Trotzanfall wie richtig begleiten?

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Trotzanfall wie richtig begleiten?

Guten Abend Herr Dr. Nohr, unser Sohn ist nun etwas über 2 Jahre alt. Seit er etwa 14 Monate alt ist, kommt immer mal der Trotzkopf durch. Meist sind es “klassische“ Situationen, dass er etwas nicht an- oder ausziehen möchte oder er etwas tun oder nicht tun möchte. Grundsätzlich kommen wir damit gut klar und begleiten ihn mit Ruhe und Gelassenheit dadurch. Nun hatte er aber innerhalb weniger Tage jeweils einen “großen“ Anfall, bei dem wir nicht gut einschätzen können, inwieweit das noch “normal“ ist und auch, wie wir ihn hierbei gut begleiten können. Beide Male hat er sich in einem Zeitraum von 30 - 45 Minuten quasi heiser geschrien, geschwitzt und geweint. Er ist wirklich außer sich. Man darf ihn dann nicht anfassen, angucken, ansprechen, aber gleichzeitig auch nicht loslassen. Egal was man macht, es ist falsch. Selbst, wenn man das macht, was er gerade eben noch wollte, ist es dann in genau dieser Sekunde falsch. Ablenkung, wie noch vor ein paar Wochen, funktioniert gar nicht. Fast habe ich das Gefühl, es ist ähnlich wie die Schreistunden bei einem Säugling, quasi das er alles einmal los werden muss. Aber es ist schwer auszuhalten. Ich erkenne ihn gar nicht wieder und er tut mir so leid. Heute hatte er von heute morgen an keinen guten Tag. Er hat wohl in der Krippe oft geweint. Leider haben sie mich nicht angerufen und ich habe ihn zur normalen Uhrzeit geholt. Aktuell brütet er zudem vermutlich einen Infekt aus, er ist ein bisschen schlapp, isst nicht gut, weitere Zähne scheinen sich anzukündigen und er macht sprachlich große Entwicklungssprünge. Er wird noch morgens und abends/ nachts gestillt. Ich weiß, dass das sich Trotzanfälle nicht per se vermeiden lassen, vor allem wenn das Kind müde ist und es mir heute einfach nicht gut gelungen ist, es vorher abzufangen, aber sind solche Schreianfälle, wo er nicht er selbst zu sein scheint normal? Es war heute dann von einer Sekunde zur anderen wieder in Ordnung. Wie kann ich ihn gut begleiten und die Situation deeskalieren und ab wann muss man einen Experten hinzuziehen? Das ist nun ein halber Roman geworden. Bitte entschuldigen Sie. Vielen Dank für Ihre Einschätzung, auch wenn Ferndiagnosen s schwierig sind. Beste Grüße Lene

von Lene2015 am 15.02.2018, 21:55



Antwort auf: Trotzanfall wie richtig begleiten?

Liebe Lene2015, das ist das Problem bei diesen Trotzsituationen. Es gibt keine Lösung, nicht mal das Kind wüsste eine und genau das ist der Konflikt. Es geht um eine altersbezogene Abfuhr von stress und Frust, die Erfahrung, dass es keine befriedigende Lösung gibt. Dies alles nehmen Kinder in diesem Alter zunehmend realistischer wahr. Es mischen sich Ohnmacht, es nicht selbst lösen zu können und Zorn, dass andere ihn nicht retten können. Die Ausprägung ist von Kind zu Kind und von Situation zu Situation unterschiedlich, aber nicht wirklich vermeidbar. Bleiben sie bei ihm, versuchen sie nicht ihn zu überzeugen, bieten sie sich immer mal wieder als Hilfe an. Je mehr sie konkret Einfluss nehmen wollen, desto größer wird oft der Zorn, weil sie ja nie alle Wünsche abdecken können. Beschämen sie ihn nicht, bewerten sie nicht. Das ist die Grundlage. Alles Gute dabei. Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 16.02.2018



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