Hallo, meine Tochter ist 12,5 Monate alt. Sie war schon immer ein extremes Schreikind mit wenig "lieben" Phasen zwischendurch. Momentan ist es aber so schlimm wie noch nie. Wir sind mit unserem Latein echt am Ende. Essen ist ein riesen Problem, Schlafen, Wickeln und im Alltag - eigentlich alles.
Hebt man sie nur über die Wickelkommode drückt sie sich nach Hinten durch und rastet völlig aus. Schreit und tritt, was mittlerweile richtig weh tut. Man muss sie immer häufiger fester an den Beinen halten, ansonsten bekommt man sie gar nicht mehr gewickelt bzw umgezogen. Das ist natürlich nicht gut und man will ihr auch nicht wehtun durch den Druck, aber wir müssen gegen sie ankämpfen sonst funktioniert das bald überhaupt nicht mehr. Genauso beim Essen fängt sie einfach an zu schreien ohne ersichtlichen Grund. Vor allem aber wenn sie den Löffel haben will und nicht bekommt. Ich habs versucht mit zwei Löffeln - dann will sie beide haben. Nicht geben - dann schreit sie und isst gar nix, geben - dann matscht sie nur rum und isst nicht einen Löffel. Und sie hat sowieso Untergewicht. Ist also immer ein Drama. Schlafen momentan sieht so aus - entweder sie schläft direkt ein und wird nach einer halben Stunde wach und schreit oder sie schreit direkt weil sie nicht schlafen will. Beruhigen, auf den Arm holen, Flasche geben, schreien lassen paar Minuten - alles hilft nicht auf Dauer. Irgendwann schläft sie schon ein, aber es gibt nicht "Besonderes" was immer hilft. Dann wird sie wieder alle paar Stunden wach (waren schon so weit, dass sie nachts eine Flasche bekommen hat und sonst geschlafen hat von ca 20 - 10 Uhr) und schreit sofort los, richtig aggressiv. Nichts hilft, ausser Flasche, aber nur ein paar Schluck, also kann es nicht unbedingt Hunger sein, aber sonst hilft absolut nichts.
Auch tagsüber, sie ist total fixiert zb auf Handys und Fernbedienung - wenn sie die nicht bekommt fängt sie richtig an zu bocken und schreit, haut und pitscht. Gestern morgen Frühstücksbrot nicht gewollt nur geschrien, aber als der Papa sich Brote gemacht hat wollte sie direkt was haben - hat nichts bekommen, weil sie ihres nicht gewollt hatte (und da war dasselbe drauf) hat sie unter einem Wutanfall den Teller mitsamt den Broten vom Tisch gefegt, aber so fest dass der Teller 3 Meter weit geflogen ist. Sie krabbelt mir hinterher, ist am weinen und will hoch - nehm ich sie nicht bekommt sie einen Wutanfall und schmeisst alles durch die Gegend. Nehm ich sie hoch, fängt sie nach ein paar Sekunden an und knatscht und will wieder runter. Wenn ich sie dann nicht runter lasse kriegt sie auch einen Anfall. Geht also den ganzen Tag so. Hab ich sie auf dem Arm und sie fängt plötzlich an zu schreien und ich setz sie runter gehts auch so weiter. Also egal was wir wie machen, immer ist es falsch. Ich will sie eigentlich nicht schreien lassen, aber ich will auch nicht dass sie mit allem durchkommt wenn sie bockt. Ich habs einmal versucht sie bocken zu lassen. Aber nach zwei Stunden schreien hatte ICH keine Kraft mehr, mir das noch länger anzuhören. Die Kleine hat extrem Kraft und Ausdauer wenn sie irgendwas will oder nicht will. Mit dem Kopf durch eine 10 Meter Betonwand? Für sie absolut kein Problem. Der Kinderarzt und auch unsere Hebamme sind der Meinung das Kind habe sehr viel Temperament - Aussage: Ein Kind mit sooooo viel Temperament und Feuer seh ich wirklich selten" und grinsen sich einen. Ja, das geht vorbei und das Kind hat Sie gut im Griff usw... Eine große Hilfe ist das allerdings nicht. Wir müssen bei fast allem mit dem Kind kämpfen, und auf Dauer tut das dem Kind nicht gut, und uns auch nicht. Vielleicht können Sie mir Tipps geben, wie wir diese Tobsuchtanfälle runterfahren können. Ich mach mir langsam echt Sorgen wie das wird wenn sie älter wird - dann kriegen wir sie wahrscheinlich überhaupt nicht mehr gebändigt.
Sorry für den langen Text und vielen Dank schonmal.
von
mieze1289
am 24.09.2018, 19:50
Antwort auf:
Baby 12 Monate heftige Trotz- und Wutanfälle
Liebe mieze1289,
Ihre Tochter "versteht" die Welt nicht. Warum gibt es so viele Pflichten, wie wickeln lassen, essen, schlafen, sich beschäftigen müssen usw.? Sie weiß selbst nicht, was sie will. Sie ist in ihrer Wut und Ungeduld "gefangen".
Verschiedene Tipps: Geben Sie dem Tag viel Struktur. Wecken Sie Ihre Tochter morgens immer etwa zur gleichen Zeit. Schläft Ihre Tochter tagsüber? Ein Nachtschlaf von 14 Stunden ist eher viel. Vielleicht kann der Schlafrhythmus verändert werden, durch morgendliches früheres Wecken und einen ausgedehnteren Mittagsschlaf? Dies kann schon zu Entspannung führen, weil Ihre Tochter durch einen längeren Mittagsschlaf über den Tag verteilt womöglich insgesamt entspannter gestimmt ist. Wenn Sie diesbezüglich etwas umstellen wollen, nehmen Sie sich zwei Wochen Zeit, damit sich Ihre Tochter an den neuen Rhythmus gewöhnen kann und ziehen dann ein Resümee.
Setzen Sie sich zu den Mahlzeiten gemeinsam an den Tisch. Seien Sie das Vorbild Ihrer Tochter. Bieten Sie ihr zwei oder drei verschiedene Brotbeläge an und sie kann selbst auswählen. Oder Sie streichen sich erst ihr eigenes Brot und warten einen kleinen Moment, ob Ihre Tochter auch solch ein Brot oder Ihres haben möchte. Ihre Tochter versteht noch nicht, dass wenn sie selbst schon ein Brot hingelegt bekommen hat und Sie sich dann eines zubereiten, dass es an sich das Gleiche ist. Das, was andere haben, ist das Besondere und das wollen viele Kleinkinder. Steichen Sie sich selbst gerne ein neues Brot, wenn Ihre Tochter mit dem Brot von Ihnen glücklich ist. Gehen Sie auf dem Weg einem möglichen Protest aus dem Weg. Natürlich muss Ihre Tochter nicht immer ihren Willen bekommen, doch ein inneres Gleichgewicht für Ihre Tochter und für Sie sollten derzeit im Vordergrund stehen. Wichtig ist auch, aufgrund des Untergewichts nicht in Panik zu geraten und Ihrer Tochter zu viele Mahlzeiten anzubieten. Wenn sie so viel schläft, hat sie ja auch nicht so viel Zeit zu essen/verdauen und kann gar nicht so viel zu sich nehmen. Sie fängt dann an, mit dem Essen zu spielen oder es zu verweigern. Ein Kind, das wirklich Hunger hat, wird das Essen zu sich nehmen. Probieren Sie eine Woche lang aus, die Tagesmenge, die Ihre Tochter derzeit in etwa isst, auf drei, höchstens vier Mahlzeiten zu verteilen (plus der Flasche in der Nacht).
Handys, Fernbedienungen usw. legen Sie außer Sichtweite Ihrer Tochter. Wenn sie die Dinge nicht sieht, möchte sie sie auch nicht haben. Auch hier muss Ihre Tochter lernen, dass sie nicht alles bekommen kann, dennoch dürfen Sie es sich und Ihrer Tochter, genauso wie bei den Mahlzeiten, in dieser sowieso schon sehr unruhigen Zeit gerne ein wenig leichter machen.
Kinder um den ersten Geburtstag herum entdecken, dass sie eigenständige Persönlichkeiten sind und nicht ein Teil von Mama. Manche beunruhigt dies und sie klammern sehr. Fast allen gemeinsam ist jedoch, dass sie nicht alleine sein wollen und die Nähe i.d.R. von Mama einfordern. Nehmen Sie Ihre Tochter hoch, wenn sie dies möchte, bevor sie anfängt knatschig zu werden. Möchte sie runter, dann setzen Sie sie runter. Begeben auch Sie sich gerne häufiger am Tag nach unten, damit Ihre Tochter Ihre Nähe suchen kann oder aber auch mit ihrer engsten Bezugsperson, der Mama, in unmittelbarer Nähe selbständig die Welt (Wohnung) erkunden kann.
Für das Wickeln wechseln Sie doch einmal den Ort. Nicht mehr Wickeltisch im Kinderzimmer, sondern vielleicht Fußboden im Badezimmer?! Ein Ortswechsel kann kleine Wunder bewirken.
Beim Schlafengehen sollten Sie ein Ritual entwickeln, nach dem Sie immer handeln. Liegt Ihre Tochter im Bett, setzen Sie sich ggf. dazu und legen Ihre Hand und ihren Bauch, damit sie besser zur Ruhe finden kann. Ebenso in der Nacht. Nach ein paar Tagen wird Ihre Tochter dies als neue Beruhigungsmethode akzeptiert haben und sich schneller wieder beruhigen. Dass Ihre Tochter derzeit in der Nacht wieder häufiger wach wird ist der Entwicklung und der oben beschriebenen Loslösung von Mama geschuldet. Natürlich können Sie Ihre Tochter auch auf den Arm nehmen und so wieder in den Schlaf begleiten, sie mit ins Elternbett nehmen o.ä.. Wichtig ist, dass Sie möglichst bei einer Methode bleiben, damit Ihre Tochter diese gut annehmen kann.
Nehmen Sie sich selbst immer wieder kleine Auszeiten, sei es, dass der Papa die Abendschicht ober auch am Wochenende einen Vor- oder Nachmittag alleine übernimmt. Sind Sie mit Ihrer Tochter allein, dann machen Sie gerne ausgedehnte Spaziergänge mit ihr. Die meisten Kinder lieben es, im Kinderwagen spazieren gefahren zu werden und Sie können die Zeit für sich zum Entspannen nutzen. Zwar Kinderwagen schiebend, aber zumindest ohne schreiendes Kind, das nicht genau weiß, was es möchte und was nicht.
Zusätzlich kann ein Besuch beim Osteopathen sehr hilfreich sein. Vielleicht liegen kleinste (oder auch größere) Verspannungen vor, die Ihre Tochter so unausgeglichen erscheinen lassen.
Viele Grüße Sylvia
von
Sylvia Ubbens
am 26.09.2018