Erziehungsfehler ausmerzen

 Christiane Schuster Frage an Christiane Schuster Sozialpädagogin

Frage: Erziehungsfehler ausmerzen

Liebe Frau Schuster, ich würde ihnen gern einmal meine Situation mit meinem 7 jährigen Sohn schildern und Sie um Ihren Rat bitten. Ich bin alleinerziehend, mein Sohn lebt seit der Trennung vor 5 Jahren bei mir, hat aber regelmäßigen Umgang zum Vater. Der Vater terrorisiert mich ständig und versucht permanent mir das Leben schwer zu machen, beim kleinsten Anlass sucht er Konflikte. Beratungen bei mehreren Beratungsstellen bringen keinen Erfolg, sbobald er merkt, dass sich die Fachleute nicht für seine Ziele instrumentalisieren lassen, lehnt er weitere Gespräche ab. Eine Psychologin, die auch mit ihm Gespräche hatte, hat mir im Vertrauen erzählt, dass der Vater ein ernsthaftes pscychiatrisches Problem haben muss, allerdings nicht so schlimm, dass man Konsequenzen daraus ziehen oder eine Therapie erzwingen kann. Das nur vorab. Unser Sohn ist Einzelkind und absolutes Wunschkind, entsprechend vergöttert wurde er. Er ist sehr selbstbewusst, aktiv und mobil und geht problemlos auf andere Menschen zu. In diesem Jahr wurde er eingeschult und kommt im Schulstoff gut mit. Problematisch zeigte sich bereits in der Kindergartenzeit, dass er zeitweise zu aggressiven Handlungen neigt, die manchmal ohne erkennbaren Anlass auftreten. Dadurch, dass er Einzelkind und auch einziges Kind unserer gesamten Familie ist, sind alle Blicke im Prinzip seit jeher auf ihn gerichtet. Er steht immer im Mittelpunkt und auch ich habe mein Leben viel zu sehr (wie ich heute weiß) nach ihm ausgerichtet und ihm viel zu wenige Grenzen gesetzt oder Konsequenzen aus seinem Verhalten gezogen. Leider hat mich auch niemand aus dem Freundeskreis darauf aufmerksam gemacht, dass ich mich erzieherisch unsinnig verhalte. Stattdessen haben alle das Verhalten meines Sohnes immer mit "armes Trennungskind" begründet. Ich selbst war irgendwie "blind" für mein Verhalten, obwohl ich beruflich in einem sozialen Beruf arbeite und jeden Tag mit Kindern zu tun habe *schäm* Das ist nun leider nicht mehr zu ändern, aber mittlerweile sehe ich meine Fehler und ganz viele Aspekte im Verhalten meines Sohnes, die so nicht akzeptabel sind. Die Frage ist, wie man dies nun angeht, diese Erziehungsfehler auszumerzen. Wir sind hierfür auch in kinderpsychologischer Betreuung, ich würde aber gern auch ihre Meinung hören. Ich versuche mal, die wichtigsten Problempunkte zu schildern: 1. fehlende bzw. wenig Empathie: Kann sich schwer in Gefühle von Mitmenschen hineinversetzen. Ist schon besser geworden, er tröstet mich nun auch mal, wenn`s mir nicht gut geht. Wenn er mich aber mit seinem Verhalten verletzt, beispielsweise durch Schimpfworte, habe ich den Eindruck, er kann nicht nachvollziehen, wie man sich fühlt, wenn man beschimpft wird. Er kann sich auch kaum hineinversetzen, wie ein Kind sich fühlt, wenn es von ihm gezwickt oder anderweitig geärgert wird. Das führt zu Konflikten in der Schule. 2. geringe Frustrationstoleranz: Beispiel: macht Hausaufgaben, es gelingt etwas nicht, da wird der Füller durchs Wohnzimmer geworfen, gern auch immer und immer wieder. (ich lass ihn dann aufheben und aufwischen), da wird gestampft und gebockt und gewütet. Wie das angehen? 3. Grenzen: Es fällt ihm spürbar schwer, sich an Grenzen zu halten. Diese sind ihm scheinbar nicht stark genug verinnerlicht, was sicherlich in meiner erzieherischen Inkonsequenz begründert ist. Noch schwieriger wird es, wenn er müde ist. Er testet auch überaus gern und ausdauernd Grenzen aus und provoziert. Vermutlich gehts da auch manchmal um Aufmerksamkeit (von der er aber eigentlich genug bekommt) 4. Aggressionen: Es kommt vor, dass er haut und tritt. Er weiß, dass dies unerwünscht ist, macht dies aber oftmals ganz provokativ. Manchmal auch völlig aus der Luft gegriffen ohne erkennbaren Anlass. So in der Schule vor ein paar Monaten, laut Lehrerin sei dies besser geworden, "gut" bis "ging", sagte die Lehrerin neulich im Gespräch. Im Alltag mit mir treten solche Aggressionen nur bei Konflikten auf, d..h. wenn ich Grenzen setze o.ä. Manchmal rede ich vermutlich viel zu viel... da wäre weniger manchmal mehr und würde die Situation entspannen... daran arbeite ich schon. Besonders auffällig sind diese aggressiven Verhaltensweisen bei Müdigkeit. Da reichen schon kleinste Anlässe. Wir haben das schon zig Mal besprochen, manchmal entschuldigt er sich, meint aber dann immer, dass damit alles wieder gut im Sinne von "die angekündigte Konsequenz tritt nicht ein" ist. Ich habe das Gefühl, dass es ihm (oft) nicht wirklich leid tut. Wenn ich dann ihm dann meine Gefühle zeige, dass ich traurig bin usw.... dauert es sehr lange, bis er begreift... Ich bin da jetzt auch konsequent, lese keine Geschichten, wenn ich gehauen werde und verhalte mich wie eine solche, wenn er mich "du Scheißmami" nennt. Heißt, er muss sich alleine abtrocknen (hasst er), und auch sonst stelle ich kurzzeitig die schönen Verwöhndinge ein. Trotzdem kommts immer mal wieder zu Beschimpfungen, und sei es nur zur Provokation. Mein Sohn weiß, dass ich die Regeln geändert habe und strenger bin, ich habe dies mit ihm besprochen und ihm auch erklärt, warum ich das mache (n muss). Im Gespräch war er auch einsichtig. Dennoch spüre ich - was ja zu erwarten war - im Alltag, dass es sehr schwer ist. Manchmal gelingt es besser, manchmal schlechter. Es ist schwierig, die komplexe Gesamtsituation hier darzulegen, ich würde mich aber dennoch freuen, einige ihrer Gedanken und Anregungen zu lesen. Vielen Dank! W.

von Weihnachtsfrau am 27.02.2013, 17:38



Antwort auf: Erziehungsfehler ausmerzen

Hallo Weihnachtsfrau Eigene Kinder, die es ja immer besser haben sollen als man selbst es hatte oder hat, sind etwas völlig Anderes als Kinder, die man zu betreuen hat. Da kann man eine noch so große Vorstellung von Gleichbehandlung und Gerechtigkeit haben!- 1. Das ein 7-Jähriger sich bereits in die Gefühle Anderer hineinversetzen kann halte ich für sehr unwahrscheinlich. Wohl aber sollte er aus möglichst logischen Konsequenzen, auf Die er immer mal wieder hingewiesen werden sollte, lernen können, wenn sie denn ggf. auch konsequent eintreten. 2. Zeigen Sie in konkreter Situation, aber möglichst rechtzeitig Verständnis für seine verärgerte Stimmung und schlagen Sie ihm konkret vor, wie er sich auf geeignete Weise abreagieren kann ohne Gegenstände zu stören oder Jemanden zu verletzen. 3. Lassen Sie sich möglichst nicht provozieren. Erinnern Sie ihn geduldig immer wieder mit einer gleichzeitigen KURZEN Begründung an einzuhaltende Grenzen. Handeln Sie möglichst gelassen wiederum entsprechend konsequent. 4. Haut und tritt er muss Ihr Sohn sich aus welchem Grund auch immer vermutlich abreagieren, wie z.B. nach einer längeren Phase starker Konzentration. Regen Sie ihn dann zu einer bewegungsintesiven und geeigneten Möglichkeit mitfühlend an "Dampf abzulassen". Statt sich auf allzu lange Diskussionen einzulassen -Ihr Sohn wird dann mit gerade mal 7 Jahren seine Ohren auf Durchzug stellen und sich höchstens kurzzeitig wie erwünscht verhalten ohne aber wirklich einsichtig zu sein- empfehle ich Ihnen gleich zu handeln und eine möglichst große Gelassenheit zu demonstrieren. Ob eine gezielte, therapeutische Unterstützung notwendig ist, vermag Ihnen allerdings nur Jemand zu sagen, der Ihren Sohn persönlch kennt.- Liebe Grüße und: bis bald?

von Christiane Schuster am 28.02.2013