7jähriger hat Angst, Eltern zu verletzen - zu töten

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: 7jähriger hat Angst, Eltern zu verletzen - zu töten

Mein 7jähriger Sohn ist eher ängstlich/zurückhaltend und macht sich über vieles Gedanken. In Schule und Sport oder bei Besuchen ist er der liebste und unkomplizierteste Junge und alle halten ihn für sehr gut erzogen. Zu Hause fühlt er sich jedoch sicher und hat öfters Wutausbrüche, bei denen er auch haut/tritt und verletzend zu uns spricht. Er ist dann oft nicht in der Lage, sich selbst runter zu regeln und kann gleich wieder explodieren, wenn seine Entschuldigung nicht angenommen wird. Wenn er durch den Wutanfall durch ist, tut es ihm aber sehr leid. Wir arbeiten daran, ihm zu helfen, seine Wut anders abzulassen als mit Treten/Hauen und es wird auch besser. Da er aber sehr viel auch nachdenkt über das was er tut, fing er beim Ins-Bett-Gehen (also lange nachdem die Wut verraucht war) an zu reden: dass er Angst hat, seine Kuscheltiere wegzuwerfen oder kaputt zu machen in der Wut und dann sehr traurig zu sein. Dass er Angst hat, sein Spielzeug kaputt zu machen (ist dann ganz konkret Spielzeuge durchgegangen und hat überlegt, ob man die auch wieder reparieren könnte - wie um sich zu beruhigen). Ich konnte ihn einigermaßen damit beruhigen, dass er die letzten sieben Jahre trotz seiner Wutanfälle auch nichts kaputt gemacht hat. Er meinte aber auch, er spürt dann in sich manchmal wirklich die Lust, etwas kaputt zu machen. Danach wurde es noch schlimmer... er hat auch Angst, dass er uns so haut, dass wir schwer verletzt sind oder sogar daran sterben. Und er würde sich am liebsten selbst umbringen, damit das nicht passieren kann. Ich war ehrlich geschockt, es war so eine völlig rationale Aussage von ihm, auch wenn er dabei total traurig war. es ging dann noch weiter, dass er generell Angst hat, dass wir sterben, wenn er noch ein Kind ist... an Krebs oder etwas anderem, dass er nicht erwachsen werden will, weil er Angst hat, dass er das nicht schafft ich konnte ihn recht gut beruhigen, habe mir danach aber viele Gedanken gemacht, ob das normal ist in seinem Alter. Seine Gedanken (und er formuliert das auch extrem erwachsen) klingen irgendwie oft nicht altersgemäß. Wie kann ich ihn am besten unterstützen?

von canis am 01.03.2017, 21:14



Antwort auf: 7jähriger hat Angst, Eltern zu verletzen - zu töten

Liebe canis, vermutlich wird es für Ihren Sohn hilfreich sein, zu Hause eine Möglichkeit zu haben, seine Wut rauszulassen. Ein Boxsack ist da eine Möglichkeit. Üben Sie mit Ihrem Sohn. Er darf auch gerne an den Boxsack, wenn er nicht gerade die Wut in sich aufsteigen spürt. Haut er Sie, erklären Sie ihm, dass er gerne den Boxsack schlagen darf, Sie aber tabu sind. Spricht er verletzend zu Ihnen, dann sagen Sie ihm, dass Sie nicht möchten, dass er so mit Ihnen spricht und verlassen den Raum. Auf diese Weise wird Ihr Sohn nicht rausgeschickt und er kann darüber nicht noch zusätzlich wütend werden. Zudem fehlt ihm das Gegenüber, mit dem er so sprechen kann. Hält es noch länger an, dass Ihr Sohn Ängste äußert, dass er Sie verletzen könnte, wäre es tatsächlich einer Überlegung Wert, zumindest eine Beratungseinheit bei einem Kinderpsychologen in Anspruch zu nehmen. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 03.03.2017



Antwort auf: 7jähriger hat Angst, Eltern zu verletzen - zu töten

Hallo, das klingt ja wirklich sehr belastend für alle. Das tut mir sehr leid für Euch! Ich arbeite als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in Ausbildung. Nur kurz zu meinem Hintergrund. Das heißt nicht, dass ich alles dazu weiß - ich kenne Euren Sohn nicht persönlich. Daher maile ich nur meine Überlegungen: Wann ist denn die Wut erstmals so schlimm geworden? Ist zu dem Zeitpunkt etwas Einschneidendes passiert? Wird er geärgert in der Schule/Hort und Ihr kriegt es später am Tag dann ab? Wo hat er das Thema Verlust wahrgenommen? An sich ist das für das Alter typisch, sich damit auseinanderzusetzen. Wieviel Aufmerksamkeit bekommt er durch das wütende oder ängstliche Verhalten? Hat er andere Strategien im Umgang mit Wut - wie geht er damit um, wenn er bei einem Spiel mal verliert? Wie löst er das in der Schule? Wie bei anderen Verwandten? Gibt es klare Zeichen: Wir haben Dich lieb und Du darfst auch wütend sein, wenn Dir danach ist, aber die Wut nicht an uns auslassen? Falls sich die Ängste verstärken, würde ich tatsächlich zu einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten mit ihm gehen und ihn dort mal vorstellen. Ihr geht da zunächst keine verbindliche Therapie ein, sondern es wird gemeinsam in 5 Terminen mit Eurem Kind überlegt, was die Auslöser der Ängste und Wut sind und wie ihm und Euch geholfen werden kann. Viel Glück, Kiane

von Kiane am 01.03.2017, 21:58



Antwort auf: 7jähriger hat Angst, Eltern zu verletzen - zu töten

Vielen Dank für die Antworten! Die Variante Boxsack (wir verwenden allerdings stattdessen ein Kissen) kennt er im Prinzip, nutzt es aber in den betreffenden Situationen (noch) nicht. Das mit dem Rausgehen werde ich mal versuchen, bisher habe ich ihn immer (mit einigen Mühen) rausgeschickt, da er sich mit ein paar Minuten Trennung am besten beruhigt (er kommt dann auch jedesmal weinend wieder raus, um sich zu entschuldigen, dann ist es aber wieder gut). Ohne räumliche Trennung kommt die Wut meist wieder hoch, er entschuldigt sich zwar, kann aber gleich wieder explodieren. Mit Verlusten hatte er leider in der letzten Zeit mehrere Berührungspunkte. In den letzten 2 Jahren sind sein Opa (Krebs, kurz nach der Schuleinführung), ein lieber Nachbar (Krebs), sein Uropa und seine UrgroßTante gestorben, zu allen hatte er einen guten Kontakt. Wir haben viel darüber geredet, wenn er es wollte und er war schon da nach außen immer so erschreckend vernünftig im Umgang damit, eher wie ein Erwachsener. Er sagte damals als 6jähriger so Sachen wie "Ich finde es traurig, dass ich den Opa nur so kurze Zeit meiner Kindheit hatte." Bei der Beerdigung war er mit (wollte es selbst) und hat mir dann nachher erzählt, dass er eigentlich das Gefühl hatte, laut weinen zu wollen, aber nicht wollte, dass die Oma gestört wird bei der Trauerfeier. Er denkt und redet aber oft so erwachsen... die Verluste arbeiten aber vermutlich trotzdem noch in ihm. zu den Fragen: ein einschneidendes Erlebnis kann ich nicht zuordnen, es ist eher schleichend mehr bzw. einfach nicht weniger geworden. ich würde auch gar nicht unbedingt sagen, dass die Wutausbrüche besonders heftig sind, man darf sich da kein unkontrolliert schreiendes, um sich schlagendes/tretendes Kind vorstellen. Vielmehr sind es so häufige Kleinigkeiten, die sofort eine zwar wütende z.T. aber fast gehemmt wirkende Reaktion wie eine gezielte verletzende Bemerkung, ein Hauen oder Treten in meine Richtung nach sich ziehen. Erst danach (weil ich das nicht toleriere) bricht stärkere Wut aus und das ganze eskaliert (aber nur noch schimpfend). Aber die bösen Bemerkungen/Hauen/Treten können bereits auftreten, wenn jemand "sein" Müsli nimmt oder etwas nicht so klappt, wie er es möchte (kann auch beim Basteln, Bauen, bei Hausaufgaben etc. sein, weil er da immer perfektionistisch ist und keine Fehler machen will). Beim Spielen war er schon immer wütend beim Verlieren (auch mittendrin), wir haben bei zu extremen Ausrastern (Spielfiguren wegwischen) das Spiel sofort beendet, es hat sich nicht viel geändert, außer dass er generell bei Spielen möglichst von Anfang an "ohne Gewinnen" spielen will oder selbst gleich sagt, dass er verlieren will. An allen anderen Orten passiert bereits das erste nicht (dass er sich über solche Kleinigkeiten ärgert und dann schimpft/haut etc.), da geht er ganz entspannt damit um. In der Schule ist er gut integriert, hat Freunde, zeichnet sich eher dadurch aus, dass er sich gerade nicht provozieren lässt. Das war auch im Kindergarten so. Er würde niemanden hauen, hat einen überdimensionierten Gerechtigkeitssinn und erzählt auch uns immer sofort, wenn er doch mal geärgert wurde (kommt ja auch mal vor). Das mit der Aufmerksamkeit bei der Wut ist natürlich schwierig. Klar bekommt er die logischerweise, wenn er haut/tritt, ich muss ja reagieren und sage ihm, dass es das nicht gibt und sorge für eine räumliche Trennung. Ansonsten darf er auch wütend sein, es gibt nur eben die Grenzen im Umgang miteinander. Er kippt aber auch ganz schnell in die andere Richtung, geht und sagt, dass es alles seine Schuld sei (nicht als Vorwurf gesagt, sondern eher verzweifelt) und er ein schlechter Mensch sei. Dabei muss ich sagen, dass er von uns noch nie so etwas gesagt bekommen hat, ich versuche immer zu betonen, dass mir nicht gefällt, wie er sich verhält, aber ich ihn immer lieb habe. Wenn er sich ordentlich entschuldigt hat, ist es auch ok. Wenn er von seinen Ängsten erzählt, bin ich natürlich für ihn da, höre zu und rede mit ihm. Da würde ich mir auch nicht anmaßen wollen zu entscheiden, ob die Ängste quasi "vorgetäuscht" sind, um Aufmerksamkeit zu bekommen... Wenn er mit mir reden will, bin ich für ihn da. Mir macht eigentlich auch eher dieser Kontrast Sorgen: auf der einen Seite ist er so reflektiert, denkt über alles mögliche nach und entwickelt Ängste daraus (z.B. uns zu verletzen). Auf der anderen Seite kann er mit kleinen Rückschlägen/Fehlern/Einschränkungen nicht umgehen und geht dann sofort in den Angriff über. Dann redet er nicht mehr überlegt (z.B. um Hilfe fragen), sondern wird sofort wütend und beschuldigt jemanden. Wir haben auch schon oft besprochen, wie wir das gemeinsam ändern können (in Kissen hauen, Stoppsignal vor dem Eskalieren, bei Problemen ruhig um Hilfe fragen), aber in der Situation klappt es nicht. In solchen Gesprächen ist er immer total traurig, auch weil so oft diese Situationen eintreten und er auch nicht weiß, wie er es stoppen kann. Er will es ja eigentlich gar nicht und ist total froh, wenn mal ein Tag ohne Wut war.

von canis am 04.03.2017, 00:18



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