2-jähriger sagt kein Hallo/Tschüss, trödelt rum / Erziehungsstreitigkeiten Vater

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: 2-jähriger sagt kein Hallo/Tschüss, trödelt rum / Erziehungsstreitigkeiten Vater

Hallo Frau Ubbens, ich habe folgende(s) Anliegen, wo ich Sie um Rat bitten möchte: Unser Sohn ist 2 Jahre u. knapp 8 Monate alt. Ich würde sagen er ist sprachlich und auch sonst geistig schon ziemlich gut entwickelt. Es gibt da nur so Sachen, wo ich nicht weiß wie ich damit umgehen soll bzw. wie ich es besser machen kann. 1. Hallo/Tschüss Er geht seit 8 Monaten in die Kita und sagt dort weder morgens "Hallo" oder "Guten Morgen" und genauso beim Abholen "Tschüss" zu den Erzieherinnen oder anderen Kindern. Genauso wenig beachtet er mich, wenn ich ihn abhole. Niemals ein Hallo oder morgens auch kein Tschüss! Ebenfalls ist es auch so bei sonstigen Freunden, Omas, Opas, Nachbarn etc. Er sagt einfach gar nichts. Bei der Oma rennt er einfach nur so ins Haus rein, sie sagt überschwinglich "Hallo!", er beachtet sie zwar, aber geht so weiter in den nächsten Raum. In der Kita hat er es jetzt zumindest geschafft 2mal zum Abschied zu winken. Jetzt ist daraus eher wieder eine "Hau"-Bewegung geworden oder er macht gar nichts und wartet einfach bis wir aus der Situation raus sind. Dann plappert er munter mit mir weiter. Es ist so, dass ich ihn dazu auffordere, dass er bitte "Tschüss" oder "Guten Morgen" sagt. Ich sage es zuerst, dann möchte ich, dass er es auch sagt. Ich weiß ja, dass er es kann und er ist auch nicht schüchtern. Er tut es einfach nicht. Also ich finde das so richtig, richtig unangenehm!!!! Das macht mich richtig sauer!!!! In der Situation wo man ihn auffordert, er wieder nichts sagt und man doof da steht, ist das richtig peinlich! Bisher habe ich immer gedacht, ok, er sagt es nicht, dann bist du halt gutes Vorbild und sagst es. Aber mehr und mehr merke ich, dass es schon in die Richtung geht, "ach, Mama sagt das ja eh für mich, ich brauche das nicht". Warum sollte er sonst ausgerechnet diese beiden Sachen nicht sagen? Er plappert ja sonst auch richtig viel. Ich denke er weiß auch schon, dass er halt diese 2 Minuten durch die Situation durch muss, Mama fordert ihn auf etwas zu sagen, er tut es einfach nicht, nach kurzer Zeit hat er es ja geschafft und Situation ist überstanden! Übrigens sagt er nicht mal Hallo zum Papa, wenn er nachmittags von der Arbeit kommt. Er beachtet ihn eigentlich gar nicht. Interessiert ihn gar nicht. Das finde ich, und natürlich vorallem der Papa, auch sehr traurig. Was kann ich da tun?! Oder wie gehe ich am besten damit um, wenn wieder nichts von ihm kommt und wir halt blöd da stehen bei anderen Leuten? 2. Beim Essen rumtrödeln Beim Essen - insbesondere morgens - fängt er einfach nicht an mit dem Essen. Sein Teller oder Brot steht fertig (er macht es sich auch schon selbst fertig) vor ihm, aber er erzählt mir dann halt irgendwelche anderen Sachen, fragt mich Löcher in den Bauch, schaut aus dem Fenster oder weiß der Kuckuck was, seine Phantasie ist grenzenlos... Wir essen immer gemeinsam, ohne Fernsehen oder sonstiges, was ablenken könnte. Es vergehen dann bestimmt 20 Min. bis er mal anfängt. Ich selber habe dann schon längst aufgegessen. Besonders morgens habe ich einfach keine Zeit dazu, ewig mit ihm am Tisch zu sitzen und zu warten, bis er denn mal anfängt oder wenn er anfängt, im Sekundentempo isst. Es muss dann ja auch mal losgehen zur Kita und zur Arbeit! Wenn ich ihm androhe, das Essen wegzunehmen, fängt er sofort an zu heulen, das will er auf keinen Fall. Er will es ja essen, aber halt seeehrr laaaangsaaam… Wie kann ich ihm da erklären, dass wir keine Zeit haben und los müssen? 3. Erziehung mein Mann und ich Bei diesem Thema geraten wir leider immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten. Mein Mann macht sich so gar keine Gedanken, wie man erzieht. Also er will natürlich schon, dass der Kleine gut erzogen wird und bemüht sich auch auf seine Weise, aber über das wie, da denkt er nicht weiter nach. Also es gibt da einige Streitpunkte, die ich immer wieder bei ihm anspreche, die er doch bitte versuchen soll zu ändern. Das ist, dass er unserem Sohn immer Fragen stellt. Folgende Situationen: Es soll nach draußen gehen zum Spielen oder er soll halt mitkommen, weil mein Mann draußen im Garten was erledigen will. Er fragt ihn: Kommst du mit nach draußen? Oder: Ziehst du deine Schuhe an? Andere Beispiele: Kommst du mit nach oben, wir wollen gleich schlafen gehen. Also immer Sachen, die wir als Eltern eigentlich bestimmen wollen, fragt er. Ich habe ihm schon 1.000 mal gesagt, er soll das nicht als Frage stellen, sondern z. B. "Komm, wir gehen in den Garten, dort kannst du Papa bei xy helfen" oder "Zieh bitte deine Schuhe an, dann können wir rausgehen". Bei seinen Fragen müsste er ja auch mal die Antwort "Nein" vom Kleinen akzeptieren, wenn er schon fragt. Kommt mal das Nein, dann sagt mein Mann "doch, wir gehen jetzt raus" etc. Wird also nicht akzeptiert. Das andere ist, dass er dauernd zu ihm sagt " Du MUSST jetzt xy tun..." z. B. Jacke anziehen, aufräumen, deine Zähne putzen usw. Ich finde, da hört man so einen ungeheueren Druck raus, man kann ihn doch auch freundlich bitten. Wenn ich das anspreche, dann ist mein Mann schon genervt, hört mir gar nicht mehr zu oder sagt " ich weiß gar nicht, was ich noch sagen soll, ist ja eh alles falsch". Wenn wir dann am Abend z. B. nochmal drüber sprechen, hört er mir wenigstens wieder zu. Er sagt auch immer, dass er das gerne ändern möchte, manches zumindest, aber er weiß es halt nicht besser zu sagen, so schnell in der Situation fällt es ihm nicht ein. Und dann kommt er immer mit dem Argument: "Meinst du nicht, dass unser Kind nicht einfach auch mal hören MUSS? Ich will, dass er in bestimmten Situationen einfach mal auf mich hört. Ohne langes Bitten usw. Da habe ich keine Lust drauf!" Ich bin einfach der Meinung, man kann von einem 2 jährigen einfach nicht verlangen, dass er einfach so "hört". Er will sich doch auch ausprobieren und hört eben nicht auf "Befehl".

von binmat am 28.08.2019, 20:49



Antwort auf: 2-jähriger sagt kein Hallo/Tschüss, trödelt rum / Erziehungsstreitigkeiten Vater

Liebe binmat, ich kann mich den Antworten meiner Vorrednerinnen anschließen und dem nichts Neues mehr hinzufügen. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 29.08.2019



Antwort auf: 2-jähriger sagt kein Hallo/Tschüss, trödelt rum / Erziehungsstreitigkeiten Vater

Meine Tochter ist 2 Jahre und 5 Monate und einiges was du geschrieben hast kommt mir bekannt vor. Vielleicht darf ich dir meine Ansätze dazu kurz berichten. Zu 1: Ich finde du erwartest da zu viel. Wenn ich darüber nachdenke kenne ich in dem Alter kein Kind das selbstständig ohne Aufforderung grüßt. Selbst mein großes Kind (5) macht das nicht immer von alleine. Ich frage mein Kind ganz unverbindlich ob es auch Hallo/ Tschüs sagen möchte, wenn nicht, auch ok und ich kommentier das nicht weiter. Das ist mir auch überhaupt nicht peinlich und herzlich egal was andere Leute in dem Punkt von einer 2 Jährigen halten. Zu 2: Nunja, das Trödeln bei Mahlzeiten kenne ich. An Kita-Tagen frühstückt meine Tochter daher nicht zu Hause sondern nur in der Kita. Sie mag nach dem Aufstehen nicht gleich essen, lieber erst etwas später (wie ich übrigens auch). Vielleicht kannst du das Essen einpacken umd er mag nur eine Milch morgens trinken während er erzählt und du entspannt in den Tag startest. Ihm wird es nicht schaden, wenn er später im Kita frühstücken kann (falls das geht). Zu Punkt 3: Das mit den rhetorischen Fragen kenne ich auch. Bei Kinder in dem Alter funktioniert das, wie du ja auch sagst, nicht. Dann muss man halt auch das Nein akzeptieren. Anders sehe ich es mit "Muss", es gibt Situationen da sehe ich es als angebracht das ein Kind hört z.B. im Straßenverkehr, Zähneputzen, ... . Kindern schadet es übrigens auch nicht, wenn Eltern unterschiedlich "erziehen". Solange ihr euch in den grundsätzlichen Fragen einig sein, ist die Formulierung/Ausgestaltung der Erziehung eher ein Ausdruck des persönlichen Stils. Mich würde es jedenfalls sehr nerven, wenn mein Mann mir ständig sagen würde, dass ich etwas falsch formuliert habe. Er macht es halt anders als du, so wie er es für richtig hält. Das ist nicht falsch nur anders. Eurem Sohn wird das nicht schaden.

von die_ente_macht_nagnag am 29.08.2019, 08:08



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Geistig weit mag ja sein - aber zwischen die Worte hören und tatsächlich den Sinn verstehen ist ein Unterschied. Euer Kind hört zwar deine Worte "wir müssen los" - aber die Umsetzung in "ok, ich muss jetzt essen, sonst kommen wir zu spät und deswegen kann ich Mama jetzt doch nicht noch die Geschichte erzählen" ist eben ein Unterschied. So weit ist er noch nicht. D.h. da erwartest du zu viel an "muss er doch verstehen". Verbinde das mit einer logischen Konsequenz. Also eben die Ansage, dass ihr jetzt essen werdet und dann los müsst. Stell einen Wecker oder Sanduhr etc hin und sag ihm halt, dass er mit dem Frühstück fertig sein muss, bis die Sanduhr abgelaufen ist. Ansonsten müsst ihr eben ohne Frühstück los. Plane aber auch genug Zeit ein, dass er dir auch etwas erzählen kann. Ist doch toll, dass er so kommunikativ ist. Ein bisschen hört es sich an, als wenn du morgens gestresst wärst, Zeitdruck hast und erwartest, dass dein Kind das doch verstehen müsste - das kann er aber noch nicht. Hallo/Tschüss - auch hier finde, machst du unnötiger Weise zu viel Druck. Du schreibst ja auch eigentlich warum: weil es DIR unangenehm ist. Warum? Er ist doch noch ein Kleinkind. Übertrage nicht deinen Druck auf ihn. Kinder merken sowas und weigern sich dann erst recht. Manche Kinder trauen sich auch einfach noch nicht - auch wenn sie sonst offen/selbstbewusst sind. Andere sehen den Sinn dahinter noch nicht wirklich. Und ganz generell ist Kindern in dem Alter das einfach noch total egal. Mach du es einfach immer wieder vor, irgendwann macht er es nach. Oder du sagst nett & freundlich "sagst du auch noch Tschüss?" - und wenn er es nicht tut, sagst du es eben für ihn. Irgendwann macht er es dann selbst. Wie schon geschrieben wurde: unterschiedliche Stile zu haben/Dinge anders zu handhaben ist gut und wichtig für die Entwicklung. Klar sollte man sich in wichtigen Dingen einig sein - aber wie man sie dann kommuniziert oä darf durchaus unterschiedlich sein. Und ganz ehrlich: der Kleine wird dadurch sicher nicht schlecht erzogen oder verwirrt oder sonst etwas, nur weil dein Partner sich nicht genau so äußert, wie du es selber tust. Ist schon richtig - wenn man etwas tatsächlich will, dann sollte man das auch so sagen anstatt zu fragen und dann die Antwort nicht zu akzeptieren. Dennoch habe ich den Eindruck, dass du dir und euch ziemlichen Druck machst, das alles wirklich perfekt sein muss. Sieh das Ganze vielleicht mal etwas entspannter. Echte Probleme sehe ich nämlich nicht - nur eine ganz normale Familie mit ganz normalem Kleinkind.

von cube am 29.08.2019, 09:22