachen bereits miteinander und er sagte, wir sollen sofort das Umgangsrecht aussetzen (Antrag stellen) und uns seitens des Kindsvaters nichts, aber auch gar nichts gefallen lassen (es gab diverse Drohungen bzgl Jugendamt, Polizei usw). Ich rief bei unserem zuständigen Jugendamt an, wo mir gesagt wurde, der Kindsvater habe aufgrund "massiver Kindeswohlgefährdung" einen gerichtlichen Antrag auf das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht gestellt und dem vorübergehenden Aussetzen des Umgangs könne das Jugendamt aufgrund der vorliegenden Informationen nicht zustimmen. Daraufhin habe ich deutlich gemacht, dass schließlich BEIDE SEITEN gehört werden sollten und müssen. Nun haben mein Mann und ich morgen einen Termin beim Jugendamt und holten uns bereits ebenso juristische Beratung, als auch einen Termin bei einer "Erziehungsberatungsstelle". Darf ich Sie -als neutrale Person mit fachlicher Kompetenz im Bereich der Pädagogik- um Ihr/e Statements bitten? Wie sehen Sie zB die Sache bzgl "vorerst Umgang aussetzen"? Wie können wir -mein Mann und ich- meinen Sohn unterstützen und für mehr Familienfrieden sorgen? Ich danke Ihnen vielmals. Freundliche Grüße, Julie

von 5xsimsalabimbambum am 13.06.2012, 13:23



Antwort auf: KINDESWOHLGEFÄHRDUNG / pubertierender Sohn ...

Hallo Julie Da Ihr Sohn bereits 12 Jahre alt ist und er diese Jahre bereits sehr durch Ihr Familienleben geprägt wurde denke ich, dass Sie mit dem Aussetzen des Umgangsrechtes eher das Gegenteil von Dem, was Sie erreichen möchten, erreichen würden. Ihr Sohn befindet sich in einem Alter, wo Eltern "einfach ätzend" sind, er aber seinen leibl. Vater nur als "Sonntags-Vater" kennt, der vollkommen auf die Wünsche seines Sohnes eingeht. Kann er ja auch, da Sie anschließend alle Konflikte wieder zu lösen haben und nicht er.- Wenn Sohn und Vater sich so sehr "lieben", schlagen Sie doch einmal Ihrem Sohn vor einige Tage beim Vater zu verbringen, damit er selbst erfahren kann, dass es nur ein "Sonntagsvater" ist, der mit dem Alltag seines Sohnes nicht umgehen kann. Ihr Sohn ist inzwischen derart stark geprägt, dass er ganz bestimmt zu Ihnen in die geordneten Verhältnisse zurückkehren und dann wieder umgänglicher werden wird. Da 12-Jährige sich eher am Verhalten Gleichaltriger, denn an ihren Eltern orientieren rate ich Ihnen, dem Jungen die Teilnahme an 1-2 sportlich orientierten Interessengruppen zu ermöglichen. Er wird dort ein Zugehörigkeitsgefühl entwickeln, sich verantwortlich für das Gruppengeschehen fühlen, Anerkennung erhalten, entsprechend seinen Interessen gefördert und gefordert werden und wieder wissen wo er hingehört. Ebenso wird er sich freuen nach einer erfüllten Freizeit zu Hause bei Ihnen auch mal wieder Kind sein zu dürfen und verwöhnt zu werden. Sind die Streitigkeiten, die hin und wieder nur allzu menschlich sind, in Ihrer Familie wieder beigelegt worden und hat der Kindsvater keine neue Familie, werden Sie sich sicherlich bezüglich des Aufnethaltsbestimmungs- und des spärlichen Besuchsrechtes durchsetzen können. Das letzte Wort wird allerdings Ihr Sohn selbst haben.- Viel Kraft und Sachlichkeit, liebe Grüße und: bis bald?

von Christiane Schuster am 13.06.2012