Forum Aktuell

Aktuelles und Neuigkeiten

Fotogalerie

Redaktion

 
Ansicht der Antworten wählen:

Geschrieben von Cella am 14.08.2004, 14:41 Uhr

suizidgefährdete Nichte

Ich habe gerade erfahren, dass mein Patenkind (knapp 18 Jahre) zum zweiten Mal in der Jugendpsychatrie liegt.
Sie hatte letzten Sommer einen Selbstmordversuch unternommen und war 8 Wochen in der geschlossenen Abteilung.
Dieses Jahr hat sie sich einer schweren Kiefer-Operation unterzogen. Danach kam sie wegen Komplikationen wieder ins Krankenhaus. Ich dachte mir noch nichts, aber jetzt hat mir gerade eben meine Schwester die Telefonnummer gegeben, weil sie keinen Besuch bekommen darf.
Heute Nacht hatte ich die "Eingebung": es ist keine Komplikation, es ist wieder ein Selbstmordversuch.
Und die Telefonnummer ist eine Nummer aus eben der Jugendpsychatrie.

Man fühlt sich so hilflos, so machtlos. Meine Schwester macht sich Vorwürfe, sicherlich, sie hätte in der Erziehung einiges anders machen können. Aber das hilft nicht weiter. Keinem ist damit geholfen mit diesen Vorwürfen.
Letztes Jahr war mein Patenkind mit uns im Urlaub, es war schön und schwierig mit ihr. Aber danach kam sie heim und rasierte sich einen Glatzkopf (zuvor mind. 30 cm langes Haar)
"Es war nicht ich, ich weiß nicht mehr, wie es geschah!" Sie ist intelligent genug (hochbegabt!!!)um diese Äußerung nicht zu konkretisieren, weil sie sonst weg käme ... sie will ja ihren Verwandten keine Schande machen.... und bei uns auf dem Dorf wäre es das für meine Schwester.

Und jetzt fühle ich mich auch schuldig, weil ich ihr nicht helfen konnte.
Ich hatte vor einer Woche mit ihr telefoniert - 1 Std. aber sie ist immer ausgewichen. Sie lässt sich nicht helfen. Wir gehen an ihrem 18 Geburtstag in Urlaub, ich hatte mir schon überlegt, ob wir einen Tag später fahren sollen,
jetzt das!!!

Hat jemand Erfahrung mit hochbegabten, multiplen, suizidgefährdeten Mädchen/Frauen???

Aus der Familie, wo ich herkomme, kann man nicht ernsthaft und konstruktiv über so etwas reden. Deshalb würde ich gerne meiner Schwester helfen...

eine traurige
Cella

 
5 Antworten:

Re: suizidgefährdete Nichte

Antwort von CIaudiaUSA am 15.08.2004, 1:14 Uhr

hi cella!

erstmal: viel kraft und hoffnung fuer dich, deine familie und am meisten fuer deine nichte. es tut mir leid, dass es ihr im moment so schlecht geht und ihr euch verstaendlicherweise hilflos fuehlt.

ich bin kein experte, aber als laie faellt mir ein: hat sie einen guten psychater/psychologen? ist sie in therapie, bekommt sie medikamente?

ich glaube, wenn sie es wirklich ernst meint koennt ihr aussenstehende sie nicht vom selbstmord abbringen. wenn sie sich aber helfen lassen will, ist die hoffnung noch nicht erloschen und ihr koennt sie retten. dazu gehoert - meiner meinung nach - auch ein gutes professionelles team. antidepressiva helfen oft und gespraechstherapie oder/und gruppentherapie und die familie ergaenzen den ausbruch aus der stetigen depression.

ich hatte mit 9 jahren einen fast geglueckten selbstmordversuch (meine eltern sagten noch auf der intensivstation: "wir wuenschten, du haettest mehr tabletten geschluckt").

meine heissgeliebte oma kam angereist, sie war in meiner kindheit mein halt. sie sagte: "wenn du dich umbringst, spring ich dir gleich hinterher ins grab!!" das hat mich von einem weiteren versuch abgehalten. das war fuer mich sogar der EINZIGE satz der ganzen welt, der mich es nicht mehr machen liess, auch wenn es sehr schwer war.

ich bin seit 4 jahren auf antidepressiva und in gespraechstherapie mit einer ganz tollen psychologin, und mir geht es sehr gut.

so, das war mein hintergrund.

ich wuensche euch alles liebe und hoffe, dass deine nichte sich bald besser fuehlt und sie hilfe wuenscht, findet und annimmt.

liebe gruesse von
claudia

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

@ClaudiaUSA, mail mich doch mal an, danke! o.T.

Antwort von peanuts am 15.08.2004, 9:29 Uhr

o.T.

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Danke für deine offenen Worte

Antwort von Cella am 15.08.2004, 20:10 Uhr

Hallo Claudia,

danke für deinen offenen Worte. Es freut mich für dich, dass du mit Hilfe deines Psychiaters wieder Fuß gefasst hast im Leben.
Meine Nicht musst jetzt ihren Kinder und Jugendpsychater wechseln, sie zählt jetzt zu den Erwachsenen. Den vorherigen fand sie super, jetzt schwebt sie noch in der Leere und hält ihre jetztige Psychaterin für unkompetent. :-(

Wusste deine Oma um die Wirkung ihrer Worte damals? Konntest du mit ihr reden?

Ich würde gerne die richtigen Worte finden für meine Nichte. Meine Schwester meint, ich sollte möglichst nur positives aus der "wirklichen Welt" berichten. Ist das sinnvoll?
Oder helfen meiner Nichte vielleicht auch Erlebnisse aus meinem Leben weiter, über die ich sonst nicht spreche? Und damit ihr vielleicht verdeutlichen kann, dass es sich zu leben lohnt?
Hilft es ihr, wenn sie mir erzählt, was wirklich mit ihr los ist? Sie möchte immer keinen aus der Familie belasten, weil sich sonst alle Sorgen machen...
Irgendetwas muss sie erlebt haben, womit sie nicht fertig wird, soll ich taktisch nachboren oder soll ich Sonnenschein vorheucheln?
bin etwas ratlos...

Drück dich ganz fest
Cella

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Re: Danke für deine offenen Worte

Antwort von CIaudiaUSA am 15.08.2004, 21:12 Uhr

"Meine Nicht musst jetzt ihren Kinder und Jugendpsychater wechseln, sie zählt jetzt zu den Erwachsenen. Den vorherigen fand sie super, jetzt schwebt sie noch in der Leere und hält ihre jetztige Psychaterin für unkompetent. :-("
-------------------------------------
Das kann natuerlich mit ein Problem sein. Es macht Sinn, wenn sie sich alleine und unverstanden fuehlt, wenn sie nicht mit der Psychaterin "klickt". Bei mir war es so, dass meine Psychologin die 3. war, die ich ausprobiert habe. Es ist ganz normal, dass die Chemie stimmen muss, sonst bringt die Therapie meines Erachtens nichts.

"Wusste deine Oma um die Wirkung ihrer Worte damals? Konntest du mit ihr reden?"
---------------------------------------
Ja, sie hat es bewusst gesagt, weil ich ihr so wichtig war. Bill Clinton, der ohne Vater aufwuchs, hat mal gesagt: "Man hat gute Chancen im Leben, wenn man als Kind bei jemandem an erster Stelle steht." Und das war ich bei meinem Omileinchen

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Re: Danke für deine offenen Worte, Teil 2

Antwort von CIaudiaUSA am 15.08.2004, 21:13 Uhr

Weiter drueber geredet haben wir aber nicht. Mir war alles superpeinlich. Ich habe erst vor ca. 7 Jahren in meiner Familie das Thema angesprochen. Totschweigen ist Vergiftung!!!

"Ich würde gerne die richtigen Worte finden für meine Nichte. Meine Schwester meint, ich sollte möglichst nur positives aus der "wirklichen Welt" berichten. Ist das sinnvoll?
Oder helfen meiner Nichte vielleicht auch Erlebnisse aus meinem Leben weiter, über die ich sonst nicht spreche? Und damit ihr vielleicht verdeutlichen kann, dass es sich zu leben lohnt?"
------------------------------------

Ich wuerde an Deiner Stelle von Dir selbst berichten. Auch ueber Deine "Geheimnisse", das schafft Vertrauen und ist fuer Dich selbst vielleicht auch mal ganz gut.

Sag ihr offen und ehrlich, dass Du Angst hast vor ihrem Selbstmord. Frag sie, ob sie einen Ausweg sieht. Wenn ja, hilf ihr, die richtige Psychologin zu finden. Rede ueber MEdikamente. Sag ihr, dass du bereit bist, sie zu unterstuetzen. Mach ein woechentliches Treffen moeglich. Ruf sie regelmaessig an.

Wenn sie keinen anderen Ausweg sieht, sag ihr ehrlich, wie sehr Dich persoenlich ihr Ableben treffen wuerde. Sag ihr, wie leid es Dir tut, dass sie dermassen leidet.

"Hilft es ihr, wenn sie mir erzählt, was wirklich mit ihr los ist? Sie möchte immer keinen aus der Familie belasten, weil sich sonst alle Sorgen machen..."
-------------------

UND GENAU DAS IST DER KNACKEPUNKT. Natuerlich muesst ihr erfahren, was mit ihr los ist. Wenn sie ausweicht, weil sie Euch nicht belasten will, auf Antworten bestehen und sagen, dass man sie liebt und die Ungewissheit viel belastender ist.

Sag ihr, Du glaubst wahrscheinlich, ich verstehe Dich nicht oder ich bin zu sensibel. Aber versuch mich mal! Du wirst erstaunt sein, wie gut ich Dich verstehen kann, was ich alles nachvollziehen kann, was ich selbst erlebt habe und wie stark ich fuer Dich sein kann. Ich liebe Dich naemlich! Zu einer guten Beziehung gehoert nicht nur gutes Wetter sondern auch mal Blitz und Donner. Ich bin bereit, Dir zuzuhoeren, ohne Dich zu unterbrechen und ohne Vorurteile, Vorwuerfen und Predigten. Ich will Dir eine Stuetze sein, denn ich weiss, wie beschissen das Leben manchmal sein kann. Ich bin auf Deiner SEite, gemeinsam sind wir staerker!

"Irgendetwas muss sie erlebt haben, womit sie nicht fertig wird, soll ich taktisch nachboren oder soll ich Sonnenschein vorheucheln?
bin etwas ratlos..."
--------------------------------

Und das kannst Du rausfinden mit offenen, ehrlichen Gespraechen. BLOSS NIX vorheucheln, denn dann kann sie Dir unmoeglich vertrauen. Und raus kommt dabei nix.


Wie gesagt, ich bin KEIN Experte. Ich kann nur sagen, wie ICH mit einer solchen Situation umgehen wuerde.

Ausserdem wuerde ich eine Selbstmord-Hotline oder aehnliches kontaktieren. Ich habe mal gegoogelt:

Notfall-Hotlines, Links und Informationen

Notfall-Seelsorge (auch Suizid-Prävention):

Telefon-Hotline (kostenfrei, 24 h), auch Auskunft über lokale Hilfsdienste:

0800 - 111 0 111 (ev.)
0800 - 111 0 222 (rk.)
0800 - 111 0 333 (für Kinder / Jugendliche)

Email: unter www.telefonseelsorge.de

Deutsche Gesellschaft für Suizid-Prävention:

0921 - 283301
Adressen Beratungsstellen in ganz Deutschland

Da kannst Du bestimmt als Angehoerige einer Suizidgefaehrdeten Anhaltspunkte, Tips und Anweisungen bekommen, wie Du ihr am besten helfen kannst.

Es ist toll, dass sie eine Tante wie Dich hat!!!!

Liebe Gruesse von
Claudia

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Mobile Ansicht

Impressum Über uns Neutralitätsversprechen Mediadaten Nutzungsbedingungen Datenschutz Forenarchiv

© Copyright 1998-2024 by USMedia.   Alle Rechte vorbehalten.