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Geschrieben von tanzmit am 07.01.2019, 7:26 Uhr

Meine Probleme mit dem Binnen-I, oder „woran Gleichberechtigung scheitert!“

Liebe Tina.

Ich freue mich, dass ihr für euch eine tolle, funktionierende Aufteilung gefunden habt, mit der alle glücklich sind.

Und grundsätzlich stimme ich dir auch zu, dass in diesem Land noch viel Arbeit vor uns liegt auf dem Weg zur Gleichberechtigung aller.

Aber, entschuldige bitte die Formulierung, deine Vorschläge enthalten einen großen Batzen Scheuklappen, der allen Daseinsformen außer eurem Modell die Berechtigung abzusprechen scheint.

1. verpflichtende Entwicklungszeit der Erziehungskompetenz für Väter: Gibt es indirekt inzwischen mit den verpflichtenden zwei Vätermonaten beim Elterngeld. Mal angenommen, die Mutter WILL überhaupt in der Zeit den Neueinstieg wagen, ist schon wieder voll erholt (ich zum Beispiel war nach drei Kindern in 5 Jahren tatsächlich erst nach einem Jahr nach der letzten Geburt wieder voll leistungsfähig) UND findet eine Stelle: Wohin mit dem Kind nach den 14 Wochen? Kitaplatz? Für ein Kind unter 1? Wir werden vermutlich die nächsten zwei oder drei Jahre definitiv immer eine Absage bekommen, weil wir derzeit eben nicht doppelt berufstätig sind - und einklagen und damit Eltern, die den Platz dringend brauchen, selbigen wegnehmen, werden wir vermutlich nicht. Die Absage zum zweiten Geburtstag haben wir schon und den mündlichen Hinweis zum dritten Jahr auch. In unserer Stadt bleiben zum nächsten Jahr voraussichtlich ca 3.000 Kinder über drei (!) trotz gewünschter Anmeldung ohne Kindergartenplatz, es gibt einfach kein Personal. Selbst wenn die 14 Wochen direkt vor dem ersten Geburtstag liegen sollten, wäre ich mir nicht sicher, dass jedes Paar das so für sich möchte. Und viele Mütter freuen sich ja auch - wie die Väter auch - wenn die Vätermonate am Anfang genommen werden, zeitgleich zum Mutterschutz, damit man sich als Familie aneinander gewöhnt und sich alles einspielt. Aber in der Zeit will vermutlich kaum eine Frau schon wieder arbeiten, nur um am Ende der 14 Wochen wieder in Elternzeit zu gehen.
Und was ist mit Paaren, die aus den unterschiedlichsten Gründen sich für die Alleinernährerversion entscheiden? Weil einer keine Stelle findet? Weil einer nicht arbeiten möchte? Weil einer nicht arbeiten kann? Weil einer seine Rolle als Versorger liebt? Weil ggf neben dem Kind weitere Kinder oder Angehörige versorgt werden? Weil einer pflegt, egal ob behindertes Kind oder Großeltern oder Tante Eunice aus Pusemuckel? Willst du da auch (in deinem Fall die Frau) verpflichtend wieder arbeiten schicken? Denn ganz ehrlich, zwei Monate kann man vielleicht mal mit dem reduzierten Elterngeld auskommen, aber 14 Wochen dürfte NOCH mehr Leuten die Möglichkeit nehmen.


2. Anwesenheitspflicht für Väter: Überstunden und Dienstreisen bringen in vielen Fällen dringend benötigtes Extrageld. Oder sind Teil des Jobs (Vertreter, Sachverständige, Betriebsprüfer, Facharbeiter auf Montage, was weiß ich alles). Oder sind nötig, um die Stelle zu halten (wobei man dann vielleicht sich besser nach was anderem umsieht). Oder machen einem einfach Spaß und man hat eine Passion für die Arbeit. Immer vorausgesetzt, der Partner trägt das (gerne) mit und in der Familie passt das so. Und dann? Zwangsbeglückung und ggf Kündigung?

3. Verpflichtung, ihre Erziehungsarbeit nachzuweisen: Ausflüge und Vorlesestunden in der Kita gibt es bei uns zumindest nur ohne Eltern. Und warum zur...soll mein Mann einen kostbaren Urlaubstag verballern, um eine halbe Stunde zum Elternsprechtag zu gehen, wenn ich eh wegen dem Baby daheim bin? Oder MUSS zum Eltern-Kind-Turnen oder was auch immer? Ich für mich kann zum Beispiel überhaupt nichts mit den ganzen lustigen PEKIP und Kinderturngruppen anfangen, bei Kind 1 hat es mein Mann gemacht, da gerade gekündigt wegen zu früher Ankündigung der Elternzeit außerhalb des Kündigungsschutzes, bei Kind 2 ergab es sich wegen der Behinderung nicht und bei Kind 3 waren alle froh, wenn es weniger als 8 Stunden am Tag gebrüllt hat - ganz sicher hätten wir da jede Art von zusätzlichem Reiz vermieden. Wenn ich mir aber das Recht zugestehe, mit dergleichen Freizeitangeboten nichts anfangen zu können und dem Kind lieber anderweitig Input biete (aber weise einmal nach, dass du dich Zuhause oder auf dem Spielplatz gekümmert hast), dann MUSS ich dieses Recht auch meinem Mann zugestehen. Und dann verpflichtend Teilzeitarbeit? Wenn die Frau vielleicht immer noch nicht arbeiten will oder kann? Hallo Geldmangel und ggf Existenzsorgen. Kommt bestimmt super, wenn gerade ein Haus gekauft wurde oder Auto...

Manchmal können Leute eben mit verschiedenen Altersgruppen unterschiedlich viel anfangen, ohne gleich ein schlechtes Elternteil zu sein - und bei der Zeit geht Qualität vor Quantität.

4. Quoten für Lehrer und Erzieher: Da gehe ich mit dir konform, wir brauchen mehr männliche Vorbilder. Dafür müssen die Stellen aber auch attraktiv genug werden inklusive Bezahlung, und die Mütter aufhören, gleich sexuellen Missbrauch zu wittern, wenn ein männlicher Kinderpfleger wickelt - bei uns gab es einen BUFDI, der reihenweise die Kinder nicht wickeln sollte.

Noch einmal, grundsätzlich finde ich die Debatte gut und richtig, und du hast gute Ansätze, aber mit Blick aus meiner Filterblase (Mann verdient alleine, Frau bleibt daheim und kümmert sich um die Kinder, alle drei für sich mit besonderen Bedürfnissen und ohne abgeschlossene Ausbildung, weil die Behinderung des Kindes die Fortführung des Studiums unmöglich gemacht hat, Mann ist trotzdem nach Feierabend und am Wochenende ein prima und sehr engagierter Vater) möchtest du euer Lebensmodell auch Familien aufzwingen, die sich bewusst anders entscheiden. Wenn beide dahinterstehen, dass nur der Mann oder nur die Frau Vollzeit mit Überstunden arbeiten geht, dann ist das so zu akzeptieren.

Wichtig wäre lediglich ein ANRECHT darauf, Teilzeitarbeit zu nehmen und später wieder Vollzeit.

So, und jetzt werfe ich meine Bande aus dem Bett, mein Mann arbeitet schon wieder seit gut anderthalb Stunden - Kindergarten, Hausarbeit und Therapien warten. Nachmittags genieße ich den Luxus, dass mein Mann wegen Heimarbeit Schwimmkurs und Vorschule erledigen kann, dafür koche ich dann und bespaße das Baby, was zu dem Zeitpunkt schon wieder überreizt ist. Haushalt wird hier eh geteilt, wie er gerade anfällt und wer gerade Schwung hat. Ich hätte weder Zeit noch Nerven, noch Teilzeitarbeit unterzubringen - selbst wenn mein Mann mehr Kinder und Haushalt übernehmen würde. Nachts stillen muss ja immer noch ich.

Liebe Grüße

 
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