Hallo Frau Ubbens
Meine Tochter ist 2 Jahre und 4 Monate alt.
Im Moment befindet sie sich sehr stark in der Autinomiephase und ich bräuchte ein paar Anstöße wie wir das am besten bewältigen.
Konkrete Beispiele sind:
Sie geht nicht an der Hand und läuft weg. Und das ständig. Wir wohnen neben der Kita und brauchen teilweise 20 Minuten heim weil ich sie nicht bändigen kann. Lasse ich sie selber laufen wird es ein Zickzack zacki und das ist definitiv zu gefährlich. Kaum gebe ich ihr die Hand macht sie sich schwer und wirft sich auf den Boden. Spazieren gehen ist natürlich auch absolut unmöglich. Im Endeffekt trage ich sie meistens protestierend heim.
Sie geht auf die Hunde der Oma los. Der Umgang hat schon richtig gut geklappt und seit ein paar Wochen wird es zunehmend schlimmer. Ein zusammen sein ist nicht mehr möglich was natürlich auch Oma sehr frustriert. Anfangs ist sie immer brav und von einer auf die andere Sekunde geht sie zu den Hunden und reißt sie am Schwänzchen oder zwickt sie. Sie tut dabei so als würde sie wo anders hin gehen (sich was zu trinken holen) dreht plötzlich ab und in der nächsten Sekunde passiert es dann. Da wir in einem Haus wohnen ist ein täglicher Umgang aber fast unumgänglich. Auch hier müssen wir sie dann rauf tragen und sie schreit dabei oder schlägt um sich.
Sie scheint mir gerade zu nach Reibungspunkten zu suchen. Wenn wir zu Hause sind geht es in einer Tour dahin mit: Kühlschrank aufmachen, auf den Tisch klettern, Kästen ausräumen, etc. Man kann sich nicht mit ihr beschäftigen. Zb fragt sie mich ob ich mit ihr lego spiele. Kein Problem, ich setze mich zu ihr und sie fängt an mich zu bewerfen. Ich bitte sie das zu unterlassen, sie findet gefallen daran und macht weiter. Ich werde energischer und wenn das nicht fruchtet und das macht es nie, gehe ich aus der Situation. Sie fängt an zu brüllen, läuft zu mir und will kuscheln. Das wiederholt sich in jeder Situation und den ganzen Tag bis sie abends ins Bett geht.
Ich glaube nicht dass wir etwas wesentliches falsch machen. Wir sind zwar ein mehrgenerationenhaus aber nach anfänglichen Schwierigkeiten ziehen wir gut miteinander an einem Strang, unterstützen uns alle gegenseitig und ein "ausspielen" gibt es nicht. Also Oma und ich sprechen alles ab und stehen hintereinander. Mit meinem Partner natürlich auch. Wir beschäftigen uns alle gerne mit ihr, lassen sie aber auch mal sich selbst beschäftigen. Aber woher dieses vermehrte extreme gegenspiel von meiner Tochter kommt können wir uns nicht erklären.
Im Moment ist es einfach wahnsinnig schwer den Tag mit ihr zu verbringen.
In der Kita wird sie übrigens als sehr brav und zuvorkommend beschrieben. Sagt von sich aus bitte und danke und ist sehr empathisch. Macht alles unaufgefordert. Sie wird dort extrem gelobt.
Generell ist sie sprachlich sehr weit und ein wirklich cleveres Kind. Sie merkt sich alles und kann Zusammenhänge super wiedergeben. Alle sind total fasziniert und begeistert von ihr und niemand kann es glauben wenn ich Facetten von zu Hause erzähle. Teilweise redet sie daher wie eine kleine Erwachsene. Deshalb ist es auch so schwer weil ich einfach nicht glauben kann dass sie die Sachen nicht versteht.
Ich hoffe sehr dass sie bei mir etwas Licht ins dunkel bringen können oder ist hier noch alles im Rahmen und ganz normal?
Liebe und etwas verzweifelte Grüße
von
MarLen17
am 03.02.2020, 22:00
Antwort auf:
Fragen zur Erziehung
Liebe MarLen17,
meine Vorrednerin hat schon eine gute Erklärung und ein paar tolle Tipps geschrieben. Diese werde ich hier nicht wiederholen, nur ein wenig ergänzen.
Bei Dingen, die absolut tabu sind, wie z.B. auf den Tisch zu klettern, genügt ein: "Nein, komm da bitte runter." Reagiert Ihre Tochter nicht, heben Sie sie vom Tisch und gehen mit ihr in einen anderen Raum.
Bei anderen Dingen, wie z.B. den Hunden, können Sie nach einer Alternativlösung suchen, die nicht zu einem ständigen Beobachten Ihrerseits und ein Austesten Ihrer Tochter führt. Eine Idee dazu hat meine Vorrednerin schon geschrieben.
Wird mit Spielzeug oder anderen Gegenständen geworfen, kommen diese weg.
Gehen Sie viel mit Ihrer Tochter raus. Zum einen tut es Ihrer Tochter gut, da sie sich ordentlich auspowern kann und zum anderen kann sie dort nicht so viele Dinge tun, die sie nicht tun soll (Schränke ausräumen, auf den Tisch klettern usw.).
Das Laufen an der Hand üben Sie mit Ihrer Tochter. Gerne nicht auf dem Weg zum Kindergarten. Vielmehr bietet sich ein ruhiger Weg an, wo sich Ihre Tochter gerne protestierend auf den Boden werfen kann, Sie im Gegenzug aber geduldig abwarten können, bis Ihre Tochter bereit ist, an Ihrer Hand weiterzulaufen. Durchbrechen Sie mit Geduld und Konsequenz das Verhalten Ihrer Tochter.
Viele Grüße Sylvia
von
Sylvia Ubbens
am 05.02.2020
Antwort auf:
Fragen zur Erziehung
Hey Marlen,
Kinder brauchen tatsächlich Grenzen. Dein Eindruck, dass sie sich momentan reiben will, ist also mE ganz richtig.
Du schreibst, dass sie in der Kita sehr brav ist. Sie bekommt dort also keine Reibung. Und:sie hat sich schon den. Halben Tag an viele Regeln gehalten.
Stell dir mal vor, du hast einen Becher voll Wasser. Das Wasser symbolisiert praktisch das Kontingent, das deine Tochter hat, sich gut zu benehmen. In der Kita wird er ziemlich leer gesaugt und dann ist einfach nicht mehr viel für zu Hause übrig.
Wieder auffüllen kannst du den Becher, indem du sie viel entscheiden lässt.
Für den Kita weg würde ich einfach einen buggy mitnehmen. Frag sie, wenn ihr die Kita verlasst, ob sie laufen will oder geschoben werden. Sag ihr auch, dass sie in den Wagen kommt, wenn das mit dem Laufen nicht klappt. Protestiert sie, wenn du sie rein setzt weil es nicht klappt, kannst du sie fragen, ob ihr es noch einmal versuchen wollt. Klappt es wieder nicht, dann darf sie gerne protestieren, aber dann bleibt sie eben im buggy. Ich vermute, sie ist müde nach dem kiga und da ist die reiztoleranz ziemlich niedrig.
Wegen der Hunde... Ich weiß nicht, wie die baulichen Möglichkeiten sind. Ich selbst würde als Hundehalterin sagen, dass die Hunde dann eben in der Zeit wo das enkel zu Besuch ist, in dem Garten gehen. Oder in ein anderes Zimmer. Zur Not absichern mit einem Treppen gitter, das kannst du in die Tür klemmen. Es ist wichtig, die Hunde zu schützen, damit sie nicht mal wehrhaft schnappen.
Ihr könntet das auch positiv verkaufen. Gebt dem Kind ein leckerchen und lasst sie die Hunde weg bringen. Und wenn ihr geht, wieder mit leckerchen raus lassen. Ansonsten hund/Kind Kontakt nur unter direkter Aufsicht also maximal Abstand von 2 cm zwischen dir und kind/Hund damit du augenblicklich eingreifen kannst.
Hast du sie mal gefragt, was sie am Kühlschrank will? Bezüglich Tisch klettern, das ist anstrengend, aber du kannst nur unaufgeregt und immer wieder konsequent runter holen und in ein anders zimmer bringen. Pflück sie ab, wenn möglich, bevor sie oben ist, und sage, dass das verboten ist weil es gefährlich ist. Dann bring sie weg und geh gar nicht näher drauf ein. Ungefähr 10.000 mal machst du das bis es uninteressant ist...
Schränke ausräumen würde ich einfach schlösser dran machen, fertig. Magnet schlösser sind bombenfest und unsichtbar.
Gehen sie in der Kita viel raus? Wahrscheinlich ist der Kopf für Konzentrationsspiele wie lego einfach zu ausgelastet nach einem Kita Tag. Versuch mal direkt nach der Kita noch ein, zwei Stunden draußen zu sein und zu Hause eher was zu machen, was sie nicht im Kopf anstrengt. Vorlesen oder so.
Dinge, die geworfen werden, kommen bei mir weg. Da kann dann auch gerne geschrien werden, ist mir egal. Ich sage es einmal, beim zweiten Mal frage ich ob sie möchte, dass ich es Weg packe und beim 3. Mal packe ich es ein. Nach einiger Zeit hole ich es wieder ran, wird erneut geworfen, kommt es den restlichen Tag weg.
Generell lass sie viel helfen. Wenn sie sich wichtig fühlt, und gebraucht und viel selber entscheiden darf (rot oder grün, Nudeln oder Reis, buggy oder laufen, Spielplatz a oder b) ist ihre Toleranz höher.
von
Lovie
am 04.02.2020, 20:31