Wie abstillen ohne der Bindung zu schaden?

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Wie abstillen ohne der Bindung zu schaden?

Guten Tag Herr Dr. Nohr, mein Sohn ist 21 Monate alt. Er isst bei uns mit, die Menge ist sehr übersichtlich. Daher stille ich noch immer häufig Tag u Nacht. Das kann und möchte ich nicht mehr. Nun versuche ich das stillen im ersten Schritt zu reduzieren, aber je mehr ich es versuche , umso mehr fordert er es ein. Er isst nun seit drei Tagen gar nichts mehr und will quasi rund um die Uhr stündlich stillen. Wenn ich ihm erkläre, dass er doch essen kann, wird er so verzweifelt und ruft „Mama nein“. Er weint so bitterlich als ginge es um sein Leben. Ich kann das nicht aushalten und gebe nach. Denn sein weinen macht mich unglaublich wütend und aggressiv. Ich fühle mich als Versagerin, die es nicht schafft „durchzugreifen „. In dieser Situation geduldig zu bleiben, verlangt mir alles ab. Ich habe große Angst ihm und unsere Bindung zu schaden. Er wird bis jetzt nur von mir und meinem Mann betreut und die Bindung zu uns ist sehr gut. Kinderarzt ist keine Hilfe, denn er rät nur zum radikalen Entzug der Brust. Was raten Sie hinsichtlich der Entwicklung und Bindung unseres Sohnes? Radikaler Schritt weil sonst nie ein Ende? Nochmals zurück auf Anfang und dem Essen keine Bedeutung schenken und meine Bedürfnisse zurück stellen? Ich bin einfach nur verzweifelt und will nichts falsch machen, was ihn „brechen „ könnte. (Schnuller/Flasche wird nicht angenommen). Danke für Ihre Zeit und Arbeit hier.

von Mamakastaniebaum am 19.04.2018, 12:45



Antwort auf: Wie abstillen ohne der Bindung zu schaden?

Gute und sichere Bindung entsteht in diesem Alter nicht nur durch Wunscherfüllung, sondern auch durch die Erfahrung, miteinander schwierige Situationen zu meistern. Frustrationen werden immer wieder stattfinden. Ein schrittweises Abstillen (immer mal wieder geht es ja) mit 21 Monaten mag für Ihren Sohn frustrierend sein, aber wenn er es im Kontakt erlebt, mit Ihrer verständnisvollen Unterstützung bei sachlicher Klarheit (z.B. ich weiß, dass du jetzt am liebsten die Brust hättest aber das geht leider nicht mehr und wenn du Hunger hast.....) wird er gerade erleben, dass sie diese schmerzliche Erfahrung nicht trennt. Mit dieser Ihrer Einsicht ist es auch etwas leichter, den bitterlichen Schmerz, den ihr Sohn in dem Moment erlebt, miteinander zu überstehen. Aber es ist ein Trennungsschritt, für beide. Es könnte auch gut sein, dass in solchen Situationen was Besonderes mit dem Vater reizvoll ist, und damit dessen Rolle auch gestärkt wird. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 20.04.2018



Antwort auf: Wie abstillen ohne der Bindung zu schaden?

Hallo Kastanienbaum, ich kann Dir nur aus meiner Erfahrung schreiben: ich habe meine erste schrittweise abgestillt (erst nicht mehr tagsüber, dann nur noch morgens und abends zum Einschlafen), bis sie drei war. Das ging gut. Die zweite konnte das überhaupt nicht akzeptieren und hat die Nächte nur geschrieen. Erst, als ich sie dann völlig abstillte (ich war schwanger und es tat wirklich weh), hat sie es innerhalb kurzer Zeit akzeptieren können. Vielleicht ist es tatsächlich schwer für Deinen Sohn, mal ja mal nein zu erleben. Kannst Du mit ihm feste Zeiten ausmachen? Eben z. B. abends zum Einschlafen nur noch. Ausserhalb wird nicht gestillt. Wenn er dann weint, bist Du oder Dein Mann liebevoll für ihn da, aber eben ohne Brust. Ich wünsche Dir alles Gute. Der Bindung wird es nicht schaden.

von AnnaC am 20.04.2018, 10:54



Antwort auf: Wie abstillen ohne der Bindung zu schaden?

Hallo M, falls ihr im Moment "immer und überall" stillt, wäre es vielleicht ein erster Schritt, das nur noch in einem bestimmten Zimmer und in bestimmten Zusammenhängen zu tun. Also zb nur noch nach den Mahlzeiten oder nur noch vorm Schlafen. Vielleicht kannst du so die "Verlockung zwischendurch" etwas verhindern. Ich habe so abgestillt, indem ich am Ende meinen Sohn einfach in einem anderen Zimmer ins Bett brachte als das, in dem ich ihn vorher in den Schlaf gestillt hatte. Das klappte gut. Ansonsten möchte ich noch grundsätzlich sagen dass jede Veränderung, die nicht vom Kind ausgeht, etwas anstrengend sein kann. Aber auch deine Bedürfnisse sind sehr wichtig und dein Kind wird die neue Situation sicherlich viel schneller akzeptieren als du jetzt glaubst - wenn du nur dahinter stehst und es konsequent durchziehst. Liebe Grüße und viel Erfolg!

von Bärenmama2016 am 20.04.2018, 14:13



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

Bindung Fremdbetreuung

Sehr geehter Dr. Posth,vielen Dank für ihre letzteAntwort zurBindungstheorie.Mir stellt sich noch immer grundsätzlich dieFrage, ob jedes Kind, welches in die frühe Fremdbetreuung ohne wirklich sanfte Ablösung"muss",eine unsichere Bindung entwickelt?Ich gehe eigentlich davon aus, im ersten halbenJahr alles für eine sichereBindung für meineKinder get...


unsichere Bindung

H Hr. Dr. Posth, vielen Dank für Ihre Antw. letzte Wo. Ich mache mir Sorgen, dass eine unsichere Bindung bei unserer To (Kasierschnitt) vorliegt. Ihre Beschreibung in Ihrem Buch auf Seite 95 (Gefühle regieren den Alltag), trifft absolut auf unsere To zu. Sie hat in den ersten 3 Monaten sehr viel geweint, habe Sie immer getragen, trotzdem hat Sie of...


http://www.rund-ums-baby.de/entwicklung/Bindung-bei-Reflux-Schmerzen_54589.htm

Lieber Herr Posth, vielen Dank für Ihre Antwort. Das Verhalten bzgl. Überdrehtheit u. Aggression hat sich seit der Gabe v. Omep. gebessert. Daher glaube ich, dass die Ursache eher bei seinen körperl. Problemen liegt. Auch die Sandifer-Symptomatik ist deutlich zurückgegangen. Er hatte auch nie einen dauerhaften Torticollis, sondern immer „nur“ s...


Auswirkung Elternzeit u. FST auf Bindung/LL

Hallo Herr Posth, mein Mann wird im 13. und 14. Lebensmonat unseres Sohnes in Elternzeit sein und freut sich sehr darauf. Aber ist das überhaupt sinnvoll im Hinblick auf die LL? Wenn nun die LL gerade während der Elternzeit voll in Gang kommt (Sohn hängt jetzt schon sehr an s. Papa), kann es dann für unseren Kleinen nicht sehr schwer werden, wen...


BINDUNG

Sehr geehrter Posth,kann man bei einem 6monate alten baby schon Zeichen unsicherer Bindung erkennen?wie würden diese aussehen?unser Sohn(in großfamilie aufgewachsen) ist bei jedem gern auf dem. Arm auch bei weniger vertrauten Personen(grosstante,die bei der Taufe da war).wenn er mich dann wieder sieht,zeigt er zwar ein lächeln,aber irgendwie nicht ...


Bindung zur 4 jährigen verlieren

Guten Abend, eigentlich war unser Verhältnis sehr gut. Umso älter sie wird, umso mehr hab ich das Gefühl, die Bindung zu ihr zu verlieren. Keine Ahnung,  wann es anfing. Das prägenste ( ich glaub ) erste Erfahrung: ich brachte den Bruder mit aus dem Krankenhaus. Sie war Feuer und Flamme für ihn. Mein Mann ist auch der beste. Ich wurde die ersten 2...


Unsichere Bindung?

Guten Tag! Ich habe langsam Bedenken, ob die Bindung zu meinem aktuell 19-monate- alten Sohn nicht Schaden einnimmt. Ich bin Ärztin und im Schichtsystem tätig, das heißt, ca. 6 Nachtdienste monatlich vor Ort. Mein Mann berichtet seit 4 Monaten über teils massive Schlafstörungen beim Kleinen, wenn ich auf Arbeit bin, mittlerweile frage er abends...


Übertriebene oder berechtigte Sorge bzgl. Bindung zu Baby

Hallo Frau Henkes, ich mache mir sehr viele Gedanken um die Bindung zu meinem 6 Monate alten Sohn und bin inzwischen durch diverse Meinungen so verunsichert, dass ich nicht mehr weiß, ob meine Sorgen und Ängste übertrieben oder berechtigt sind. Generell neige ich leider zum Perfektionismus und übertrage das auch auf die Mutterrolle, obwohl ich ...


Unsichere Bindung? Extremes Fremdel- und Anhänglichkeitsverhalten (11 Monate)

Sehr geehrte Frau Henkes, ich mache mir in letzter Zeit vermehrt Sorgen über die Bindung zu meiner Tochter M., die jetzt 11 Monate alt ist. Ich habe mir gerade den Artikel Ihres Kollegen Dr. Rüdiger Posth „Das emotionale Bewusstsein“ durchgelesen, speziell das 2. Kapitel zu Fremdeln und Anhänglichkeit (https://www.rund-ums-baby.de/entwicklun...


Bindung und Urvertrauen zum Baby

Liebe Frau Henkes, mein Sohn ist 6 Wochen alt und die Schwangerschaft war geprägt von Ängsten, Zweifeln und Ablehnung gegen ihn. Ich habe auch mehrfach gesagt, ich hasse ihn und es war keine Bindung da. Nach der Geburt war etwas Bindung da und er ist auch ein niedliches Baby. Ich versorge und stille ihn,  versuche ihm alles mögliche zu geben...