Babysitter

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Babysitter

Sehr geehrter Herr Dr Nohr, unser Sohn ist inzwischen 7 Monate alt. Da wir keine Verwandschaft in der Nähe haben, leidet unsere Beziehung schon ein wenig unter der mangelnden Zweisamkeit. Daher überlegen wir uns einen Babysitter zu suchen. Unser Sohn soll den Babysitter natürlich auch erst mal kennenlernen und beide sollen sich aneinander gewöhnen bevor wir sie alleine lassen. Wir wollen auch dass der Babysitter dann längerfristig bei uns aufpasst, nicht nur für 1-2 Monate. Der Babysitter soll 1 mal die Woche kommen. Als Mutter mache ich mir aber viele Gedanken ob das nicht doch zu früh ist und ob unser Sohn darunter leidet abgegeben zu werden. Wie schätzen Sie das ein? Vielen Dank! Evfa

von evfa am 31.07.2018, 12:41



Antwort auf: Babysitter

Liebe Evfa, ich kann Ihr Bedürfnis nach Zweisamkeit gut verstehen und es ist auch wichtig für das Paar und die Familie, dass Sie es beachten. Das geht in diesem Alter aber nur, wenn der/die babysitterIn einigermaßen vertraut sind. Das bedeutet nicht, das Kind mal gesehen und auf dem Arm gehabt zu haben, sondern mehrfach einige Zeit in Ihrer Anwesenheit mit dem Kind verbracht haben, sodass eine Wiederkennung möglich ist. Kinder in diesem Alter differenzieren zunehmend fremd und bekannt, was die Situation erst mal nicht erleichtert. Die schwierigen Situationen sind einschlafen und wach werden. Dafür sollte der babysitter ausreichend vertraut sein. Das sollte gewährleistet sein. Dass Sie jederzeit erreichbar sein sollten, ist selbstverständlich. Dann kann es klappen, muß aber nicht. Ich selbst habe das als Jugendlicher gerne gemacht (freies fernsehen, Limo und Kekse) und es ist meist gut gegangen. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 01.08.2018



Antwort auf: Babysitter

7 Monate ist ein gutes Startalter dafür. Erstmal müsst ihr jemanden finden. Das dauert meist auch noch ein wenig. Dann Kennenlernen, gemeinsames Spielen mit dem Kind. Anfangs ist mehrmals die Woche für kurze Zeit gut, damit das Kind sich an die Person gewöhnen kann (bsp 2-3× je 1-1.5h). Ich habe es meist so gemacht, dass ich anfangs mehrmals die Woche kam. Die ersten 2-3mal war ein Elternteil mit dabei. Danach ging es mal zur Toilette, in die Küche,...(ca. 5 Minuten weg). Beim 3./4. Mal trennten wir für ca. 30 Minuten. Entweder spielte ich mit dem Kind im Haus oder (gerade bei gutem Wetter) ging ich mit dem Kind spazieren. Das klappte immer super. Und wenn nicht wäre ich vorzeitig zurück gekehrt, da das Elternteil zu Hause ist. Je nachdem wie das Kind es mitgemacht hat Ausweitung der Zeiten (auf 1h). Oder so lassen (falls es so mittelmäßig verlief, also wieder 30 Minuten). Oder wenn es nicht gut ging nochmal Zeit mit Elternteil ohne Trennung. In 2-3 Wochen mit je ca. 2-3 Treffen könnte es schon soweit sein, dass das Kind 2 Stunden mit dem Babysitter verbringt ohne Beisein der Eltern. Hierbei gehe ich von einer Zeit aus wo das Kind wach ist. Gerade bei jungen Kindern kommt es aber auch vor, dass diese im Kinderwagen einschlafen. Prinzipiell ist das Schlafen legen zu Hause nochmal eine besondere Hürde. Hier habe ich gute Erfahrungen damit gesammelt, dass ich einmal zuschauen konnte wie ein Elternteil es macht. Beim nächsten Mal habe ich es gemacht. Wobei es da auch Kinder gab, wenn ein Elternteil da war wollten sie es nicht von mir gemacht haben. War dieses weg ging es ohne Probleme. Prinzipiell ist es meist so: sind die Eltern weg lässt das Kind sich problemlos schlafen legen, ..... Kinder können zwischen Eltern und Babysitter gut unterscheiden. Nach den ca. 2-3 Wochen wo ihr euch im bestfall mehrmals die Woche gesehen habt kann es auch auf 1-2 Mal die Woche gekürzt werden. Das Kind hat sich dann an die Person gewöhnt. Und es geht dann auch durchaus so, dass eine Übergabe gemacht wird bzgl was mit dem Kind ist, was es ggf noch machen soll (aber lieber nicht so viele Anforderungen stellen. Lass dem Babysitter Freiräume). Und dann geht das Elternteil oder die Babysitterin geht mit dem Kind spazieren. Trotz Eingewöhnung kann es immer wieder Phasen geben wo das Kind meckert/weint wenn die Babysitterin kommt bzw wenn das Elternteil geht. Das ist nichts negatives, sondern normal. So welche Phasen gibt es immer wieder, durchaus auch nach Jahren noch. Eine Babysitterin für langfristig ginde ich super. Ich habe fast 10 Jahre in einer Familie auf 2 Kinder aufgepasst (am Ende fast 7 und fast 11 Jahre. Somit einmal von Geburt an und einmal wenige Tage nach dem 1.Geburtstag). Ich bin zum Familienmitglied geworden und wir haben sehr gute Zeiten erlebt (Geburtstage, Taufe, Geburt, Kigastart, Schulstart, Betreuung während Urlaub,...), leider aber auch schlechte Zeiten (schwere Krankheit, tot) gemeinsam überstanden. Für die Kinder hatte es nur Vorteile jemanden wie mich zu haben (mind. 1×Woche, aber auch mal 4×Woche für mind. 2h, meist 6-8h oder auch 24h). Ich war für sie wie eine große Schwester, eng verbunden, so dass sie mir auch Dinge erzählt haben wovon die Eltern gar nichts wussten -> Vertrauen. (Vieles habe ich tatsächlich für mich behalten aber manches, wenn notwendig, weil was getan werden musste, auch den Eltern gesagt, aber unter Vorbehalt, dass sie nicht sagen, dass sie es von mir wissen. Das klappte super und so konnte ggf geholfen werden.) Die Trennung (aufgrund beruflicher Gründe meinerseits) tut allen weh und ist für alle schwer. Die Kinder haben inzwischen eine neue Babysitterin, wir sehen uns aber noch regelmäßig (mit dem Großen schreibe ich auch per Whatsapp). Sie müssen mit der Situation umgehen, es fällt ihnen schwer und sie "trauern" mir nach. Zu viel Wechseln ist im übrigen nie gut. Als ich in der Familie anfing war der Große wenige Tage zuvor 1 Jahr geworden und ich war bereits seine 4.Babysitterin. Er hat seine Zeit gebraucht um mir zu vertrauen, denn er dachte im Inneren, die geht sowieso schnell wieder. Als er gemerkt hat, dass es nicht so ist, wurde unsere Bindung enorm.

von Ani123 am 20.08.2018, 00:02