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Geschrieben von marit am 21.09.2004, 11:15 Uhr

@brad

Hi Brad,

was ich an deinem Posting problematisch fand, war NICHT, daß du die Aufhebung des Kündigungsschutzes für Beamte oder eine bessere Kontrolle des öffentlichen Dienstes forderst, oder auch das Verbot von allzu hohen Abfindungen. Ich bin darauf nicht eingegangen, weil ich diese Forderungen eigentlich für unproblematisch in der Motivation halte (obwohl sie natürlich nicht so leicht "kostenneutral" durchzusetzen sind). Ich bin lediglich auf die Punkte in deinem Posting eingegangen, gegen die ich ernsthaft etwas einzuwenden habe, ist das gleich ein Ausweichen in den anderen Punkten? Also gut, dann jetzt auch eine Stellungnahme dazu: Kündigungsschutz für Beamte abschaffen: von mir aus, aber der Staat wird dabei nicht sparen, weil Angestellte ihn viel teurer kommen als Beamte. Außerdem sind auch Angestellte nach einer gewissen Zeit nur dann kündbar, wenn sie sich grobes Fehlverhalten leisten, der Staat kann ja nicht "aus betriebsbedingten Gründen" kündigen. Im Falle von Fehlverhalten auf seiten der Beamten, kann man ihnen aber auch ihre Bezüge und vor allem Pensionsansprüche entziehen. Ich gebe dir recht, daß man zumindest hier oft härter durchgreifen sollte. Abgesehen davon sehe ich bei dir viel Ressentiment. Du beschwerst dich darüber, daß der Bemate mit dem du telefoniert hast, dir lange zugehört hat. Hätte er dich mit dem Verweis auf seinen vollen Schreibtisch schnell abgefertigt, hättest du dich eschauffiert, weil er, dessen Stelle du mitfinanzierst, schließlich Zeit für dich haben sollte. Auch scheinst du nur die vermeintlich faulen Beamten wahrzunehmen, und die mit hohen Bezügen. Glaubst du im Ernst, daß Dienst bei der Polizei, im Jugendamt, auf dem Arbeitsamt, in der Schule und Hochschule ein lockeres Leben ist, das vornehmlich durch Kaffeetrinken geprägt ist? Wenn du das denkst, hast du inzwischen jeden Bezug zur Wirklichkeit verloren. Übrigens wird Beamten keine einzige ihrer vielen Überstunden bezahlt. Ich bin derzeit "Beamte auf Zeit", d.h. ich werde in 2 Jahren auf jeden Fall entlassen,bekomme dann kein Arbeitslosengeld oder irgendwelche zusätzlichen Pensionsansprüche, wovon du ja immer auszugehen scheinst. Da ich vorher auf derseleb Stelle 2 Jahre als Angestellte beschäftigt war, weiß ich genau, anhand der Lohnabrechnungen, daß ich jetzt den Staat um fast 400 Euro günstiger komme. Ich bin also nach meiner Promotion von der Angestellten auf Zeit zur Bematen auf Zeit "befördert" worden in eine für den Staat geringere Lohnklasse. Klar habe auch ich dadurch etwas mehr netto, das wird aber komplett davon aufgefressen, daß ich mich jetzt privat krankenversichern MUSS. Ich wäre lieber in der für mich günstigeren gesetzlichen KV geblieben, da ich eine chronische Krankheit habe und nun auch meinen vorher familienversicherten Mann und meine Pflegetochter extra absichern muß.
Wo ist nun mein achso toller Vorteil geblieben?

zum Punkt Kontrolle des Öffentlichen Dienstes: Gerne, aber bitte über Stiftungen und private initiativen und nicht wieder über eine andere Organisation, denn die muß dann ja auch wer kontrollieren.

Managerabfindungen- halte ich in der Höhe auch für moralisch verwerflich. Ich fände es gut, wenn man einen Gehalts- und Abfindungsquotienten bilden würde, der sowohl Aktienkurse als auch Löhne im Unternehmen zu einander in Bezug setzt. Ein Gehalt oder eine Abfindung sollte in klarem Bezug zu diesem Faktor stehen.


Nun nochmal zu deinen mannigfaltigen Vorwürfen von unten, dazu zitiere ich dich nochmal:

"Hallo Marit,

Deine Beiträge sind so sehr von Ausflüchten behaftet, teilweise gibst Du auch meine Beiträge in verfälschter Weise wieder, dass es keinen Sinn macht, darauf einzugehen um letztlich in einer Endlosdiskussion zu landen, bei der Du es vor allem darauf anlegst, die von mir ausführlich dargelegten Hauptthemen zu umgehen."
Ich hatte wie gesagt nicht vor, das Hauptthema zu umgehen. Nur hast du dein Posting nicht 'Beamtenschelte', sondern Hatz-4-Horror' genannt und darauf bin ich eben vorrangig eingegangen.


"Ich würde Deine Beiträge sogar als misslungene Ausweichmanöver bezeichnen. Ich habe hier eklatante Gesellschaftsstrukturelle Mängel und deren Ursachen aufgezeichnet. Darüber hinaus habe ich Alternativen zur Beseitigung dieser Mängel aufgezeichnet, die sich im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit bewegen."
Du hast ganz allgemein von "mehr Kontrolle und Aufehbung des Kündigungsschutzes gefaselt, ohne irgendetwas zu konkretisieren

"Ich bin mir durchaus darüber im Klaren, dass ich weder von Beamten noch von Politikern oder anderen “Nutznießern“ dieses Systems Zustimmung bekommen werde." Obwohle ich nun gerade mal zufällig für insgesamt drei Jahre Beamte bin, sehe ich mich nicht als 'Nutznießerin' des Systems. Ich habe mich um eine Stelle beworben, für die ich offensichtlich qualifiziert bin, habe mich gegen andere Bewerber durchgesetzt und mache nun diesen zeitlich begrenzten Job, genau wie Nichtbeamte auch.

"Und dennoch, die Zustimmung ist groß. Ich wünsche Dir nicht, in die Situation zu kommen oder kommen zu können, bei der Du in die Arbeitslosigkeit gerätst, keinen Job findest, und nebst Mietzahlung (die krasse Grenzen hat) von ca. 330 Euro im Monat Dein zukünftiges Leben bestreiten mußt."
Das mußt du mir nicht wünschen, denn solche Zeiten habe ich durchaus schon erlebt. Ich habe während des Studiums kein Bafög bekommen,weil mein Vater zuviel verdient hat. Da er spielsüchtig war,habe ich aber nicht gerade viel davon gesehen. % Jahre habe ich mich auf niedrigstem Niveau mit Jobben durchgewurstelt, dann war ich nach dem Studium 8 Monate arbeitlos, bis ich eine Doktirandenstelle bekam. Ich bekam nicht einmal Arbeitslosengeld, weil ich ja nie was eingezahlt hatte, aber natürlich auch keine Sozialhilfe wegen meiner Eltern. Heute würde ich Hartz IV bekommen, und das finde ich an dem neuen System verdammt gut. Übrigens: als wirklich klar war, daß von keiner Seite irgendwelches Geld kommen würde, klappte es dann doch mit dem Jobben. Ich habe seit dem Abi im Supermarkt, in einer Buchhandlung, bei einem Bäcker, in einem Call-Center gearbeitet, ich habe im Wald mit einer Drahtschere alte rostige Zäune beseitigt,ich habe mich nachts um vier vom Call-Center-Leiter anschnautzen lassen, weil ich eine viertelstunde früher gehen wollte um vor der Uniklausur um 9 mich nochmal duschen zu können. Also erzähl du mir nicht, was "richtige Arbeit" ist oder die verzweifelte Situation, wirklich "kein Geld" zu haben.



"Denn dann würdest Du Dich ernsthaft mit meinem Beitrag auseinandersetzen und möglicher Weise sogar weitergreifende Alternativen vorschlagen. "Schaden macht klug""

GENAU WEIL Schaden klug macht, finde ich das jetzige System mit Hartz IV tausendmal gerechter als vorher: weil es nämlich NIEMANDEN im Regen stehen läßt. Gut, der Preis ist der, daß einige ihre Häuser nicht mehr abbezahlen können, oder ihr 2. Auto abschaffen müssen, aber ein Engagement für diese Leute ist doch kein Engagement "für Arme und Aussortierte". Erstmal müssen die Grundbedürfnisse für ALLE sichergestellt sein und erst auf dieser Basis, kann man sich irgendwelche Bonussysteme überlegen.

Ich hoffe, diesmal ausreichend geantwortet zu haben.

 
3 Antworten:

Re: @brad

Antwort von Brad am 22.09.2004, 15:17 Uhr

Hallo,

danke für Deine ausführliche und konkrete Stellungnahme, insbesondere auch zu den Hauptthemen, die ich erst jetzt gesehen habe. Ich habe Deinen Beitrag zunächst überflogen, werde mich aber noch ausführlich damit auseinandersetzen und Stellung beziehen. Soviel vorab: Du hast ja geschrieben, dass Du bez. der Hauptthemen mit mir übereinstimmst und deshalb nicht darauf eingegangen bist. Das konnte ich nicht wissen. Die Hauptthemen sind ja eigentlich das Wichtigste. Die Umsetzungsfrage bei diesen Strukturveränderungen ist dabei sekundär. Man muss es nur wirklich wollen. Beamte oder Politiker sind ja im Kern nicht besser oder schlechter als andere Bürger auch. “Denn führe sie nicht in Versuchung“. Diese Personen tragen eine ganz besondere Verantwortung im Umgang mit öffentlichen Mitteln. Ich spreche dabei nicht von Lehrern, Zeitverträglern oder ähnlichem.

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Re: @brad

Antwort von Brad am 23.09.2004, 1:26 Uhr

Hallo Marit,

Du machst mir viel Arbeit.

Die Aufhebung des Kündigungsschutzes für Beamte soll nicht dazu führen, Beamte betriebsbedingt kündbar zu machen. Das ginge auch nicht konform mit meiner Forderung: „Die verbleibende Arbeit auf alle verteilen“. Dies bezieht sich sowohl auf die Beschäftigten im öffentlichen Dienst als auch auf die freie Wirtschaft. Der Beamtenstatus, also der Beamte als Beschäftigter muss abgeschafft werden. Es darf nur noch Beschäftigte im öffentlichen Dienst geben. Die Möglichkeit der Klüngelei und persönlichen Vorteilnahme zwischen Beschäftigten im öffentlichen Dienst und Politikern muss ausgeschlossen werden.

Mögliche Gesetzesvorlage: „Die Bezahlung für Beschäftigte im öffentlichen Dienst erfolgt nach dem Dienstleistungstarif, da es sich bei dem öffentlichen Dienst um eine Dienstleistungsbranche handelt. Der Kündigungsschutz sowie die Mitbestimmung finden Anlehnung an die freie Wirtschaft bzw. das Kündigungsschutzgesetz. Es ist Aufgabe des Dienstherrn, dem Mitarbeiter Arbeit, Geborgenheit und pünktliche Bezahlung zu geben, so wie es das Betriebsverfassungsgesetz regelt. Haustarife (Kommunale Tarife) sind zulässig. Das Handelsgesetzbuch ist Grundlage für den gesamten Bereich im öffentlichen Dienst. Es ist für den öffentlichen Dienst in den Punkten zu erweitern, wie es der öffentliche Dienst erfordert (Bundesweit einheitlich). Abschwächungen einbezogener Gesetze sind nicht zulässig. Die Bezeichnung Amtsleiter ist durch die Bezeichnung Geschäftsführer zu ersetzen u.s.w.

Großprojekte, initiiert durch den Bund (egal welche, auch Bundeswehr) die den Betrag von 2,5 Milliarden Euro übersteigen, durchlaufen einer datengestützten Plausibilitätsprüfung, unter Berücksichtigung ökologischer, sozialer und materieller Gesichtspunkte. Großprojekte, initiiert durch eine Kommune, die den Betrag von 10 Millionen Euro übersteigen, durchlaufen… Persönliche Präferenzen finden keine Berücksichtigung. Die Erstellung und Pflege der Datensoftware sowie die Dateneingabe bedürfen besonderer Sicherheitsansprüche und werden gesondert festgelegt. Die Dateneingabe in ein vorgegebenes Eingabemuster erfolgt jeweils durch den öffentlichen Dienst sowie durch die Vertreter möglicher Projektgegner. Bei unterschiedlichem Ergebnis erfolgt eine repräsentative Bürgerbefragung. Bei Bundesweiten Themen auf Bundesebene, bei Kommunalen Themen auf Kommunaler Ebene.
Weitere Flächenversiegelungen sind nur dann zulässig, wenn eine entsprechende zeitnahe Flächenentsiegelung zu gleichen Teilen erfolgt. Ausnahmen sind nicht zulässig. Ausgaben, die die Einnahmen übersteigen, sind nicht zulässig. Näheres hierzu regelt…
Geheime Sitzungen in öffentlichen Gebäuden durch Volksvertreter sind nicht zulässig.“

Mit diesen Änderungen könnten pro Jahr vielleicht 100 Milliarden Euro eingespart werden. Ich könnte mir auch vorstellen, die derzeitigen Beamtenpensionen um 13% zu kürzen. Das allein würde uns 4,5 Milliarden Euro bringen. Bei den hohen Pensionen wäre diese Kürzung für den einzelnen keine wirkliche Einbusse. Und dann könnte man langsam anfangen die Lohnnebenkosten zu senken, die Arbeitszeit für den Einzelnen herabzusetzen u.s.w.

Übrigens, was Deine entbehrungsreiche Zeit während des Studiums betrifft: Wie viel Millionen Bürger darf ich Dir denn aufzählen, die nach ihrem Schulabschluss eine Ausbildung machen, so sie denn einen Ausbildungsplatz bekommen, und danach zur Bundeswehr oder zum Ersatzdienst eingezogen werden. Anschließend kommt ein Job als Koch, Kellner oder Bäcker (das sind brutalste Knochenjobs, bei miesester Bezahlung) oder Schweißer oder Automechaniker. Und nach 15 Jahren harter Arbeit und Einzahlung in die Arbeitslosenversicherung kommt die Arbeitslosigkeit. Und was dann kommt, kennst Du ja.

Wenn Du jahrelang 10-11 Stunden am Tag im Teildienst (Mittags 4 Stunden und Abends 6 Stunden) bis Nachts in einer heißen Küche regelrecht im Akkord gearbeitet hast, mit hochrotem Kopf, schweißtriefend. Oder in Restaurants im Teildienst, bei schwerster körperlicher und mentaler Arbeit oder als Mechaniker im Dreck und ständigem Stress. Wer wirklich knallharte Arbeit, jahrelang, bei schlechter Bezahlung gelebt hat, der prahlt damit nicht herum.

Ich weiß wovon ich rede und erzähle Dir nicht, was “richtige Arbeit“ ist.

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Re: @brad

Antwort von marit am 23.09.2004, 11:07 Uhr

Ok, mit diesen Forderungen gehe ich konform. Ich würde, was Renten und Pensionen angeht sogar weitergehen und schon jetzt eine Grundrente fordern, die allerdings deutlich oberhalb des Sozialhilfesatzes liegen sollte. eine Rente/Pension, von der man auf niedrigem Niveau alleine leben könnte, zu der man sich aber natürlich zusätzlich etwas ansparen kann, wenn man sich im Alter mehr leisten möchte.

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