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Liest eigentlich noch jemand Heinrich Böll?

Thema: Liest eigentlich noch jemand Heinrich Böll?

Heute ist in der Zeitung ein großer Artikel anlässlich des 100. Geburtstages von Heinrich Böll. In meiner Jugend habe ich fast alles von Böll gelesen, angefangen mit "DIe verlorene Ehre der Katharina Blum" als Schullektüre (danke, Dr. Popp, für die viele Literatur im Deutschunterricht, so ganz anders als der bestenfalls Ausschnitte-Unterricht meiner Kinder...). Aber irgendwie scheint mir Böll ein Autor seiner Zeit zu sein, seine Anliegen und Themen interessieren heute niemanden mehr. Mit den 80ern war es dann vorbei. Sein sprachliches Können taugt wohl ebenfalls nicht zum Klassiker. Ich habe keinerlei Bedürfnis, ein Buch von ihm noch mal in die Hand zu nehmen, oder meiner viel lesenden großen Tochter eines nahezulegen. Also, liest oder mag noch jemand Bücher von Heinrich Böll? .

von Tai am 18.12.2017, 12:38



Antwort auf Beitrag von Tai

Hej Tai! Das ist mal eine gute frage! ich habe gestern eine Dokumentation spätabends über ihn gesehen, in der anschließend gesagt wurde, er sei ein moderner Autor, der in gut verständlicher Sprache auch noch für heute aktuelle Themen habe. Im Lesekreis habe ich die Katharina irgendwann mal eineplant, da hatten wir ein gutes Gespräch über die Macht der Presse, auchw enn die meisten hier die RAF bestenfalls als geschichtliche Randerscheinung im Ausland erinnern. Und in der Tat habe ich mit meinen Deutschschülern gerade die Geschichte von der Moral der Arbeit gelesen - wenn die heutzutage nicht paßt, weiß ich nicht. ich bin sehr dafür, ih naus der Versenkung zu holen - er hat viele Themen des Dtld. der Nachkriegszeit, der 70er Terroristenjahre und ja, sogar ein bißchen der Frauenfragen aufgearbeitet. Er gehört mit Brecht, Grass, Hesse, Lenz und Mann zu den ganz großen der Literatur des 20. Jahrhunderts und ist viel besser lesbar als viele der übrigen Nobelpreisträger. Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 19.12.2017, 14:51



Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

kommt das Portrait von 2017 noch einmal. Ich fand es interessant, aber Böll macht mich auch nostalgisch, weil wir ihn viel in der Schule gelesen haben und meine Studienabschlußarbeit auch teilweise sein "Gruppenbild mit Dame" zum Thema hatte. Aber irgendwie ist sein Lebenslauf auch viel Zeitgeschichte! Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 19.12.2017, 19:02



Antwort auf Beitrag von Tai

Ich habe ihn früher sehr gerne gelesen, genau wie Lenz oder Hesse (und Frisch und Dürrenmatt). Aber irgendwie ist diese Zeit vorbei für mich. Es ist auch durch nichts ersetzt worden, denn in so schlichter Sprache zeitkritisch, da fällt mir eigentlich nur Julie Zeh ein, und da vermisse ich eine vergleichbare Tiefe. Fällt Euch ein heutiger, vergleichbarer Autor ein?

von tonib am 19.12.2017, 19:32



Antwort auf Beitrag von tonib

Das ist eine ebenso gute Frage. ich habe auch das Gefühl, Schriftsteller wie damals gibt es einfach nicht mehr (#hnlich wie Politiker etc.) Frisch war seit meiner Gymnasiumszeit mein Lieblingsschriftsteller - da war nichts seicht oder dahingeschrieben --- und doch las ich es liebend gern. Das Tagebuch aus den 40ern/50ern gehört immer noch zu meinen liebsten Büchern. Juli Zeh --- die lesen wir jetzt auf meine Anregung im Lesekreis, ich bin gespannt --- gehört habe ich ebernso viel gutes über sie wie über Christoph Hein, den ich daraufhin auch schon vorgeschlagen habe. Mal schauen. Und Kehlmann wird dann auch noch oft genannt, nun ja, ehrlich gesagt kenne ich auch nur die Vermessung der Welt... hm. Kommt das nun wirklich so an Böll, Grass und Lenz heran, an Brecht oder Kästner? Dabei wären die Zeiten ja durchaus geeignet, wieder mal solche Verfasser zu haben, die nachhaltig eine Art Gewissen der Nation sein können. Tja, alles ist kurzlebiger, anders geworden --- nun trauern wir schon den "guten alten Zeiten" hinterher . Aber die Bücher gibt es ja noch, und wie gesagt, so manches von Böll ist immer noch aktuell und lesenswert! Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 20.12.2017, 13:58