Frage: Welche tatsächliche Gefahr durch Listerien /Toxoplasmose

Sehr geehrter Prof. Costa, Ihre Antwort auf die Frage nach Übertragung der Ängstlichkeit der Mutter aufs Kind (hysterische Mütter bekommen hysterische Kinder .... über Generationen hinweg...) wurde in einem anderen Forum gepostet, deswegen fand auch ich als Nicht-mehr-Schwangere den Weg hierher . Wirklich geniale Antwort übrigens!!! Absolut fassungslos bin ich über die vielen vielen Fragen und Ängste zum Thema Listerien und Taxoplosmose. Mit meinem ersten Kind war ich vor 12 Jahren schwanger, bei den folgenden Kindern kennt man sich ja aus und liest nicht mehr sooo viel ;-) Damals gab es keine Smartphones/Tablets und somit keinen ständigen Zugang zum Internet. Dafür habe ich einige Bücher zum Thema Schwangerschaft gelesen, also durchaus sorgfältig “belesen“ . Doch außer der Meidung von rohem Fisch, rohen bzw. weichen Eiern, Rohmilchkäse, Salami ... dem Streicheln von Katzen und natürlich dem Verzicht auf Alkohol kann ich mich nicht erinnern, viele Einschränkungen in den Schwangerschaften gelebt zu haben. Ist das Listerien- und Taxoplasmose-Thema denn heute wesentlich schlimmer als “früher“(soooo lang ist es ja nicht her ;-)? Gibt es statistische Zahlen hierzu, wieviele Todesfälle (oder Behinderungen?) es bei Babys durch diese Krankheiten in Deutschland gibt? Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass das Thema bei den Hygienestandards in Deutschland so schlimm sein soll... Bitte entschuldigen Sie meine Einmischung, aber es ist ehrliches Interesse und vielleicht würden einige reele Zahlen und Fakten die Aufregung der heutigen Schwangeren mildern? Vielen Dank Grüße Anna

Mitglied inaktiv - 07.03.2017, 20:18



Antwort auf: Welche tatsächliche Gefahr durch Listerien /Toxoplasmose

Vielen Dank für diesen Kommentar und die Frage. Über Zahlen zu debattieren, ist nicht ganz einfach, vor allem deswegen, weil es sogenannte "Dunkelziffern" gibt, also nicht gemeldete oder nicht festgestellte Fälle von Infektionen. Sowohl bei einer Toxoplasmose als auch bei einer Listeriose liegen die Erkrankungsfälle im Promille-Bereich. Vielleicht zwei Aspekte sind erwähnenswert. Je älter man wird, umso wahrscheinlicher ist es, dass man im Laufe der Jahre in Kontakt mit Toxoplasmen und Listerien kommt und eine Immunität (also körpereigene Abwehr) entwickelt. Da das Alter der Schwangeren beim ersten Kind in den letzten Jahren stetig angestiegen ist (es liegt zur Zeit bei 30 Jahren), ist anzunehmen, dass sogar die Häufigkeit der beiden Infektionskrankheiten in der Schwangerschaft abnimmt. Das ist eine gute Nachricht, finde ich. Der zweite Aspekt ist, dass unser Essen zunehmend "industrialisiert" wird, d.h. dass wir uns daran gewöhnt haben, "Abgepacktes" und "möglichst Billiges" zu essen. Je nach Herkunft der Speisen und vor allem nach Preis, kann es vorkommen, dass es bei der Herstellung und Lagerung von Speisen Hygienelücken entstehen. Eigentlich ist es gut nachvollziehbar: gute oder gar optimale Hygiene und Lagerung sind teuerer als das Gegenteil, also weniger Hygiene und einfachere Lagerung. Wenn wir darauf besehen, einen guten Schinken für unter 2 Euro pro 100 g kaufen zu können, müssen wir so einiges in Kauf nehmen... Hinzu kommt natürlich das Internet und der Zugang zur Information. Gute Sache, keine Frage, aber es eröffnet vielen, eigentlich allen die Möglichkeit, Meinungen kund zu tun. Manche, wahrscheinlich die meisten Menschen möchten unbedingt angehört werden, wenn sie mal eine Meinung haben. Das macht die Suche nach guten, überprüfbaren, wissenschaftlich belegten Informationen nicht gerade einfach. Wenn Sie "Toxoplasmose und Schwangerschaft" in Google eingeben, werden Sie feststellen, dass die allermeisten Antworten nicht von Wissenschaftlern oder staatlichen, seriösen Stellen, sondern entweder von Einzelpersonen oder von Seiten kommen, die ein kommerzielles Interesse verfolgen. Man darf auch nicht behaupten, dass "es früher auch irgendwie ging", wenn man selbst gesunde Kinder auf die Welt gebracht hat. Schließlich verfügen wir heute über mehr Informationen als früher und sind auch anspruchsvoller, wenn es um unsere Kinder geht. Wenn man früher 7-8 Kinder zur Welt brachte und 1-2 Totgeburten bzw. 1-2 Kinder mit Geburtsschäden hatte, wurde das "irgendwie" in einer Dorfgemeinschaft akzeptiert und ... es ging halt.... Heute werden in den meisten Familien nur 1-2 Kinder geboren und "es muss alles stimmen". Das ist zwar nicht gut (als Frauenarzt und Vater finde ich das ziemlich doof, wenn unsere jungen Leute nur wenige Kinder haben, weil es nichts Wichtigeres im Leben als die Familie und die Kinder gibt), aber andererseits ist es richtig, dass man unbedingt ein-zwei gesunde Kinder haben möchte. Die Fragenden in diesem Forum machen sich Sorgen, nicht zuletzt weil sie "viel im Internet unterwegs sind" und an unterschiedliche Informationen herankommen. Es entsteht also der Eindruck, dass man ständig und überall aufpassen muss, um sich nicht zu infizieren. Am besten wäre ein steriler Raum, ein Operationssaal, neun Monate lang, und nur noch gekochtes (am besten nicht aufgewärmtes...) Essen... Natürlich ist das übertrieben, aber so ist unser Leben, heute. Ich kann nur sagen, dass ich seit vielen Jahren Fragen beantworte und fast nie das Gefühl hatte, dass jemand ohne Grund eine Frage stellt. Angst und Sorge um das Kind begleitet alle werdenden Mütter. Das respektiere und akzeptiere ich. Die Fragenden müssen nur eines hinnehmen, wenn sie mich ansprechen - meinen Humor, der manchmal "politisch nicht ganz korrekt" ist... Das bedeutet aber nicht, dass ich mich über die Fragenden lustig mache, die Adressaten meiner "Spitzen" sind andere, meistens allgemeine Entwicklungen, die Politik, die Gesellschaft. Wie Sie sehen, kämpfe ich gelegentlich mit den Windmühlen. Aber ich will nicht viel, nur unsere Welt, hier im Forum ein bisschen freundlicher gestalten. Bisher scheint das zu funktionieren und mir bereitet das immer noch Freude....

von Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa am 10.03.2017



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