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Geschrieben von iriselle am 26.09.2016, 14:00 Uhr

Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Gerade lese ich das Buch " Patient ohne Verfügung " von Matthias Thöns- mir war schon immer klar dass in der Versorgung Sterbender einiges im Argen ist , aber das Buch macht es nochmal sehr deutlich.
Ich habe vor einiger Zeit eine Patientenverfügung ausgedruckt, bin mir nun aber sicher dass diese nicht die richtige ist und werde mir eine neue besorgen.
Es ist mir unverständlich wie in vielen Kliniken mit unheilbar Schwerstkranken umgegangen wird, und da ich in der Pflege arbeite habe ich auch selbst schon solche Ärzte kennengelernt.
Da wird den Angehörigen einer 95- jährigen, die an schwerer Demenz leidet, dringend geraten eine Ernährungssonde legen zu lassen. Da sollen Greise im Krebsentstadium noch Chemos bekommen...und immer geht es um Profit . Wer privat versichert ist hat ein nochmal höheres Risiko der Überversorgung.
Sterben in Würde ist kaum mehr möglich.
Dagegen muß die Palliativmedizin gestärkt werden, damit ein Sterben in Würde und ohne bzw wenig Schmerzen für jeden möglich ist.
Es muss mehr Hospizplätze geben, in unserem Umkreis mit 3 Kleinstädten ( 40.000-80.000 Einwohner) gibt es gerade mal 10 Plätze ( Palliativstationen nicht mitgerechnet ).
Wie seht ihr das ? Wer hat eine Patientenverfügung und was steht drin ?
VG

 
21 Antworten:

Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von Andrea&Würmchen am 26.09.2016, 14:17 Uhr

Nein, ich habe keine und werde auch keine ausfüllen. Der Grund dafür ist die Erfahrung mit einem nahen Familienmitglied. Derjenige betonte immer, dass er es nicht für erstrebenswert hält, ein Pflegefall zu sein, der nur noch im Bett liegen kann, nicht mehr selbstständig tun und lassen kann, was er möchte. Er wollte keine lebensverlängernden Maßnahmen, etc.
Nun, der Fall trat ein, er wurde ein Pflegefall, ein Schwerstpflegefall. Rollstuhl für ein paar Minuten war - nach viel Arbeit an ihm, mit ihm und durch ihn - das höchste der Gefühle, ansonsten blieb nur das Bett. Essen konnte er zeitweise nicht selbst, wenn, dann nur sehr langsam und nur mit einer Hand. Das Gedächtnis war beeinträchtigt - ich könnte noch lange weiter aufzählen. Aber, das große Aber: Er war zufrieden. Zufrieden mit sich und der Situation, wie sie war. Es reichte ihm, "da" zu sein, seine Familie zu erleben, eingebunden zu werden in den Alltag der Familie.

Das hat mir gezeigt, dass man solche Situationen im Voraus nicht ab- und einschätzen kann. Man kann Gedanken wälzen, Situationen durchspielen, in sich hineinhören. Aber wie es WIRKLICH ist, welche Facetten die jeweilige Erkrankung mit sich bringt, das kann man nicht erahnen. Jeder Unfall, jede Krankheit, jeder Mensch ist anders. Was beim einen hilft, kann beim anderen von Nachteil sein.

Was weiß denn ich, ob es mir einmal reicht, dass meine Familie mich im Rollstuhl durch die Gegend schiebt? Oder ob ich es vorziehen würde/werde, dann lieber nicht da zu sein? Da kommt es auf so viele Faktoren an, die ich jetzt nicht abschätzen kann.

Was ich aber machen werde, ist eine Vorsorgevollmacht. Denn ich vertraue darauf, dass mein Mann die Situation entsprechend einschätzen kann, wenn sie da ist.

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So meinte ich das nicht...

Antwort von iriselle am 26.09.2016, 14:27 Uhr

Du hast absolut Recht, auch als Schwerstpflegefall kann das Leben noch absolut lebenswert sein- ich sehe das selbst täglich auf der Arbeit.
Für mich geht es um eine Verlängerung des Sterbens wenn der Sterbeprozeß schon im Gang ist, sprich wenn jemand Krebs im Endstadium hat und noch schwere Operationen stattfinden sollen, die nicht das Leben sondern das Leid verlängern.
Oder wenn jemand im Wachkoma liegt, beatmet wird, den Körper voller Kontrakturen hat und nicht sterben darf und täglich schlimme Schmerzen erleidet.
Und leider werden Morphine etc noch immer sehr sparsam eingesetzt.

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Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von Strudelteigteilchen am 26.09.2016, 14:33 Uhr

Ich habe schon länger eine Patientenverfügung. Wobei es kürzlich eine Studie gab, daß Ärzte sich gerne mal darüber hinwegsetzen, wenn es sich finanziell lohnt (ich müßte googlen, kann ich grad nicht, stand aber vor ein paar Wochen erst in der Zeitung). Man sollte also auch mit den nächsten Angehörigen besprechen, wo sie ist und was drinsteht, damit die darauf achten, daß das auch eingehalten wird.

Ich erlebe das gerade hautnah beim Vater meines Freundes. Der arme Mann ist 85 und im Frühsommer wurde bei ihm - eher zufällig - ein Krebs an der Niere entdeckt, der auch schon gestreut hatte. Da ging es ihm auch schon auf anderen Ebenen nicht gut, er klappte immer mal wieder zusammen und kam alleine kaum es dem Bett (problematisch, da Männer in dem Alter nachts ja häufiger raus müssen), aber immerhin konnte er sich alleine anziehen, ein paar Brote schmieren oder eine kleine Mahlzeit zubereiten. Die Ärzte haben ihm noch eine Chemo aufgeschwatzt, seitdem geht es bergab - er nimmt jeden Infekt mit, kann kaum mehr sprechen und schlucken, ist total abgemagert und inzwischen auch bettlägerig. Seit ein paar Wochen ist er im Pflegeheim und dort geht man davon aus, daß er Weihnachten nicht mehr erleben wird - die Qual der Chemo hat sich also voll gelohnt *ironieoff*. Kürzlich hatte er Fieber, deswegen hat das Pflegeheim ihn kurzzeitig ins Krankenhaus verlegt, die ihm gleich wieder das volle Programm angedeihen ließen - MRT, Ultraschall, EKG, EEG, Schlagmichtot.... Wen wundert's, der Mann ist als ehemaliger Beamter privatversichert. Er lag mehr als eine Woche im Krankenhaus und rief fast stündlich bei meinem Freund an, weil er zurück ins Pflegeheim verlegt werden wollte, da würde man sich wenigstens um ihn kümmern und ihn nicht nur von Untersuchung zu Untersuchung schieben.

Jetzt hat mein Freund eine Palliativmedizinerin ins Boot geholt, die den Vater im Pflegeheim quasi hausärztlich betreut, und das ist für alle ein Segen.

Hospize sind übrigens nicht (mehr) so richtig "in". Nach meiner Erfahrung mit diversen Sterbenden in den letzten Jahren geht die Tendenz dahin, daß man die Leute in ihrer Umgebung betreut - das allerdings durch speziell ausgebildete Palliativmediziner. Die kommen dann - wie beim Vater meines Freundes und bei meinem Onkel - ins Pflegeheim oder - wie bei zwei meiner Tanten - nach Hause. Die Aussage war, daß kaum jemand gerne in ein Haus geht, das explizit zum Sterben gedacht ist. Was ich nachvollziehen kann. Hier wandeln sich die Hospize gerade von Wohnheimen zu Anlaufstationen, in denen man sich vor allem Informationen und Adressen besorgt.

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Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von kanja am 26.09.2016, 14:39 Uhr

Noch nicht.

Ich habe gerade nach langen Mühen meine Eltern dazu gebracht, eine aufzusetzen.

Wenn ich damit durch bin, kümmere ich mich um meine eigene.

Ich habe es auch erlebt, sowohl bei der 90jährigen Schwiegermutter als auch bei der 95jährigen Oma einer Freundin, dass die Krankenhäuser gerne mal noch alles mögliche machen möchten ...

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Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von Tonic2108 am 26.09.2016, 14:49 Uhr

Nein, eine Patientenverfügung habe ich nicht, aber eine Vorsorgevollmacht. Diese halte ich auch für viel wichtiger als eine Patientenverfügung. Im Zweifelsfall soll mein Mann entscheiden was passiert.

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Stimmt

Antwort von iriselle am 26.09.2016, 14:58 Uhr

In dem Haus in dem ich arbeite ist es auch üblich das Schwerstkranke sich palliativ einschreiben lassen können- somit ist jederzeit ein Palliativarzt in Bereitschaft und eine Einweisung ins Krankenhaus kann umgangen werden.
Denn es ist leider genauso wie du es schreibst- im Krankenhaus wird nochmal alles rausgeholt was geht...
Hospize wird es allerdings weiter geben müssen ,auch wenn die Lösung die du beschreibst noch besser ist. Aber nicht immer ist eine häusliche Pflege möglich.

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Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von Primrose am 26.09.2016, 15:14 Uhr

Hallo,
Was mich davon abhält ist, dass zu den lebensverlängernden Maßnahmen ja auch die Reanimation beim z.b Herzinfarkt gehört.

Laut der Patientenverfügung dürfte ich keine Herzmassage bei einem Menschen machen der eine Patientenverfügung hat.

Arbeite im medizinischen Bereich und auf einer Fortbildung wurde erzählt dass teilweise Rettungsassisstenten verklagt werden sollten weil sie reanimiert haben bei Patienten mit Patientenverfügung.

Die Kläger waren Verwandte.

Lg Yvonne

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Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von iriselle am 26.09.2016, 15:22 Uhr

Bei so einem akuten Fall wie einem Herzinfarkt wird erstmal immer reanimiert, oft wissen die Notärzte oder Sanis ja nicht dass eine Verfügung vorliegt. Sicher spielt es da auch eine Rolle ob da ein 40-jähriger , ansonsten gesunder Mensch , liegt - oder eben ein 90-jähriger mit diversen Herzerkrankungen.

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Re: So meinte ich das nicht...

Antwort von IngeA am 26.09.2016, 15:25 Uhr

Bei diesen Fällen habe ich es auf der Intensiv-Station unseres Krankenhauses nur so erlebt, dass die Angehörigen nicht loslassen konnten. Patientenverfügung hin oder her, wenn die Ehefrau sagt dass alles getan werden muss, wird alles getan. Klagen tut die Frau, nicht der verstorbene Mann und es ist schwierig das Argument "er hat sich das kurz vorher anders überlegt" zu entkräften (war vielleicht ja wirklich so?)

LG Inge

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Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von IngeA am 26.09.2016, 15:27 Uhr

Die Verwandten können da klagen was sie wollen. Die Entscheidung ob reanimiert wird liegt nicht beim Rettungsassistenten sondern beim Arzt. Insgesamt ist in so einer Situation nicht die Zeit die Echtheit irgendwelcher Dokumente zu prüfen.

LG Inge

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Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von fabiansmama am 26.09.2016, 15:34 Uhr

Meine Eltern haben eine gemacht, kurz nach der Krebsdiagnose meines Vaters.
Ich arbeite selber in einer Krankenhausapotheke und rechne die Chemos mit den Kassen ab. Da staune ich täglich über diverse Geburtsdaten und frage mich immer wieder, ob das nötig ist.
ABER es gibt eben auch viele, die das so wollen! Mein Opa war auch so! Es war klar, das er keine Chance hat, aber er wollte die Chemo unbedingt! Mein Vater hat auch keine Chance und will wahrscheinlich noch eine Chemo durchziehen, obwohl es ihm schon richtig schlecht geht. Sich dagegen zu entscheiden, bedeutet aber auch, sich "aktiv" fürs Sterben zu entscheiden und das ist mit gerade mal 65 auch hart.
Die Sonde für meine schwer demenzkranke Oma (damals 84 und zusätzlich schwerst pflegebedürftig nach Sturz) wollte man uns auch aufschwatzen. Da aber auch mein Bruder im medizinischen Bereich arbeitet und meine Mutter eine Vorsorgevollmacht hatte, haben wir gemeinsam beraten, es NICHT zu tun. Das sterben zog sich trotzdem noch mehrere Wochen hin, möchte nicht wissen, was mit Sonde noch alles auf uns zugekommen wäre.

Wir haben im Nachbarort eine Palliativstation mit einem ganz ganz tollen "Chefarzt". Leider will mein Vater davon nichts wissen....

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Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von shinead am 26.09.2016, 15:52 Uhr

Ich habe eine. Meine Eltern haben glücklicherweise auch eine und mein Mann hat seine gerade vor ein paar Monaten aktualisiert.

Wir kennen die Inhalte und können erst einmal agieren. Ich habe eine Patientenverfügung um meinem Mann die Entscheidung im Fall der Fälle abzunehmen. Wer will denn schon, dass der Partner stirbt? Und das auch noch, weil man selbst dem zugestimmt hat? Da ist es einfach sich auf den (schriftlichen) Willen des Betroffenen zu berufen und so dem ganzen ein Ende zu machen.

Ich habe Reanimation nicht ausgeschlossen. Bis ich diese Passage ändere, dauert es noch ein bisschen und auch eine tödliche Krankheit kennt man normalerweise. Da kann ich dann anpassen. Aktuell bin ich gesund und ja, ich möchte bitte, bitte Reanimiert werden, wenn ich umkippe!

Meine Eltern haben beide Reanimationen ausgeschlossen. Im Fall des Falles wird also niemand reanimieren und meine Mutter wird voraussichtlich genauso wenig den Notarzt rufen wie mein Vater.
Die Patientenverfügungen meiner Eltern entstanden kurz vor der Prostata-OP meines Dads. Mir war ganz schlecht als er im OP lag, denn er hat seine Verfügung vorher beim Arzt abgegeben.

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Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von shinead am 26.09.2016, 15:54 Uhr

Dann ist entscheidend, ob jemand den Notarzt ruft. Meine Mom würde es nicht tun (und sich, falls notwendig, auf die Verfügung berufen).

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Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von Exilsauerländer am 26.09.2016, 16:11 Uhr

Ich habe eine, und zwar eine wasserdichte, von einem befreundeten Anwalt formuliert. Haben wir alles in einem gemacht, Testament, Vollmachten für den Ehepartner, was ist mit dem Kind wenn uns was passiert... ich bin echt froh dass das alles in trockenen Tüchern ist.

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Patientenverfügung + Vorsorgevollmacht...

Antwort von ak am 26.09.2016, 16:22 Uhr

eigentlich ist beides sehr wichtig.

Wenn man keine Vorsorgevollmacht hat, kann ein Vormund ( Fremder ) eingesetzt werden. Der kann dann bestimmen, wie es mit dem erkrankten Patienten weitergeht, ob der Familie das gefält oder nicht.

Die Vorsorgevollmacht kann man in unserem kleinen Städtchen vom Wendepunkt beglaubigen lassen. Dann wird das bei der Stadt als Kopie hinterlegt.
Leider ist das nicht an jedem Ort möglich.

Wir haben die Anträge seit ca. 1,5 Jahr brav hier liegen, nur leider unausgefüllt.

Das nützt dann leider auch nicht viel


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Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von IngeA am 26.09.2016, 16:39 Uhr

wenn jemand den Rettungsdienst ruft, also 112, kommt entweder der Notarzt gleich mit (wenn für den Disponenten ersichtlich ist, dass es sich um eine lebensbedrohliche Situation handelt) oder wird vom Rettungsassistenten nachgefordert. Der Rettungsassistent MUSS mit der Reanimation beginnen, er darf diese Entscheidung nicht treffen.

Ich würde bei meinen Eltern auch weder mit der Reanimation selbst beginnen noch den Rettungsdienst rufen. "Arbeitsanweisung" meiner Eltern: Dreh dich um, trink nen Kaffee und ruf nach 1-2 Stunden den Hausarzt an.

Stellt sich auch die Frage: wenn der Patient nicht reanimiert werden möchte, warum ruft dann überhaupt jemand der ihn kennt und das weiß den Rettungsdienst? Wo wir wieder beim "loslassen können" sind.

LG Inge

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Genau - Vorsorgevollmacht UND Patientenverfügung

Antwort von Kleine Fee am 26.09.2016, 16:49 Uhr

Ich finde auch, dass eine Vorsorgevollmacht keine Patientenverfügung ersetzen kann. Welche Verantwortung bürdet man denn damit dem Menschen auf, den man liebt? Und das in einem Moment, wo dieser mit dem möglichen Tod seines Liebsten schon genug zu kämpfen hat. Ich finde, da macht man es sich zu einfach. Klar, kann man nicht jeden Fall vorhersehen und regeln, aber die Grundzüge und Einstellung kann man für jetzt festhalten und sich das in längeren Abständen immer mal wieder anschauen und anpassen.

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Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von Strudelteigteilchen am 26.09.2016, 16:58 Uhr

Ich glaube, in dem Fall ist das oft so eine Schock-Geschichte. Wer traut sich schon zu, ganz alleine einen Sterbenden zu begleiten. Denn - wenn wir ehrlich sind: Das mit dem Kaffee ist zwar lustig, aber doch etwas realitätsfern. Zumal wenn der (potentiell) Sterbende sichtbar Schmerzen hat - da schaut man doch nicht zwei Stunden zu. Ich würde mir auch gar nicht zutrauen, zu entscheiden, ob da grad jemand stirbt oder etwas hat, was sich schnell und einfach beheben läßt.

Meinem Freund war das so passiert, mit eben dem (jetzt sterbenden) Vater: Als der Vater noch daheim lebte - kurz nach der 2. Chemo - hatte mein Freund ihm etwas zu Essen gebracht und saß dabei, während der Vater aß. Aufgrund der Chemo hatte der Vater ganz fürchterliche Schluckprobleme und verschluckte sich an einem Stück Wurst. Mein Freund hat ganz instinktiv reagiert und ihn mit dem Heimlich-Griff "gerettet" - im nachhinein hat er sich sehr geärgert, aber man schaut eben nicht einfach zu, wenn der Vater da am Boden liegt und sich sichtbar quält. Im nachhinein mußte mein Freund sich noch vom Rettungssanitäter (den der Hausnotruf automatisch geholt hatte) beschimpfen lassen, weil der Heimlich-Griff nicht mehr "state of the art" ist. Außerdem wollte der Sani den Vater ins Krankenhaus bringen - "falls bei der unsachgemäßen Erstversorgung innere Organe beschädigt wurden!" - mein Freund hat das aber abgelehnt. Der Sani sagte wortwörtlich: "Wenn Ihr Vater heute Nacht stirbt, sind Sie schuld!" Mein Freund antwortete: "Wenn mein Vater heute Nacht stirbt, muß er wenigstens keine Chemo mehr über sich ergehen lassen - das Risiko nehme ich auf mich!" Der Vater ist natürlich nicht gestorben und wäre vielleicht auch ohne Heimlich-Griff nicht erstickt. Aber man denkt ja nicht erstmal eine halbe Stunde nach und wägt die Optionen ab, wenn jemand röchelnd auf dem Boden liegt.

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Re: Patientenverfügung + Vorsorgevollmacht...

Antwort von Mehtab am 26.09.2016, 18:00 Uhr

Hallo ak,

dann gibt es doch noch so ein Genie wie mich. Ich habe auch noch die Erläuterungen des Ministeriums für die Vorsorgevollmacht mit ausgedruckt (ein ganzes Buch) und nun bin ich noch nicht zum Durcharbeiten gekommen und die Vorsorgevollmacht ... liegt nach wie vor unausgefüllt da. Irgenwann muss ich mich dazu aufraffen, denn so ist das Ganze ja für die Katz.

Viele Grüße

Mehtab

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Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von Silvia3 am 26.09.2016, 18:05 Uhr

Ja, habe eine, die festlegt, dass ich nicht vor mich hinvegetieren will und dass überflüssige Behandlungen (Magensonde usw.) zu unterlassen sind. Leider weigert sich mein Mann, eine zu machen. Er setzt sich nicht gerne mit solchen Themen auseinander.

Ich habe bei meiner Mutter gesehen, wie gut es war, dass es eine Patientenverfügung gab. Ein junger Schnösel von Arzt wollte mir auf einmal ohne Patientenverfügung keine Auskunft mehr geben, als ich seine Entscheidungen hinterfragt habe. Zum Glück hatte meine Mutter eine. Das war auch für mich der Anlass, sofort eine PV und eine Vorsorgevollmacht zu erstellen.

Silvia

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Re: Patientenverfügung- habt ihr eine ?

Antwort von IngeA am 26.09.2016, 19:02 Uhr

Der Fall ist aber anders. Das war ein Todkranker der einen akuten Notfall hatte. Ersticken ist qualvoll, natürlich greift man da ein.
Oben sprachen wir von Reanimation. Das hätte natürlich im Verlauf auch passieren können, wenn dein Freund das Teil nicht raus bekommen hätte. Nur der Patient der reanimiert wird hat keine sichtbaren Schmerzen (mehr). Er ist bewusstlos. Die Qualen sind (verständlicherweise) bei den Angehörigen und nicht beim Patienten.

Was Schmerzen anlangt, kann auch der Hausarzt helfen, nur muss er wissen dass das so erwünscht ist. Bei meiner Schwiegeroma kam der Hausarzt um ihr die letzten Stunden mit Morphin zu erleichtern.

Das haben wir übrigens auch schon einige Male im Rettungsdienst gehabt. Die Angehörigen waren sich bei Patienten mit infausten Grunderkrankungen einig, dass der aktuelle Notfall nicht im Krankenhaus behandelt werden soll, sondern der Patient endlich zu Hause sterben können soll.. Der Notarzt hat sie daraufhin palliativ vorbehandelt (Schmerzmittel etc.) und für die letzten Tage den Palliativdienst vorbei geschickt.

LG Inge

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