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Geschrieben von tonib am 02.05.2017, 17:35 Uhr

Leitkultur

Ich finde die Diskussion grundsätzlich richtig und wichtig in einer Gesellschaft wie der unseren, die wenig Selbstvertrauen und -bewusstsein hat und verunsichert reagiert auf zahlenstarke kulturferne Zuwanderung mit oft sehr klaren Vorstellungen davon, wie die einzig richtige Sicht der Dinge ist. Das hat in meinen Augen nichts mit Selbsterhöhung und "am deutschen Wesen soll die Welt genesen" zu tun.

(Diese Einstellung gibt es ja gerade in moralischer Hinsicht - zum Entsetzen vieler anderer Länder; da scheint es allerdings keine Möglichkeit zu geben zu erwägen, dass der eigene Anspruch evtl. nicht das Maß aller Dinge ist).

Ich finde es auch völlig normal, dass eine Gesellschaft ungeschriebene Regeln hat, an die sich Mitglieder grundsätzlich halten und Neue sich halten sollten, wenn sie dabei sein und von den Anstrengungen und Leistungen der bestehenden Mitglieder profitieren wollen - überall ist das so, in jeder Firma, in jeder Familie, in jeder Clique, in jedem Verein. Unfair ist es nur, diese für sich zu behalten, und die unausgesprochene Erwartung zu hegen, alle sollten sich daran halten. Daher bin ich sehr dafür, auch die feineren kulturellen Töne zu vermitteln. Jede Freiheit hat Grenzen, und das müssen nicht immer nur die Gesetze sein.
Manchmal erfährt man auch erst durch Veränderung, dass bestimmte Werte nicht universell sind und dass man stetig für sie eintreten muss.


Das Grundgesetz reicht natürlich nicht aus, um diese Ordnung zu definieren, denn das enthält erstmal Abwehrrechte gegen den Staat, keine allgemeinen Regeln des Zusammenlebens. Und auch das Strafrecht nicht - die Regeln des Zusammenlebens sind viel filigraner: ich kann jeden Tag Leute schlecht, diskriminierend und unwürdig behandeln, ohne mich strafbar zu machen. Dieses Netz ist nicht fein genug. Der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält, wird dadurch nicht gebildet.

Das Strafrecht ist eigentlich ein sehr gutes Beispiel: ein Aspekt herausgegriffen; es wurde entwickelt für eine Gesellschaft, in der es einen bürgerlichen Ehrverlust bedeutet, als Angeklagter vor Gericht zu stehen und verurteilt zu werden. Dann können die Strafen auch niedrig sein, weil die größere Strafe die "Schande" ist. Wenn ich dieselbe Strafe ausurteile für jemanden, der es als Ritterschlag nimmt, wieder verurteilt zu werden und über die lächerlichen Strafmaße johlt, dann erreicht das Verfahren auf diese Weise jedenfalls nicht sein Ziel. So etwas passiert, wenn sich die Kultur verändert. Das ist alles nicht von einer höheren Macht vorgegeben, es ist unser politischer Wille, unsere Entscheidung. dafür ist erforderlich, dass wir unsere Werte erkennen und kennen und Veränderungen mitgestalten.

Ich gehöre zu den Menschen, die vieles an diesem Land sehr positiv sehen und auch einen gewissen Stolz auf das Geleistete haben - und trotzdem die Geschichte nicht vergesssen. Ich erlaube mir das, obwohl ich viele Menschen sehe, die das ablehnen. Ich habe länger im Ausland gelebt und dort ebenfalls gute Erfahrungen gemacht, aber ich bin auch auch gerne hier.

Dass de Maiziere in der Bildzeitung vielleicht nicht stark genug differenziert hat - geschenkt. Aber er hat eine wichtige Debatte angestoßen.

 
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