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von Leena  am 10.05.2014, 14:19 Uhr

Deutsche Sprache, schwere Sprache... was bedeutet die Endung ...nunft?

Ich lese gerade, aus Spaß an der Freude, eine Doktorarbeit von anno 1911 über das Strafrecht der Isländer-Sagas. Wobei ich teilweise schon mit der Sprache (von vor gerade mal 100 Jahren) kämpfe... ;-/

In einem Absatz ging es um das Recht, auch an Tieren Rache zu nehmen. Irgendein Eisbär hatte Vater und Bruder eines Isländers getötet, also hat der Isländer den Bären erlegt und gekocht und gegessen, und als er den Bären getötet hat, hat er seinen Vater gerochen, und als er dann den Bären gegessen hat, hat er seinen Bruder gerochen. Gab für mich spontan Sinn - der Bär hatte ja wohl Vater und Bruder gegessen, und wenn der Bär dann hinterher nach Vater und Bruder riecht... klang ja schlüssig. Bis mir dann irgendwann die Ahnung kam, dass das "gerochen" kein heutiges "gerochen" meint, sondern ein heutiges "gerächt". Na gut. :-)

Dann kam ein Absatz darüber, dass es in der Zeit der Isländer-Sagas (im Gegensatz zum 12. Jhd., aus dem originale Gesetz und Rechtsstreitigkeiten überliefert) sehr selten um Verbrechen wie kämpferische Ehebrüche oder Notnümfte geht.

Von "Notnümften" habe ich tatsächlich noch nie gehört.

Dank Google habe ich das Wort "Notnümfte" noch in einem Online-Exemplar eines Buches von 1866 über das Strafrecht in Kaiser Ludwigs Landrechtsbuch von 1346 gefunden, wonach die Straftaten "Diebstahl, Notnumft und Todtschlag ... an den Tod gehen", also mit der Todsstrafe bestraft wurden. Außerdem habe ich mittlerweile gelernt, dass die spätmittelhochdeutsche oder frühneuhochdeutsche (???) Endung "-nümfte", im Singular "-numft", sprachlich dasselbe sei wie die Endung "-nunft", z.B. in "Vernunft". Das Wort hieße schließlich demnach auch mal „fernumft“ oder „fernust“, wahlweise dann auch „vornumst“, „vornumpst“, „vornuft“, „vornust“, „vornufft“ oder was weiß ich.

Jetzt habe ich zwar gelernt, dass die "-nümfte" in meinen "Notnümften" dasselbe meinen soll wie das "-nunft" in "Vernunft", aber wirklich hilfreich finde ich das jetzt nicht wirklich.

Ich habe ja die starke Vermutung, dass "Notnümfte" wohl Vergewaltigung von bisher unbescholtenen Frauen bedeutet habe... ganz sicher bin ich mir allerdings nicht. Und vor allem - wo leitet sich dieses Wort her???

Ich bin verwirrt.

 
10 Antworten:

Re: Deutsche Sprache, schwere Sprache... was bedeutet die Endung ..."nunft"?

Antwort von Fredda am 10.05.2014, 14:30 Uhr

http://books.google.de/books?id=vmHtkM8SeZoC&pg=PA11&lpg=PA11&dq=notnumft&source=bl&ots=vqFVow4nJi&sig=0TeQ0ATsKibL_Xj2gfS7wUXCRdc&hl=de&sa=X&ei=ehtuU4rYM4XH7Abkq4CgDw&ved=0CFIQ6AEwCA#v=onepage&q=notnumft&f=false

Interessant!!!!

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Re: Deutsche Sprache, schwere Sprache... was bedeutet die Endung ..."nunft"?

Antwort von Leena am 10.05.2014, 14:38 Uhr

Danke! :-)

Ausgesprochen interessant, finde ich - sowohl strafrechtlich als eben auch sprachlich! Von soziologischen, feministischen oder gender-Aspekten mal ganz absehen... puh.

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Ich habe in der Tat im "Aktuell" schon lange keinen mich so interessierenden...

Antwort von joso1 am 10.05.2014, 16:45 Uhr

Thread mehr angetroffen.
Fredda ich habe mir den ganzen Teil durchgelesen und war zum ersten mal seit langem - Danke Leena- wieder begeistert weil es anscheinend noch andere Themen als PC oder Mietrecht oder .... gibt
lG Johanna

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Johanna

Antwort von maleja am 10.05.2014, 18:24 Uhr

DEIN Thema!!!

Wie siehts aus? Machst am 25. Mai auch mit?

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Re: Deutsche Sprache, schwere Sprache... was bedeutet die Endung ..."nunft"?

Antwort von Leena am 10.05.2014, 18:48 Uhr

Jetzt hat mir einer vom altgermanischen Recht geschrieben, dass ich da immer dieses "Grundprinzip von Schadensersatz" hätte, und "verletzte Frauenehre" ist insoweit quasi ein "Sachschaden", der ersetzt werden muss (ob jetzt mit Geld oder mit Totschlag des Täter, jau, egal...) Aber eine "öffentliche Frau", die hatte ja keine "Frauenehre" mehr, dementsprechend auch keinen "Schaden"... also darf man da, als Mann. Zumindest im altgermanischen Recht und Kaiser Ludwigs Landrechtsbuch lässt grüßen... (???) Wobei ich (noch) nicht weiß, inwieweit das auf das Recht in Island anno 900 übertragbar ist.

Allerdings - dieses "Sachschadensausgleichsprinzip" und dieses "Ausgleich einer Bilanz" kenne ich ja aus der Sturlunga-Zeit in Island auch: Wenn einer von der einen Gruppe erschlagen wird, muss auch einer von der anderen Gruppe erschlagen werden, damit es wieder ausgeglichen ist. Wobei ich es besonders schick finde, dass im Grunde sogar derselbe beide erschlagen darf. Sprich: Wenn ich einen von deinen Männern erschlagen habe und du deswegen sauer bist, erschlage ich noch schnell einen von meinen Männern und dann passt es wieder. Und wenn ich da spätestens im dritten Haus, an dem ich vorbei komme, Bescheid sage, ist es legal und erlaubt. :-)

Ich glaube, so faszinierend ich diese Materie finde - es tut mir nicht leid, dass ich diese Zeit nicht selbst erlebt habe!

Heutzutage und hierzulande sind nicht nur Notnümfte an ehrbaren Frauen strafbar, sondern auch Vergewaltigungen an Frauen generell - juchhu, ein Fortschritt.

(Hat allerdings jetzt mit meiner Endung "-nunft" nichts mehr zu tun, so an sich betrachtet.)

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Re: Deutsche Sprache, schwere Sprache... was bedeutet die Endung ..."nunft"?

Antwort von Timtom am 11.05.2014, 12:08 Uhr

Moin,
ohne die anderen Kommentare gelesen zu haben klingt das Wort für mich ehr nach "Not-Wehr".... "Aus einer Not heraus handelnd" .... (evtl. Auch eine Art "Beschaffungskriminalität".
Ich würdet "..nunft" als eine Art Suffix sehen die so etwas wie "... Aus.... Handelnd" bedeutet.

LG Patty

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... Also Vernunft...."vom Verstand angetrieben handelnd"....

Antwort von Timtom am 11.05.2014, 12:09 Uhr

Hast mich neugierig gemacht ;).

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Re: ... Also Vernunft...."vom Verstand angetrieben handelnd"....

Antwort von Leena am 11.05.2014, 12:18 Uhr

Soweit ich es gefunden habe, soll "nunft" wohl eine Form von Nehmen sein, also Notnümfte ein "mit Gewalt nehmen".

Was ich bei der Vernunft nehme, weiß ich noch nicht...

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Re: ... Also Vernunft...."vom Verstand angetrieben handelnd"....

Antwort von Carmar am 11.05.2014, 13:16 Uhr

Zitat: "Was ich bei der Vernunft nehme, weiß ich noch nicht..."

Viellleicht den Zusammenhang von

"vernünftig sein" und "sich benehmen".

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Re: ... Also Vernunft...."vom Verstand angetrieben handelnd"....

Antwort von Leena am 11.05.2014, 14:46 Uhr

Man könnte auch mit "Verstand annehmen" argumentieren - aber ob's passt, habe ich keine Ahnung!

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