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Geschrieben von Elisabeth mit Fumi & Temi am 18.10.2005, 9:39 Uhr

@ Ninas wg. Ganztagsschule und anderem

Hallo Ninas,

eines wollte ich noch anmerken: Fumi ist jetzt in der 4. Klasse. Als ich neulich ihr Schulbuch durchblätterte, ist mir aufgefallen, daß es da auch eine Einheit über Werbung gibt. Es scheint also durchaus im Lehrplan zu stehen. Fragt sich irgendwie, ob es in der 4. Klasse nicht schon zu spät ist. Ich habe mit Fumi auch schon mehrfach darüber gesprochen und hatte auch den Eindruck, daß sie das schon länger verstehen kann.

Und was das Spielgeld angeht: Das können wir leider nicht mehr erhöhen, es ist schon recht hoch und viele Eltern beschweren sich. Als wir das Spielgeld vorletztes Jahr das letzte Mal erhöht haben, wurden drei Kinder vom Hort abgemeldet. Wobei es ja nicht so ist, als ob die Eltern sich plötzlich mehr um die Kinder kümmern - nein, die Kinder verbringen jetzt die Nachmittage bei den Fixern auf der Postwiese, bei MacDoof am Ostbahnhof oder in der Videospielabteilung beim Mediamarkt. Und, bitte, das sind Grundschüler.

In Berlin wurde kürzlich der Salesianer-Hort geschlossen, weil die Stadt das nicht mehr finanziell unterstützt. Das war meines Wissens der einzige Hort in Berlin, der Jungen bis zum Alter von 18 Jahren nachmittags betreut hat.

Wir sparen unsere Jugend kaputt. In 10 bis 15 Jahren fliegt uns das um die Ohren, wenn nicht schon jetzt. Meine Freundin ist seit 7 Jahren Kinderärztin in einem Sozialpädiatrischen Zentrum. Sie sagt, sie kann den Verfall mit Händen greifen, und auch dort werden jetzt die Mittel gestrichen.

Wenn ich sowas sehe, habe ich Angst um meine Kinder.

Beitragsfreie Kindergärten mit mindestens einem Pflichtjahr wären ein Schritt in die richtige Richtung. Aber ich finde die Ganztagsschule auch nicht verkehrt. Meine Idee wäre: Ganztagsschule als "Standard", Halbtagsschule als Angebot, so wie es heute Montessori-Schulen oder Waldorfschulen gibt. Wobei es nicht darum gehen darf, die Kinder ganztags zu "verwahren". Wenn schon Ganztagsschule, dann bitte mit angepaßtem Lehrplan und anderen Methoden: Mehr Wechsel zwischen Unterricht und Entspannung, zwischen Lernen und Vertiefen, zwischen Zuhören und Aktionen.

Ich habe mit Fumis Hort wirklich gute Erfahrungen gemacht. Fumi hat im Hort definitiv mehr Bewegung und Aktion, als sie das zu Hause je hätte, weil wir halt eine Stadtwohnung haben, und im Hort kann sie den Schulhof mit Bolzplatz, Garten und Spielplatz nutzen, und ist dabei mit ihren Freunden zusammen. Ich weiß, daß wir viel Glück haben mit dem Hort und der Schule. Aber es zeigt auch, das es funktionieren kann. Ich würde am liebsten alle die Kinder, die nachmittags zu Hause vor dem Fernseher verkümmern, oder sich in der Stadt herumtreiben, zwangsweise in solche Horte stecken. Sonst bekommen wir immer mehr Generationen von antriebslosen, ungebildeten, dicken Kindern. Den Du schreibst völlig richtig, daß das ja "vererbt" wird: Die Kinder, die heute vor dem Fernseher "erzogen" werden, werden ihre Kinder später genauso erziehen. Leider kann eine Halbtagsschule nicht ausreichend gegen das Vorbild der Eltern angehen, da muß schon eine Ganztagsschule her.

Wir haben in Deutschland eine aus der Vergangenheit resultierende Abneigung gegen "institutionalisierte" Erziehung. Deutschland ist m.W. das einzige Land, in dem die elterliche Erziehungsgewalt sogar im Grundgesetz verankert ist. (Ich habe da mal ein sehr gutes Buch über die Entstehung des Grundgesetztes gelesen, wo das in einem ganzen Kapitel thematisiert wurde.) Ich fürchte, daß wir uns mit dieser (verständlichen!!!) Angst viele Möglichkeiten des frühen Eingreifens verbauen.

Jetzt ist es doch sehr lang geworden, sorry. Aber mir liegt das am Herzen, weil ich die Kinder in der Schule und im Hort sehe, und ich am liebsten jedes Einzelne besser fördern möchte. Einerseits tun mir die Kinder leid, aber mir tut auch die Gesellschaft leid, in die meine Kinder hineinwachsen. NOCH kann man aus den Kindern Menschen formen, die ihren Platz in der Gesellschaft ausfüllen und dabei zufrieden sind. In ein paar Jahren ist das vorbei.

Schönen Gruß,
Elisabeth.

 
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