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Geschrieben von ibag am 20.11.2005, 8:24 Uhr

Medizinskandal im Pflegeheim..........

Medizinskandal im Pflegeheim
16 Ärzte wollten sie nicht behandeln

Von ANTJE WINDMANN und BERND SCHWEDHELM

Lucie K. († 71) hatte eine Kanüle in der Luftröhre, brauchte künstliche Nahrung. Nach einem Herzinfarkt lag sie in einem Senioren- zentrum in Cottbus im Wachkoma

Cottbus – Es ist unfaßbar: Eine alte Frau dämmert in einem Seniorenheim vor sich hin. Sie liegt im Wachkoma, ist dringend auf medizinische Versorgung angewiesen. Aber kein Arzt will sich um die AOK-Patientin kümmern!
Vor knapp zwei Wochen wurde Lucie K. († 71) in das Cottbuser Seniorenzentrum „Johann Hinrich Wichern“ eingeliefert. „Nach einem Herzinfarkt im Oktober hatte meine Mutter einen Herzstillstand erlitten. Durch den Sauerstoffmangel war ihr Gehirn geschädigt“, sagt ihr Sohn Andreas K. (36).

Die lebensfrohe Rentnerin – plötzlich war sie ein Pflegefall.

Mit einer Kanüle in der Luftröhre wurde sie ins Altenheim verlegt, brauchte außerdem künstliche Ernährung per Sonde. In einem solchen Fall ist natürlich eine ständige medizinische Betreuung durch einen Hausarzt dringend nötig.

„Ich habe daraufhin eine Woche lang rumtelefoniert, insgesamt 16 Ärzte angesprochen. Doch keiner wollte die Versorgung der alten Frau übernehmen“, sagt Iris Link, die Heimleiterin. „So etwas habe ich noch nie erlebt.“

Sie seien völlig überlastet, lautete die Antwort der Mediziner.

Damit die Patientin trotzdem Medikamente und ihre künstliche Ernährung bekommen konnte, rief das Altenheim mehrfach den ärztlichen Notdienst. Ohne Hausarzt war das die einzige Möglichkeit, die Versorgung der Patientin zumindest kurzfristig sicherzustellen.

Lucie K. starb am vergangenen Donnerstag an Herz-Kreislauf-Versagen.

„Um das klarzustellen: Vermutlich wäre die Patientin auch gestorben, wenn das Heim einen Hausarzt gefunden hätte – trotzdem ist es eine Schande, daß 16 Ärzte die Behandlung der alten Dame ablehnten“, sagt Jörg Trinogga, Sprecher der AOK Brandenburg. „Jeder Patient muß behandelt werden.“

In die Trauer von Lucie K.s Familie mischt sich Wut: „Daß in Deutschland Ärzte einem kranken Menschen die Behandlung verwehren, das kann ich immer noch nicht glauben“, sagt ihr Sohn Andreas K.

„Es handelt sich hier um einen sehr traurigen Vorfall. Die Brandenburger Ärzte sind allerdings mit über 1000 Patienten im Quartal und der geringsten Arztdichte in Deutschland wirklich sehr belastet“, sagt Ralf Herre, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV).

„Bei hohem bürokratischen Aufwand und deutlich geringeren Honoraren als im Westen kann es sein, daß einige Ärzte nicht bereit waren, eine zusätzliche Patientin zu betreuen.“ Die KV hat die Ärzte jetzt angeschrieben, um zu erfahren, mit welcher Begründung die Behandlung von Lucie K. abgelehnt wurde.

Heimleiterin Iris Link: „Es kann nicht sein, daß die Sparmaßnahmen der Regierung auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden. So etwas darf nie wieder passieren!“

Auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt fordert Konsequenzen: „Ich kenne die Details dieses Falles nicht. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben ihren Sicherstellungsauftrag zu erfüllen. Das heißt: Sie sind verpflichtet, die ärztliche Behandlung von gesetzlich Versicherten sicherzustellen. Ich erwarte darum, daß die beschriebene Kettenabweisung restlos aufgeklärt wird.“

Die Staatsanwaltschaft Cottbus hat jetzt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Für die Ärzte, die Lucie K. nicht behandeln wollten, könnte dies berufsrechtliche Konsequenzen haben.

 
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