Frage: Sorgen wegen Essen

Sehr geehrter Herr Prof. Costa, vorab vielen Dank für Ihre Geduld bei der Beantwortung von hysterischen Fragen wie meinen. Leider mache ich (23. SSW) mir sehr viele, wahrscheinlich übertriebene Sorgen wegen des Essens. Überall sehe ich Infektionsquellen (oder, wie mein Mann sagt: Das Salatblatt des Todes). Da ich beruflich häufig auswärts esse (täglich Kantine und 2-3 Mal pro Woche vom Kunden vorbestellte Menues im Restaurant), erwische ich regelmäßig Speisen mit einzelnen Komponenten, vor denen in der Schwangerschaft gewarnt wird. Allein diese Woche z.B. eventuell vorgeschnittenen Salat, Räucherforelle, ungeschälte Gurken… (Immerhin vor Wein und Käseplatte kann ich mich erfolgreich drücken.) Das Essengehen ist ein wichtiger Bestandteil meines Berufs, so dass ich nicht in Gänze darauf verzichten oder Komponenten auf dem Teller aussortieren kann. Meine größte Sorge ist, dass ich mich unbemerkt insbesondere mit Listeriose infizieren könnte und dies zu großen Schäden beim Kind führt. (Am liebsten würde ich nur noch Astronautennahrung zu mir nehmen und vorsorglich Antibiotika schlucken – beides ist in der Realität natürlich keine Option.) 1) Muss ich mir insbesondere wegen des Stücks Räucherforelle Sorgen machen (ich glaube, sie war kalt geräuchert)? 2) Wie hoch schätzen Sie das Listeriose-Infektionsrisiko ein (in der Literatur habe ich alles Mögliche von 1:8.300 (in den USA) bis zu 600 Fälle pro Jahr (in Deutschland bei ca. 80 Mio. Einwohnern) gelesen), und ist dieses tatsächlich durch meine suboptimale Ernährung signifikant erhöht? 3) Gehen die Listeriose-Fälle in Deutschland auf konkrete Quellen (z.B. Nahrungsmittelrückrufe) zurück, oder sind es eher Einzelfälle ohne nachvollziehbaren Infektionsherd? 4) Kommen im medizinischen Alltag zunächst nicht erkannt Listeriose-Fälle während der Schwangerschaft mit einer Schädigung des Kindes Ihrer Erfahrung nach vor? 5) Mein Verständnis ist, dass es keinen aussagekräftigen Test auf Listeriose gibt und eine Infektion auch ohne starke Symptome bei der Schwangeren verlaufen kann. Ohne expliziten Verdacht wird (anders als z.B. bei Toxoplasmose) nicht getestet. Oder? Vielen Dank für Ihre Expertenmeinung und ein frohes Osterfest!

von vb123 am 24.03.2016, 18:11



Antwort auf: Sorgen wegen Essen

Meinte Ihr Mann vielleicht den Film "Sing´ mir das Lied vom Salattod"?... Nun denke ich, dass Sie generell beim Essen mit Kunden sich dadurch aus der Affäre ziehen können, dass Sie eben Salate und gut durchgebratenes/gekochtes Essen wählen. Das muss "drin sein", bei so einem Essen, finde ich. Zu Ihren Fragen: 1. Die kalt geräucherte Forelle ist nicht ganz "sauber", aber eine sehr hohe Gefahr geht davon nicht aus. Meiden Sie sie aber künftig doch lieber. 2. Das Infektionsrisiko mit Listerien ist in der Schwangerschaft erhöht, aber eine Listeriose ist in der Schwangerschaft bei uns sehr selten. Man schätzt, dass es 40-60 Fälle pro Jahr gibt. Das ist das, was wir wissen und wir können nicht ausschließen, dass nicht alles erkannt bzw. gemeldet wird. 3. Es gibt beides, also sowohl Hinweise auf die Ursache als auch solche Fälle, in denen wir die Ursache nicht finden. 4. In meiner ganzen Karriere habe ich nur sehr wenige Fälle mit einer klaren Listeriose und einem geschädigten Kind gesehen. An unserer Klinik (mehr als 1200 Geburten jährlich) kommt das alle 2-3 Jahre vor. Es ist also sehr selten. 5. Die Tests eignen sich nicht, um Reihenuntersuchungen durchführen zu können. Auch bei einem klaren Verdacht ist es nicht einfach, Listerien oder Antikörper im Blut nachzuweisen. Eine Infektion kann auch unbemerkt ablaufen. Leider.

von Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa am 25.03.2016