Hilfe, bin nervlich so ziemlich am Ende!

 Christiane Schuster Frage an Christiane Schuster Sozialpädagogin

Frage: Hilfe, bin nervlich so ziemlich am Ende!

Guten Tag Frau Schuster! Ich bin momentan nervlich nicht sehr belastbar, die Tage sind sehr anstrengend. Ich bin Mutter von zwei Kindern, einem Jungen, 3 1/2 und einem Mädchen 1 1/2. Der Junge ist zur Zeit in einer schwierigen Phase ( und ich mit dazu). Er lässt sich gar nichts sagen, hört nicht bis sehr schlecht, hat oft Mühe, sich auf etwas zu konzentrieren. Mit dem Sauberwerden oder Saubersein klappt es auch noch nicht. Er wollte von sich aus vor 3 Wochen keine Windel mehr, ich habe ihm dann so Pampers Trainers gegeben und ihm diese als "weiche Unterhosen" verkauft. Er hat sich auch gefreut und war ganz stolz, dennoch klappt es mit dem Trockensein auch nur etwa jeden zweiten Tag. In der Nacht und für den Mittagsschlaf hat er noch eine Windel, ist ja klar. Aber die Wickelsache nur so am Rand, mir ist es eigentlich egal, noch länger zu wickeln. Ich will ihn nicht drängen. Ich möchte eigentlich nur einmal von einer Fachperson Infos zum Thema Trotzalter. Jeder sagt mir, das sei jetzt die Trotzphase, das sei halt so. Das ist mir zu einfach! Vielleicht liegen die Ursachen tiefer oder weiter? Mein Sohn ist eigentlich ein sehr sensibler, nach aussen hin schüchterner. Er kann ganz intensiv Lieder hören und fasziniert Vögel beobachten. Im nächsten Moment ist er vom Gedanken beseelt, z.B. Wäsche zu waschen und muss dann alles unter Wasser setzen und hört auf keinen Zwischenruf. Zu seiner Schwester war er von allem Anfang an sehr fürsorglich, trotzdem kann er sie von einem auf den anderen Moment schubsen oder kneifen. Einfach so. Ich gebe mir Mühe und mache viel mit ihm alleine und frage ihn auch oft nach seiner Meinung, wie er es jetzt wohl machen würde usw. Aber zur Zeit ist es einfach nur noch mühsam mit ihm. Wenn ich z.B. sage, er soll das Buch aufheben, dann muss ich das 4 Mal sagen und es klappt doch nicht. So zieht es sich durch den ganzen Tag und er macht immer genau das Gegenteil, von dem, was ich sage. Klar sollte man die Ruhe bewahren, das weiss ich auch. Aber das gelingt mir nicht immer. Wie ist denn das jetzt mit dem Trotzalter. Lässt sich damit alles rechtfertigen? Oder sollte man bei gewissen Anzeichen Abklärungen treffen? Mein Sohn ist zum Beispiel ein Windfang und hat oft Mühe still zu sitzen oder etwas ruhig zu machen. Deswegen ist er aber doch noch lange kein POS Kind oder hyperaktiv. Ich sehe einfach im Moment den Wald vor lauter Bäumen nicht. Können Sie mir einen Weg oder einen Lichtschimmer aufzeigen?

Mitglied inaktiv - 25.01.2000, 20:28



Antwort auf: Hilfe, bin nervlich so ziemlich am Ende!

Hallo Lisa Ihr Sohn ist in einem Alter, in dem er seinen eigenen Willen durchsetzen möchte. Dabei erprobt er natürlich seine Grenzen und das ganz besonders bei Ihnen als nächste Bezugsperson. Er merkt, wo Ihre Schwachstellen sind und provoziert immer mehr, je schwächer Sie werden. Bleiben Sie so weit wie möglich konsequent, erklären Sie ihm:"Wenn du Wäsche waschen willst, kannst du das tun. Wenn du aber ´rumspritzt, kannst du die nächste Zeit nicht mehr waschen, da du es ja anscheinend auch nicht möchtest." Nehmen Sie Kontakt zum Kindergarten auf um ihn dort vielleicht nachmittags für 2Std. lassen zu können obwohl er noch nicht trocken ist. Das würde Ihnen helfen einmal zu entspannen und neue Kräfte zu sammeln. Viel Glück!

von Christiane Schuster am 26.01.2000



Antwort auf: Hilfe, bin nervlich so ziemlich am Ende!

Hallo Frau Schuster! Erstmal Danke für Ihre ausführliche Antwort. Mein Sohn geht noch nicht in den Kindergarten. In der Schweiz, wo wir wohnen, ist der erst für fünfjährige offen. So haben wir unsere Energiebündel alle zu Hause. Ich möchte doch noch einmal spezifisch wegen dem Trotzalter nachfragen. Ab wann kann man sagen, dass es nicht mehr die Trotzphase ist, sondern ein Charakterzug oder ein angelerntes oder anerzogenes Verhalten?

Mitglied inaktiv - 27.01.2000, 12:32



Antwort auf: Hilfe, bin nervlich so ziemlich am Ende!

Hallo Lisa Von einem Charakterzug oder einem angelernten, bzw. anerzogenen Verhalten in Bezug auf die Trotzphase spreche ich nur sehr ungern. Lehnt sich Ihr Sohn gegen etwas auf, kann er das eigentlich nicht gelernt haben. Er trotzt also nur, weil er etwas nicht möchte oder weil er vielleicht etwas nicht versteht. Früher sprach man davon, dass die Trotzphase ca. mit 3 Jahren eintritt, heute ist man zu der Erkenntnis gekommen, dass auch 1, 2 oder 4 Jährige trotzen, wenn sie mit irgendeinem Problem nicht einverstanden sind oder es nicht verstehen. Die Entwicklungsschritte werden unterschiedlich lang durchlebt, sodass genaue Angaben dazu nicht gemacht werden können. Viele gemeinsame Gespräche, gemeinsames Aufstellen von Regeln und liebevolle aber konsequente Handlungen helfen dabei, diese Phase der "hilflosen Wut" abzuschwächen und schneller vorübergehen zu lassen. Bis bald?

von Christiane Schuster am 28.01.2000