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Geschrieben von Hase67 am 26.07.2014, 8:40 Uhr

Ach so...

So, ganz zum Schluss, wo's sowieso wahrscheinlich keiner mehr liest (war gestern aber den ganzen Tag unterwegs) kommentiere ich auch noch mal.

Ich hatte ja oben geschrieben, dass mich das Plakative stört. Ich finde auch, dass es sich der Regisseur mit seiner Bewertung von Bildung, wie sie heute stattfindet, sehr leicht macht: Schublade auf, heutige Bildung rein, Schublade zu.

Worin ich ihm Recht gebe, ist die Tatsache, dass der Ökonomie-Gedanke auf dem Bildungssektor zu stark dominiert. Aber das ist m. E. kein bildungsinternes Problem, sondern ein gesamtgesellschaftliches. Was nicht effizient ist und kein Geld bringt, gilt als nicht bedenkens- und förderungswürdig. Das gilt an den Schulen m. E. sogar noch deutlich weniger an den Unis (man sehe sich einmal an, wie an Unis die Forschungsgelder verteilt werden und welche internen Kämpfe da z. B. zwischen den Geistes- und Naturwissenschaften toben), und es gilt natürlich auch in der Politik, das fängt oft schon in der Gemeindepolitik an. Gefördert werden Projekte, die Geld bringen (Gewerbegebiete, Großimmobilienprojekte und aufwendige und teure Großprojekte aus dem kulturellen Bereich), während leisere, kreativere, weniger stromlinienförmige Kulturprojekte oft den Bach runtergehen oder Jahr für Jahr um ihre Fördergelder hart kämpfen müssen. So, das ist das eine.

An den SCHULEN ist meines Erachtens das Vernachlässigen von Soft Skills und die individuelle Förderung weniger ein Bewusstseins- als ein Geld- , Zeit- und Logistikproblem. Frag mal die Lehrer (also nicht die, die längst resigniert-grantelnd in ihrem Job herumdümpeln, sondern die, die sich noch einen gewissen Anspruch bewahrt haben): Die Kinder sind ihnen heute um ein Vielfaches wichtiger und stehen viel mehr im Blickpunkt des Interesses, als dies z. B. früher bei uns der Fall war. Kinder werden viel mehr als eigenständige Persönlichkeiten wahrgenommen und angesprochen als früher und werden nicht mehr einfach durch simple Maßregelung zum "Funktionieren" gebracht, sondern es gibt erst Problemlösungsgespräche mit dem Kind, dann mit den Eltern und DANN erfolgt erst eine härtere Sanktion. Schon klar, dass das nicht bei jedem Kaugummispucken auf dem Schulhof praktiziert wird. Aber ich widerspreche dem Tenor des Films insofern, als ich nicht sehen kann, dass das Kind in seinem eigenen Sein an den hiesigen Schulen nicht wahrgenommen und wertgeschätzt würde. Es bleibt nur einfach nicht die Muße und die Zeit, um sich dem eingehender zu widmen.

Und, mal davon abgesehen: Mag ja sein, dass jedes Kind auf seine Art "hochbegabt" ist, weil es mit einer einzigartigen Ausstattung auf die Welt kommt. Aber die Individualität erreicht nun mal dort seine Grenzen (und das ist kein neues Phänomen, sondern liegt in der Natur der Sache), wo wir in einem recht engen System leben, das sich Gesellschaft nennt, und wo jeder nicht nur nach eigener Entfaltung streben kann, sondern eben auch ein Teil des Ganzen ist und innerhalb dieses Systems in gewisser Weise, ja, auch funktionieren sollte.

Nebenbei bemerkt, finde ich das Heranziehen von asiatischen Beispielen in dem Film völlig daneben, weil es nämlich dazu dient, Thesen des Autors und Regisseurs zu untermauern, die sonst hierzulande gar nicht haltbar wären. In asiatischen Staaten wird der Individualität viel weniger Raum gegeben, da ist dieses "Ich bin ein Schräubchen im Getriebe, ich selbst nicht wichtig, sondern nur das System" doch viel stärker ausgeprägt als hier. Daher kommen doch auch die Auswüchse mit Selbstmorden in ausbeuterischen asiatischen Betrieben großer internationaler Firmen - da steckt oft nicht nur Verzweiflung, sondern auch Scham dahinter, seiner gesellschaftlich erwarteten Aufgabe nicht gerecht geworden zu sein.

Als Denkanstoß sind Film und Buch sicherlich geeignet, aber m. E. nicht, um das Ganze kritiklos als "ach ja, der Mann hat ja so Recht" zu übernehmen.

LG

Nicole

 
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