Frage: Studie Jodmangel

Sehr geehrter Prof. Dr. Costa, Vielen Dank für Ihre tolle Arbeit. Ich lese sehr gerne in Ihrem Forum. Sie haben mir schon sehr oft geholfen. Vor 3 Wochen hatte ich Ihnen schon einmal geschrieben, da ich Angst habe, dass meine jetzt 7 Monate alte Tochter während meiner SSW einen Jodmangel hatte. Sie meinten, ich solle mir keine Sorgen machen, wenn meine Schildrüse ok ist. Dazu ein Nachtrag und meine erste Frage. In der 4. SSW war mein TSH Wert 1,81. Danach wurde er nicht mehr gemessen. Vor einer Woche war er 0,99, wobei ich vor 3 Wochen mit der Jodideinnahme von 100 Mikrogramm begonnen habe. (Ich hatte nach der 13. Ssw und in den ersten 6 Monaten Stillzeit kein Jod-Präparat genommen.) Ich weiss nicht, ob die zweiwöchige Jodideinnahme den TSH Wert positiv beeinflussen kann? Kann ich mit diesen Werten davon ausgehen, dass meine Schilddrüse die ganze Zeit normal gearbeitet hat oder könnte es sein, dass sie zwischenzeitlich nicht richtig funktioniert hat? Im Ultraschall war übrigens meine Schilddrüse weder vergrössert, noch zeigten sich Knoten. Der TSH Wert meiner Tochter nach der Geburt war auch unauffällig. So ganz lässt mich die Sorge dennoch nicht los. Ich lese immer wieder, dass sogar schon ein leichter Jodmangel in der Schwangerschaft die Intelligenz der Kinder negativ beeinflussen könnte. Als Quelle wird hier stets eine Studie aus Südengland aus dem Jahre 2013 angegeben. https://www.google.de/amp/m.faz.net/aktuell/wissen/medizin-ernaehrung/schwangeren-studie-jodmangel-beeinflusst-die-intelligenz-des-ungeborenen-12217183.amp.html Dazu meine zweite Frage: Darf ich fragen, was Sie von dieser Studie halten? Wäre es dann nicht so, dass die in Süddeutschland lebende Bevölkerung weniger intelligent sein müsste als die in Norddeutschland, wenn man von einem Nord-Südgefälle bezüglich der Jodversorgung ausgeht? Und drittens: Wann ist denn die Jodversorgung in der Schwangerschaft am wichtigsten? In der Frühschwangerschaft oder später? Soweit ich weiss, braucht das Baby erst ab der 10. SSW Jod, damit es "Treibstoff" für seine eigene Schilddrüse zur Verfügung hat. Was passiert, wenn nicht genügend Jod für das Baby da ist? Werden hier von Natur aus die Bedürfnisse des Babys vor die Bedürfnissen der Mutter gestellt? Ich hatte ja bis zur 13. Woche 150 Mikrogramm Jod in Form von Femibion eingenommen (insgesamt 3,5 Monate). Kann es sein, dass mein Körper Jod gespeichert hatte, so dass meine Tochter trotz meiner nicht unbedingt jodreichen *(aber gesunden) Ernährung noch gut versorgt war? * So habe ich ZB mehrmals täglich nur Biomilchprodukte gegessen, sowie 2x wöchentlich Bioeier. Unser Bio Bäcker macht seine Brote ohne Jod, was ich allerdings erst jetzt weiss. Es gab zwar auch immer einmal die Woche Fisch, jedoch nur den eher jodarmen Lachs. Gemüse und Obst habe ich täglich gegessen. Jodsalz haben wir öfters aber nicht immer verwendet. Es gab auch sehr oft den irischen Cheddar Käse, der leider auch gar kein Jod enthält :-( Insgesamt habe ich die von der WHO empfohlene Jodzufuhr von 230 Mikrogramm täglich sicherlich nicht erreicht. Ich mache mir im Nachhinein grosse Vorwürfe. Ich wollte eigentlich alles richtig machen und dachte mir, dass ich mit einer gesunden Ernährung mehr erreiche als mit Nahrungsergänzungsmitteln. Leider hatte ich mich bezüglich des Jods nicht richtig informiert. Ich dachte einmal pro Woche Fisch würde reichen... Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen und Ihre Einschätzung im Voraus. Und bitte entschuldigen Sie den langen Text!

von Lilly2015 am 28.08.2018, 07:33



Antwort auf: Studie Jodmangel

Ihre Fragen sind schon sehr speziell und ich meine, dass ich nicht der richtige bin, um sie ganz professionell zu beantworten. Das ist keine falsche Bescheidenheit, aber ich bin nunmal einer der ganz wenigen Professoren, die nicht alles wissen... Hoffe, dass ich Sie damit nicht zu sehr enttäusche... Ein Paar Aussagen möchte ich aber trotzdem machen. Wenn die TSH-Werte immer im Normbereich waren und die Schilddrüse nicht größer geworden ist, können Sie davon ausgehen, dass die Schilddrüsenhormone in ausreichender Menge vorhanden waren. Nur wenn die Schilddrüse zu wenig Thyroxin produziert, "kommt die Meldung" vom übergeordneten Organ, der Hypophyse, dass mehr Hormone zu produzieren sind. Der "Überbringer dieser Meldung" ist das TSH. Um genug Schilddrüsenhormone herzustellen, braucht der Körper Jod. Mit anderen Worten dürfen Sie davon ausgehen, dass in Ihrem Körper Jod in auseichender Menge vorhanden war, weil die Konzentration der Hormone im Blut normal waren. Dafür spricht zum Beispiel, dass Sie Jod in Tablettenform eingenommen, Fisch und Milchprodukte gegessen haben. Nach meiner Einschätzung haben Sie Jod in ausreichender Menge zu sich genommen. Zur Studie will ich mich nur dahingehend äußern, dass sie wissenschaftlich als wertvoll einzustufen ist. Sie ist ja auch in einer der weltbesten Zeitschriften veröffentlicht worden, in der Publikationen durch hochrangige Wissenschaftler überprüft werden, bevor sie zur Publikation angenommen werden. Schwäche aller solcher Studien zur Ernährung ist, dass sie nicht alles berücksichtigen können, was ein Mensch isst, wie er lebt, wie viel er sich bewegt, Sport treibt, etc. Aber trotzdem liefert diese Studie wichtige Hinweise. Dieses "Nord-Südgefälle" bei der Jodversprgung gibt es in Deutschland schon lange nicht mehr. Das dürfte in erster Linie damit zusammenhängen, dass wir überall in Deutschland Speisen konsumieren, die eben von überall kommen... Man kann also auch nicht sagen, dass Menschen in irgendeiner Region Deutschlands intelligenter sind als in einer anderen, nur weil der Boden einer Region weniger Jod enthält. Das wäre zu einfach gedacht und auch nicht richtig. Wie ich eingangs schrieb, sollten Sie vielleicht doch mit einem Endokrinologen sprechen - diese Experten wissen ganz sicher mehr über Jod, Schilddrüse, etc. als ich selbst.

von Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa am 01.09.2018