ADHS - ADS

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Geschrieben von Dezemberbaby2012 am 14.01.2021, 21:21 Uhr

Probleme beim Homeschooling

Hallo,

ich weiß so sehr, was du meinst! Im Frühjahr waren die ersten Homeschooling-Tage bei uns auch eine Katastrophe. Nicht nur mein Sohn, auch ich habe heimlich viele Tränen vergossen. Er wollte nicht anfangen, konnte sich keine Sekunde konzentrieren, ist ständig aufgestanden und wollte lieber spielen. Weder nachsichtige Geduld, noch sanfter Druck oder Drohungen mit Konsequenzen haben etwas daran ändern können. Wir waren echt richtig verzweifelt.

Dann habe ich begonnen, mich mit einigen „schlauen“ Büchern nochmal grundlegend mit den Besonderheiten bei ADHS, insbesondere hinsichtlich der Informationsverarbeitung im Gehirn, zu beschäftigen und überlegt, wie ich meinen Sohn besser beim Lernen unterstützen kann.

Die folgenden Maßnahmen haben uns geholfen (vielleicht ist ja etwas für euch dabei):

- einen eigenen, dauerhaften Stundenplan fürs Homeschooling erstellen
Dafür haben wir jedes Fach in jeweils zwei 20-Minuten-Blöcke geteilt.
Dazwischen jeweils 5 Min. Pause für Toilette, herumhüpfen, Apfelstück essen o.ä.
Bsp.: 20 Min. Deutsch, 5 Min. Pause, nochmal 20 Min. Deutsch.
Wir haben auf dem Tisch einen „Time Timer“ (in der 20-Minuten-Version) stehen, so dass
das Kind jederzeit sieht, wie lange es noch dauert und wieviel schon geschafft ist.
Nach 20 Minuten ertönt ein Signal. Der Timer beendet auch die 5-Min.-Pause akustisch
und es wird dann sofort weitergearbeitet

- gleich morgens nach dem Frühstück beginnen, immer zur selben Zeit
(bei uns 9 Uhr, mit angenehmem Gong aus dem Handy als akustischem Signal)

- keine Medien (Hörspiele, TV, Apps) morgens vor dem Homeschooling

- der Tisch und die grobe Blickrichtung sollten möglichst leergeräumt sein, vor allem ohne
schulfremde Sachen wie Briefstapel, Zeitschriften, Wäsche oder Spielzeug

- ein Glas frisches Wasser steht immer auf dem Tisch bereit (kein Saft o.ä.)

- wir haben einen „Wackelstuhl“, der die Zappelenergie etwas auffängt und umleitet. Ich
bilde mir ein, dass unser Kind damit länger am Tisch sitzen bleiben kann

- Wir haben auch Sport (30 Min.) und Entspannungsunterricht (20 Min.) in unseren
Stundenplan integriert (jeweils nach den zwei Hauptfächern)
Das verlängert die tägliche Homeschooling-Zeit zwar auf den ersten Blick, wirkt sich bei
uns aber letztendlich umgekehrt aus: wir werden insgesamt schneller mit den Aufgaben
fertig, wahrscheinlich durch die Ablenkung und frische Energie fürs Gehirn.
Sport machen wir entweder drinnen (Softball zuwerfen, Gymnastik, einfache
Yogapositionen, Gleichgewichtsübungen o.ä.) oder draußen (Ball fangen und zuwerfen
üben, prellen, Körbe werfen, auf Gehweglinie balancieren, zum Spielplatz laufen und
dort klettern, eine Runde Schlitten fahren o.ä.)
In der Entspannungsstunde verdunkeln wir das Kinderzimmer bis auf eine kleine
Sternenlampe, legen uns auf den Boden und hören eine Traumreise oder andere
Entspannungsgeschichte, machen Progressive Muskelentspannung für Kinder, eine
Atemmeditation oder massieren uns

- wir haben auch die Nebenfächer Sachunterricht, Kunst und Musik (jeweils 1 x/Woche) in
unseren Stundenplan integriert, obwohl das von der Lehrerin gar nicht so vorgesehen ist.
Dadurch wird der Unterricht auch nochmal aufgelockert, was das Homeschooling
wesentlich interessanter für unseren Sohn gemacht hat. Vorher, nur mit Mathe und
Deutsch, war Homeschooling für ihn irgendwie etwas ganz schreckliches.

- möglichst viel visuelles und anfassbares Material zum Lernen verwenden.
Wir haben z.B. in der 1. Klasse Kastanien, einen Schüttelbaum, ein Rechenmauer-Spiel
und einen Abaco zum Rechnen benutzt. Im Sachunterricht haben wir eine Tulpe seziert,
beschnuppert und befühlt. In Deutsch haben wir u.a. mit Karteikarten gearbeitet.

- wenn wir nach 2x 20 Min. verhaltensbedingt mit einer wichtigen Aufgabe nicht fertig
geworden sind, hänge ich gegebenenfalls noch einmal weitere 20 Minuten für dieses
Fach dran, bevor es weitergeht. So staut sich nicht zu viel Lernstoff an und es erhöht
auch die Motivation beim Kind, nächstes Mal dran zu bleiben

- insgesamt aber auf eine möglichst entspannte Stimmung beim Lernen achten. Als Eltern
ruhig bleiben, sich nicht von der Zappeligkeit oder negativen Emotionen des Kindes
anstecken lassen, auch wenn es schwer fällt. Möglichst wenig Drohungen und
Eskalationen, denn dann macht z.B. unser Sohn meist „ganz dicht“. Statt dessen
mitfühlend und verständnisvoll, aber in der Sache konsequent reagieren

- ich habe mich selbst vom Zwang, alle Arbeitszettel bearbeiten zu müssen befreit. Wenn
mir ein Arbeitszettel für meinen Sohn ungeeignet erscheint, lasse ich ihn weg und mache
mit ihm etwas ähnliches auf anderem Weg (z.B. mit anschaulicherem Material, s.o.). Das
habe ich auch mit der Lehrerin so abgesprochen.
Wichtig ist mir, DASS er es lernt. WIE er es lernt, entscheide ICH während des
Homeschoolings. Auch wenn er eine Leseaufgabe mit langweiligem, für ihn albernem
Text bekommt, lasse ich ihn stattdessen eine Seite aus seinem „Drei ???“- oder
„Drachenzähmen“-Buch lesen. Da ist er so motiviert, dass er glatt noch die nächste Seite
weiterliest.

- Jetzt zum Thema „KIND FÄNGT NICHT AN“ oder HÖRT MITTENDRIN AUF“:
Wir haben ein Belohnungssystem eingeführt, in Anlehnung an das Selbsthilfe-Buch
„Wackelpeter und Trotzkopf“ von Manfred Döpfner.
Es gibt je 20-Min.-Schulstunde 11 lachende oder traurige Smileys zu vergeben.
Sobald das Kind rumkaspert, wild rumzappelt oder sich verweigert, erfolgt eine
freundliche Ermahnung. Ändert sich nichts, erfolgt eine deutlichere Verwarnung mit
Hinweis auf die Smileys. Macht das Kind immer noch nicht mit, wird ein Smiley mit
einem traurigen Gesicht gemalt. (Gibt es daraufhin einen Wut-/Heulanfall, wird nach
einer kurzen Ermahnung ohne weitere Diskussion ein zweiter trauriger Smiley vergeben)
Am Ende der 20 Minuten werden alle dann noch leeren Smileys mit lachenden
Gesichtern angemalt. Gibt es nun insgesamt mindestens 8 lachende Smileys (d.h.
höchstens 3 traurige Smileys), erhält das Kind einen Punkt für diese Lerneinheit.
Pro Tag gibt es also bei uns maximal 6 (2x Deutsch, 2x Mathe, 2x weiteres Fach) bzw.
inzwischen 8 (inkl. Sport und Entspannung) Punkte zu erreichen. Diese Punkte können
gesammelt werden. Für jeweils 8 gesammelte Punkte gibt es bei uns eine Kleinigkeit
(Aufkleber, Tattoo o.ä.), für 16 Punkte z.B. ein kleines Hotwheel-Auto und für 40 Punkte
z.B. ein spannendes Lego-Päckchen.

Eigentlich war ich immer gegen Bestechung in der Erziehung, aber bei ADHS ist
Motivation einfach sehr wichtig und wirkungsvoll. Und mein Sohn schafft es über die
motivierende Belohnung, sein starkes ADHS etwas im Zaum zu halten. Meine Hoffnung
(und die Meinung vieler Fachleute) ist, dass er das dann irgendwann auch ohne extra
Belohnung schafft.

Die neue Homeschooling-Runde läuft bei uns jetzt seit 4 Tagen und es ist soooo viel besser als letztes Mal zu Beginn. Mein Sohn wehrt sich nicht mehr mit Händen und Füßen und schafft es teilweise auch besser, sich zu konzentrieren. Klar, es ist immer noch anstrengend, aber wir sitzen nicht mehr bis abends um 18 Uhr an den Arbeitsblättern, sondern sind spätestens um 13 Uhr fertig. Lt. Plan müssten wir um 12:30 Uhr fertig sein, und das schaffen wir auch noch!

Ganz liebe Grüße

Dezemberbaby

 
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