Hat mein Kind eine Verhaltensstörung?

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Hat mein Kind eine Verhaltensstörung?

Liebe Frau Ubbens, ich richte mich an Sie, weil mich das Thema stark belastet. Unser Sohn, Lennox, ist vor kurzem 3 geworden und auch erst vor 4 Wochen in den Kindergarten gekommen. Vor ein paar Tagen hatte uns seine Betreuerin mitgeteilt, dass Lennox Anzeichen zum leichten Autismus hat in Richtung Asperger Syndrom. Wie ist Lennox so aus unserer Sicht und wie könnte die Betreuerin darauf kommen? Also Lennox ist ein wirklich Energie geladenes Kerlchen, der uns alle gut auf trab hält. Er lacht sehr, sehr viel und interessiert sich sehr für Dinosaurier. Er hört uns unglaublich gerne beim Geschichten erzählen zu, allerdings sollten die Geschichten ziemlich außergewöhnlich und innovativ sein. Die Geschichten spielt er dann gerne mit seinen Dinosauriern nach. Als "schwäche" würde ich sagen, dass er undeutlich spricht. Bei ihm fängt fast jedes Wort mit dem Buchstaben "H" an, was es Fremden sehr schwer macht ihn zu verstehen. Sein Wortschatz ist riesig und grammatikalisch ist er auch wirklich perfekt. Die Sätze, die er spricht, sind lang und sauber aufgebaut - halt nur undeutlich wegen dem "H" Problem. Die Kinderärztin hatte uns deshalb Logopädie verschrieben, wo wir jetzt schon drei Sitzungen hatten. Was noch Auffällig ist, ist dass unser Sohn eigentlich nur mit Erwachsenen, also Mama, Papa, Oma Opa, Onkel Tante und mit seinen älteren Cousin und Cousine (6 / 11 Jahre) spielt. Er muss auch beim spielen immer jemand von uns in der Nähe haben oder halt zusammenspielen. Mit uns zusammen zu spielen ist für ihn ganz, ganz wichtig und wir machen es auch seit seiner Geburt so. Vielleicht war das bereits der Fehler, weil wir haben nie eine Krabbelgruppe oder so besucht, sondern haben uns extrem viel mit ihm beschäftigt, einfach, weil wir gute Eltern sein möchten. Und wenn wir dann Unterwegs sind, dann sind meistens Ältere Kinder dabei, die sich super mit Lennox befassen und Lennox auch mit denen. Und das ist jetzt das "Problem" im Kindergarten. Unser Sohn hängt extrem viel bei seiner Betreuerin und macht kaum Anzeichen mit anderen, mit gleichaltrigen zu spielen. Ein weiteres, älteres Mädchen ist auch noch seine Bezugsperson, aber das war es jetzt schon. Lennox weint dann sehr viel, weil er nicht die gewohnte Aufmerksamkeit bekommt - wie auch? Die Betreuerin hat nun mal auch andere Kinder zu betreuen, aber er versteht das nicht oder will das nicht verstehen. Die letzte Woche war sogar so schlimm, dass die Betreuerin uns angesprochen hatte, ob wir, meine Frau und ich, die Möglichkeit sehen, unsere Arbeit hin und wieder um 12 Uhr zu unterbrechen, um Lennox abzuholen, weil Sie die Gefahr sieht, dass er traumatisiert wird. Unter Anderem hatte Sie uns angesprochen, dass Sie bei Lennox Auffälligkeiten zum Asperger Syndrom bzw Autismus sieht. Ihr Sohn ist selber Autist und zeigt die selben Züge in Sachen nur mit Erwachsenen spielen, soziale Schwäche in Interaktion mit gleichaltrigen, sehr sensibel, Sprachprobleme etc. Damit hat Sie uns jetzt natürlich sehr viel Angst gemacht und wir wissen nicht damit umzugehen. Da die Situation im Moment so Schwer ist, werden wir jetzt auch versuchen mit Homeoffice und Stundenabbau 2-3x pro Woche unseren Sohn früher abzuholen. Aber, ist unsere Sorge gerechtfertigt? Müssen wir unseren Sohn dahingehend (Autismus) untersuchen lassen und wenn JA, wo? Ist unser Sohn Verhaltensauffällig bzw. sozial schwach, wenn er NUR mit Erwachsenen oder älteren Kindern spielt? Oder haben einfach wir als Eltern viel falsch gemacht und müssen dringend etwas ändern? Danke im Voraus für Ihre Antwort und ganz liebe Grüße

von svenmg am 18.09.2018, 09:50



Antwort auf: Hat mein Kind eine Verhaltensstörung?

Lieber svenmg, Ihr Sohn zeigt, aus der Ferne betrachtet, kein auffälliges Verhalten. Viele Kinder wenden sich in seinem Alter gerne Älteren zu. Das Verhalten von Erwachsenen und älteren Kindern ist für sie leichter einzuschätzen als von Gleichaltrigen. Das gemeinsame Spiel unter Kindergartenkindern kommt meist erst mit vier oder fünf Jahren. Ihr Sohn war in den ersten drei Jahren seines Lebens vornehmlich mit Erwachsenen zusammen. Den Umgang mit kleinen Kindern muss er erst noch lernen. Aus dem Grund wendet er sich im Kindergarten vornehmlich den Erziehern zu. Geben Sie ihm noch Zeit. Er ist erst seit vier Wochen in der Fremdbetreuung. Für ihn eine ganz neue Erfahrung. Sind Sie dennoch verunsichert, sprechen Sie mit Ihrem Kinderarzt darüber. Ggf. wird er Ihnen einen Termin im SPZ (Sozialpädiatrischen Zentrum) empfehlen. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 18.09.2018



Antwort auf: Hat mein Kind eine Verhaltensstörung?

Meine Güte - das Kind ist 3! Für dieses Alter zeigt er überhaupt kein unnormales Benehmen. Er muss nicht mit anderen Gleichaltrigen spielen wollen und natürlich wendet er sich lieber älteren Kindern und Erwachsenen zu, die sich (schon) sozial verhalten und z.B. nicht beißen, schubsen oder Spielzeug wegnehmen... Mir scheint eher, dass vielleicht bei der Eingewöhnung etwas schiefläuft, wenn er sich jetzt dort so unwohl fühlt. Nach 4 Wochen ist er doch noch gar nicht richtig im Kiga angekommen. Vielleicht möchtest du zur bisherigen Eingewöhnung noch kurz etwas schreiben, damit Frau Ubbens die ganze Situation beurteilen kann. Die Hobbydiagnose der Erzieherin finde ich jedenfalls sehr gewagt. Mein Sohn war genauso, aber der Kiga hat das nie bemängelt. Erst jetzt mit 4 1/2 und im 3. Kiga-Jahr fängt er an, sich auch mit Gleichaltrigen zu beschäftigen...

von schneeziege08 am 18.09.2018, 13:06