Für alleinerziehende Eltern

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Geschrieben von lucile am 14.03.2004, 8:59 Uhr

Hinderungsgründe väterlicher Partizipation - auch mal ein interessanter Blickwinkel

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Matzner, Michael (1998): Hinderungsgründe väterlicher Partizipation, In:
Vaterschaft heute - Klischees und soziale Wirklichkeit, Frankfurt/Main; New
York: Campus, S. 78 - 83


III. Die Situation der "miterziehenden" Väter im Kontext von Beruf und
Familie



6. Hinderungsgründe väterlicher Partizipation

Die empirischen Daten sprechen eindeutig dafür, daß sich die Mehrheit der
Mütter und Väter heute an einem partnerschaftlich gekennzeichneten Konzept
von Familie und Elternschaft, und damit auch von Vaterschaft, orientiert.
Dies gilt insbesondere für die Ebene der Einstellungen. Jedoch setzen nicht
alle dieser partnerschaftlich orientierten Väter diese Einstellung in
konkretes Handeln um. Neben den "aktiven" Vätern existiert eine weitere, in
ihrer Größe nicht genau bekannte Gruppe von Vätern, die sich weniger um ihre
Kinder kümmern bzw. sich auf traditionell "männliche" Betreuungs- und
Erziehungsfunktionen beschränken. Damit stellt sich die Frage, was die
Einflußfaktoren väterlicher Partizipation sind.
Es sei hier schon vorweg mitgeteilt, daß die Frage nur zum Teil beantwortet
werden kann. "Noch immer ist die Diskrepanz zwischen egalitärer Einstellung
und geschlechtsrollenspezifischem Verhalten ... ein mangelhaft erklärter
sozialer Tatbestand" (Garhammer 1996: 331). Eine Auswertung diverser
Datensätze mit umfangreichen Stichproben durch Garhammer ergab im
Unterschied zu früheren Erkenntnissen, daß Bildung und Alter des Mannes
keinen Einfluß auf dessen Beteiligung an der Haushaltsproduktion hätten. Den
größten Einfluß übe die berufliche Beanspruchung des Mannes aus. Daneben
spielten der relative Beitrag der Frau zum Familieneinkommen sowie die
Geschlechtsrollenorientierung des Mannes eine gewisse Rolle. "Allerdings
erklären diese Variablen nur einen geringen Teil der Streuung in der
Verteilung der Hausarbeiten" (ebda.).
Diese Folgerung läßt sich auch für die Beteiligung des Vaters an der
Kinderbetreuung ziehen. Deswegen konzentrieren wir uns im folgenden auf den
Haupteinflußfaktor Erwerbstätigkeit sowie auf einen weiteren, häufig nicht
beachteten Faktor, nämlich das Verhalten der Mütter.
Analysen zu den Einflußfaktoren väterlicher Partizipation werden oft so
vorgenommen, indem das väterliche Verhalten von Familien mit traditioneller
bzw. nichttraditioneller Rollenteilung miteinander verglichen wird (Vgl.
Fthenakis 1988a: 151ff.; Vgl. Schmidt-Denter 1984: 179). Trotzdem man
keinesfalls die große Bedeutung der Familien mit nichttraditioneller
Rollenteilung als Schrittmacher sozialen Wandels verkennen sollte, trifft
Schmidt-Denters (1984: 179ff.) Kritik einer solchen analytischen
Vorgehensweise zu:
"Besteht die Problemstellung jedoch darin, Gruppierungen vorzunehmen, die
für die soziale Welt der gegenwärtigen Kindergeneration charakteristisch
sind, so eignet sich eine Klassifizierung in eine kleine hochselektive
Gruppe nicht-traditioneller Väter im Gegensatz zu den vermeintlich
traditionellen Vätern nicht. Sie führt kaum zur Reduzierung der großen
Intra-Gruppen-Varianz und stellt keine angemessenen Zustandsbeschreibungen
dar" (ebda.: 181).
Es scheint sinnvoller zu sein, sich mehr auf die "partnerschaftlichen" bzw.
"aktiven" (Schmidt-Denter) als auf die "nichttraditionellen" Väter zu
konzentrieren. Es ist davon auszugehen, daß eine "nichttraditionelle
Rollenteilung" im Sinne eines Rollentausches oder einer Rollensymmetrie auch
in nächster Zukunft nicht die Regel sein wird. Die gesellschaftliche
Organisation der Erwerbsarbeit erschwert oder verhindert dies. Außerdem
streben nicht wenige Väter und Mütter dies gar nicht nicht an. Sie
bevorzugen mehrheitlich noch immer eine "Kinderpause" der Frau.

Der Einfluß der Erwerbstätigkeit

Die gesellschaftliche und damit auch familiale Organisation der Arbeit hat
den größten Einfluß auf die väterliche Partizipation. Der Vater ist in fast
allen Familien der Haupternährer und verfügt damit über weniger Zeit für die
Beteiligung an der Betreuung und Erziehung der Kinder. Die Geburt von
Kindern führt in fast allen Fällen zu einer Aufgabe oder Verminderung der
Erwerbstätigkeit der Mutter. Diese ist auch das Ergebnis einer, im
ökonomischen Sinne, rationalen Entscheidung der Eltern. Die Erweiterung der
Familie führt zu höheren Ausgaben, die mindestens ein Haupternährer
erwirtschaften muß. Dies ist fast immer der Vater, da er häufig über das
höhere Einkommen verfügt. Eine "halbe-halbe"-Teilung von Familienarbeit und
Erwerbsarbeit wird von vielen Vätern und Müttern nicht gewünscht. Dort wo
sie gewünscht wird, scheitert sie oft am geringen oder nicht vorhandenen
Angebot von attraktiven, den wirtschaftlichen Bedarf der Familie sichernden
Teilzeitarbeitsplätzen. Die Organisation der Arbeitswelt ist eindeutig am
Modell der traditionellen geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung orientiert,
was dazu führt, daß der Vater ein "Freizeitvater" ist. Diese Problematik
wird seit Jahren sehr ausführlich diskutiert. Es werden viele Vorschläge und
Modelle zur Veränderung der Situation gemacht.
Die Diskussion (U.a.: Vgl. Beck 1986: 121ff; Vgl. Beck-Gernsheim 1989:
179ff; Vgl. Dies. 1992: 37ff; Vgl. Broszka u.a. 1990; Vgl. Bundesministerium
für Familie und Senioren 1994 a, b; Vgl. Garhammer 1996; Vgl.
Gliedner-Simon/Jansen 1995: 207ff; Vgl. Kaufmann 1995: 128ff; Vgl. Prenzel
1991: 104ffi; Vgl. Raisch 1986: 143ff.; Vgl. Sauerborn 1992: 735ff.; Vgl.
Schneider 1989: 118ff.; Vgl. Schweizer 1986: 103ff.) kann hier nicht
ausführlich dargestellt werden. Es sollen nur die wesentlichen Forderungen
aufgezählt werden: Zeitliche Flexibilisierung der Arbeit,
Teilzeitarbeitsplätze für Väter und Mütter, Steigerung der Akzeptanz des
Erziehungsurlaubs durch die Väter, Geburtsurlaub für Väter,
"Männerförderung" im Sinne einer Politik der "Neuen Väterlichkeit", Ausbau
von Kinderbetreuungseinrichtungen. Alle diese Vorschläge zielen darauf hin,
daß die Frage der Vereinbarung von Beruf und Familie, bisher ein reines
Mütterthema, auch zum Thema der Väter wird. Es wird die, "symmetrische
Familie" (Schweizer 1986: 104) gefordert.
Trotz vereinzelt zu beobachtender Verbesserungen ist es bislang noch nicht
zu tiefgreifenden Veränderungen gekommen. Bei vielen Adressaten der
Forderungen in Unternehmen, Gewerkschaften und Politik existiert anscheinend
kein echter Handlungsbedarf. Eine Analyse gültiger Tarifverträge und
Betriebsvereinbarungen (Bundesministerium für Familie und Senioren 1994a:
99) ergab, daß Väter "stiefväterlich" behandelt werden. "Sie sind nirgendwo
Adressat ausdrücklicher Förderung". Für Unternehmen und Betriebsräte haben
sich familienpolitische Maßnahmen weitgehend auf die beschäftigten Mütter zu
beziehen. Betriebsräte formulieren überwiegend keinen Anspruch, Väter zu
motivieren, Teilzeitarbeit, Freistellung etc. in ihre Berufslaufbahn
einzubeziehen" (ebda.: 100). Im Rahmen des Forschungsprojektes
"Vorstellungen für eine familienorientierte Arbeitswelt der Zukunft"
(Bundesministerium für Familie und Senioren 1994b) wurden hierzu auch
Unternehmen befragt. Von den im Jahr 1990 angeschriebenen 10.200 Unternehmen
beteiligten sich nur 12,5%. Die Analyse der Antworten der am Thema
interessierten 1.239 Unternehmen ergab, daß zwei Drittel der Unternehmen die
Einführung bzw. den Ausbau familienorientierter Regelungen mit der
Begründung ablehnen, "daß dies nicht erforderlich sei". In den Unternehmen
mit über 1.000 Beschäftigten war der Anteil der beschäftigten Frauen am
geringsten (22,8%) und gleichzeitig die Auffassung der Nichterforderlichkeit
am größten (82,4%) (Vgl. ebda.: 44). Dies deutet auch darauf hin, daß die
Vereinbarkeit von Beruf und Familie nach Meinung der meisten Arbeitgeber im
wesentlichen ein Frauenthema ist. So glauben 65,6% der befragten
Unternehmen, daß "überwiegend Frauen" an familienorientierten Regelungen
interessiert seien. Nur 15,6% der Unternehmen waren der Meinung, daß dies
Frauen und Männer gleich interessiere (Vgl. ebda.: 35f.). Die Autoren der
Studie nennen als die größten Hemmnisse einer Verwirklichung
familienorientierter Arbeitsplätze "organisatorische Gründe" (70,3% der
Unternehmen), "wirtschaftliche Probleme" (50,9%), "traditionelle
gesellschaftliche Vorstellungen" (24,2%) sowie "gewerkschaftliche
Vorbehalte" (23,1%) (Vgl. ebda.: 44f.). Dies stützt die Erkenntnisse von
Hollstein (1992: 154), nachdem die Väter der "Oberschicht" mit am
deutlichsten "ein Bild traditioneller Männlichkeit", und damit auch von
Väterlichkeit, verfechten und leben. Manchen dieser Entscheidungsträger in
den Unternehmen, aber auch in den Gewerkschaften, wird aufgrund ihrer
eigenen eher traditionellen Einstellungen und Verhaltensweisen der Wunsch
vieler beschäftigter Väter nach familienfreundlicheren Arbeitsbedingungen
vielleicht gar nicht bewußt.
Für die Zukunft lassen sich sowohl pessimistische als auch optimistische
Prognosen wagen. Die zunehmende Knappheit der Ressource Erwerbsarbeit läßt
beides zu. Die verstärkte Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt kann es den
Arbeitgebern erleichtern, daß sich die Arbeitnehmer noch mehr als bisher an
betriebliche Strukturen und Erfordernisse anpassen. Andererseits ist es auch
denkbar, daß es in manchen Fällen aufgrund der Knappheit der Arbeit zu
flexibleren, und damit, als Nebenprodukt, familienfreundlicheren
Arbeitszeitsystemen kommen kann.
Die Ergebnisse der empirischen Untersuchungen verdeutlichten, daß sich beim
Engagement von Vätern schichtspezifische Unterschiede ergaben. Väter der
Mittelschichten kümmern sich mehr um ihre Kinder bzw. übernehmen auch eher
"mütterliche" Aufgaben. Inwieweit dieses Engagement auch die Folge eigener
Sozialisationserfahrungen ist, blieb bisher ungeklärt. Eigene Erfahrungen
mit traditioneller Väterlichkeit könnten diese sowohl reproduzieren als auch
den Wunsch wecken, es anders zu machen.
In nicht wenigen Fällen ist die geringere Beteiligung von Vätern der
"Unterschichten" nicht in schichtspezifischen Sozialisationserfahrungen
begründet, sondern die Folge einer stärkeren physischen Beanspruchung im
Beruf. Körperliche Arbeit, Schichtarbeit und Überstunden führen zu starker
Erschöpfung. Wahrscheinlich verstärken sich in manchen Fällen berufliche
Belastung und schichtspezifische, hier also eher traditionelle
Einstellungen, und führen zu Passivität bzw. Konzentration auf "männliche"
Betreuungstätigkeiten. Die oft genannte Variable Bildung stellt an sich
keine plausible Ursache für oder gegen ein Engagement dar. Dies wird durch
die Passivität eines beträchtlichen Teiles der hochgebildeten Führungskräfte
verdeutlicht (Vgl. Hollstein 1990: 150ff.). Außerdem verfügen gerade Väter
mit hohen beruflichen Qualifikationen über vergleichsweise weniger Freizeit.

Der Einfluß der Mütter

Die geringere Beteiligung vieler Väter an der Betreuung und Erziehung ihrer
Kinder liegt sicher hauptsächlich an den bisher genannten Faktoren.
Allerdings tragen häufig auch Einstellungen und Verhaltensweisen der Mütter
dazu bei. Da dieser Aspekt eher selten thematisiert wird, soll dies hier
ausführlicher geschehen.
Wie die empirischen Daten verdeutlichten, beherrscht die "Tender Years
Doctrine" die Einstellungen relativ vieler Mütter und Väter. Auch wenn sich
ein Teil der Mütter über die zu geringe Beteiligung ihrer Männer beklagt,
muß das nicht bedeuten, daß wirklich eine egalitäre Aufteilung der
Kinderbetreuung erwünscht wird (Vgl. Raisch 1986: 116f.; Vgl. Rohrmann 1994:
282). Diese These kann auch durch folgendes Befragungsergebnis [FN 30]
(Erler u.a. 1983: 132) gestützt werden:
Antwortvorgabe: "Ich könnte mir vorstellen, daß es auch unterschwellige
Eifersuchtsprobleme gibt, wenn mein Mann/ich das Baby voll mitversorgt/
mitversorge ".
52% der Mütter und 40% der Väter sagten "stimmt" bzw. "stimmt ungefähr". 11%
der Mütter und 11% der Väter sagten "stimmt teilweise". 20% der Mütter und
21% der Väter sagten "stimmt kaum" bzw. "stimmt nicht".
Schenk (1996: 147) glaubt, daß die Mehrheit der Mütter "die Chefin im
eigenen Haushalt und bei der Kindererziehung bleiben" will. "Viele Frauen
wünschen sich also eifrigere und vor allem häufiger verfügbare
,Assistenten', als sie es zur Zeit haben - aber die wenigsten wollen
wirklich Väter, die sich so intensiv wie sie selbst in der Elternrolle
engagieren. Denn dann bestände auch die Gefahr, daß sie ihnen als Mütter
Konkurrenz machen".
Die Erwartungen der sozialen Umwelt an die spezifischen Funktionen von Vater
und Mutter tragen zur Entstehung solcher Konkurrenzsituationen bei. Von den
Müttern wird erwartet, daß sie "gute" Mütter sind. Dies bedeutet, vor allem
für die Säuglinge und Kleinkinder der hauptverantwortliche Elternteil zu
sein. In Fällen von Entwicklungsstörungen, Auffälligkeiten oder abweichendem
Verhalten der Kinder wird in der Regel dann auch eher die Mutter mit der
Kritik des sozialen Umfeldes zu rechnen haben.
Nach empirischen Erkenntnissen (Vgl. Schütze u.a. 1982, zit. in: Nave-Herz
1985: 57f.) gibt es durchaus familiäre Konstellationen, in denen nicht nur
traditionell orientierte Mütter, sondern gerade auch "moderne",
emanzipatorisch orientierte Mütter die Kinderbetreuung und -erziehung als
ihre Domäne betrachten.
Diese Mütter waren "in ihren meist akademischen Berufen sehr engagiert
gewesen. Nach der Geburt des ersten oder des zweiten Kindes geben sie den
Beruf auf, um sich ganz den Kindern widmen zu können. An die Stelle des
Berufs tritt die Beschäftigung mit den Kindern. Die Mutterrolle wird
professionalisiert, an wissenschaftlicher Literatur und pädagogischen
Ratgebern orientieren sich diese Mütter darüber, wie man es .richtig' macht.
Gleichzeitig suchen sie die Bestätigung, daß man es als Mutter gar nicht
besser machen kann; die Bestätigung im Berufsleben soll nun ersetzt werden
durch das Bewußtsein, eine kompetente Mutter zu sein, eine 'Supermutter',
wie es in einem unserer Interviews heißt. Schon aufgrund ihrer
'wissenschaftlichen' Ausbildung glauben diese Frauen nicht, daß die
Erziehung allein bei ihnen liegen sollte. Sie sind durchaus davon überzeugt,
daß die Beziehung zum Vater wichtig für die Entwicklung der Kinder ist.
Dennoch wird dem Vater oft sehr subtil, aber unübersehbar bedeutet: nur sie,
die Mutter, kennt wirklich die Bedürfnisse ihrer Kinder, nur auf sie sind
die Kinder letzten Endes angewiesen" (ebda.; Vgl. hierzu auch Schenk 1996:
84ff.).
Vielleicht trägt die Annäherung der weiblichen und männlichen
Geschlechtsrollen zum Phänomen der überbehütenden Mutter bei. Mutterschaft
wird zunehmend "das einzige ..., daß die weibliche Geschlechtsrolle von der
männlichen Geschlechtsrolle absetzt" (Schenk 1994: 54).
In Familien mit "Supermüttern" können die Väter in eher traditionell
orientierten Einstellungen und Verhaltensweisen belassen oder wieder
zurückgedrängt werden. Dies geschieht teilweise auch in den häufiger
anzutreffenden Konstellationen, wo es sich nicht um "Supermütter", sondern
um ganz "normale" Mütter handelt. Weil die "Tender Years Doctrine" in den
Köpfen vieler Mütter und Väter sowie anderer Erwachsener vorherrscht, kommt
es dazu, daß die potentielle Fähigkeit der Väter zu "mütterlichem" Verhalten
sich nur selten entfalten kann.
Es wird nur selten ."abgerufen' weil immer andere Personen anwesend sind,
die sich zuständig fühlen und stets schneller auf den Winzling reagieren -
dann bildet sich bei Männern im Umgang mit Kleinkindern keine große soziale
Kompetenz heraus" (Schenk 1996: 140).
"Es ist nicht der natürliche Vorsprung der Frauen durch das Stillen, der zur
Entwicklung einer einseitigen Arbeitsteilung zwischen den Eltern führt -
obwohl dies wahrscheinlich die Interpretation ist, zu der die meisten Männer
und Frauen neigen würden. Entscheidend ist vielmehr, daß Vater und auch
Mutter von Anfang an so handeln, als ob es eine naturwüchsige Kompetenz der
Frau in Sachen Babybetreuung gäbe. Auf diese Weise erwirbt sie dann schnell
einen tatsächlichen Kompetenzvorsprung" (ebda.: 143).
Die Dominanz der Mütter im Bereich der Kindererziehung und -betreuung wird
in der theoretischen Diskussion vom Paradigma einer "neuen Mütterlichkeit"
begleitet. Der im 19. Jahrhundert entstandene Muttermythos wird wieder neu
aufgegriffen und den Lebensverhältnissen des ausgehenden 20. Jahrhunderts
angepaßt. Teilweise geschieht dies durch Autorinnen, die einerseits die
Abwesenheit der Väter kritisieren, in einigen Fällen aber im gleichen Zuge
aus dieser "Not eine Tugend machen: wozu Väter? Es lebe die 'autonome', ja
'verschmelzende Mutter-Kind-Einheit'!" (Sauerborn 1992: 735; Vgl. auch
Schenk 1996: 198ff.).
Ein Beispiel dafür ist das im Jahr 1987 verfaßte "Müttermanifest" der
"Grünen Frauen". Die Beteiligung der Väter wurde nicht gefordert, die Väter
wurden gar nicht erwähnt (Vgl. Schenk 1996: 211ff.). "Eigentlich steht
hinter dem Müttermanifest ein traditionelles Mutterbild, das ganz ähnlich
auch von den konservativen Parteien oder den Kirchen gemalt sein könnte. Es
gibt nur einen einzigen, aber sehr bedeutsamen Unterschied: die Utopie der
'Neuen Mütterlichkeit' kommt ohne die traditionelle Kleinfamilie, ohne die
Figur des Vater-Ernährers aus" (ebda.: 213). Diese vergleichsweise kleine
Gruppe von Protagonistinnen einer "neuen Mütterlichkeit" hat, wie schon
erwähnt, allerdings einen relativ großen Einfluß in der aktuellen Diskussion
zu Themen wie Alleinerziehen oder Fragen des Kindschaftsrechtes. In
Extremfällen erzeugen sie das Wunschbild einer Gesellschaft, "in der
alleinerziehende Mütter von in vitro gezeugten Kindern sich in kleine
Amazonenkommunen zurückziehen ..." (Lenzen 1991: 241).
Falls diese Utopien einer "neuen Mütterlichkeit" verwirklicht würden, wäre
der Vater "ganz entbehrlich, denn als letzte Stufe der Entwicklung genügt
eine Samenbank, ein Arzt oder noch besser eine Ärztin" (Neuffer 1994: 9).


[FN 30] Es wurden in den Jahren 1980 und 1981 200 bundesdeutsche Mütter und
167 Väter aus den gleichen Familien befragt

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