Frage: Frage zu Medikament

Liebe Frau Dr. Esch, ich habe eine Frage zu meiner eigenen Zahnbehandlung da ich stille und hoffe, sie können mir trotzdem helfen. Mein Zahnarzt hat mir während einer normalen Kariesbehandlung ohne mich darüber zu inforieren Toxavit in den Zahn gelegt. Als ich nach der Behandlung genau nachfragte und (nochmal) erwähnte, dass ich stille, nahm er das Toxavit wieder aus dem Zahn und füllte ihn mit Cavit (?). Jetzt hab ich irgendwie trotzdem Angst und wollte nachfragen, ob das Toxavit in den 20 Minuten im Zahn schon Schaden angerichtet haben kann bezüglich des Stillens und ob Cavit ok ist? Eigentlilch habe ich dem Zahnarzt immer sehr vetraut, aber Toxavit anzuwenden scheint ja garnicht mehr üblich? Vielen Dank!

Mitglied inaktiv - 16.09.2015, 11:25



Antwort auf: Frage zu Medikament

Hallo, von der Verwendung von Toxavit wird heutzutage abgeraten, ist aber immer noch in vielen Praxen zu finden. Welche Auswirkung die lokale Anwendung im Zahn auf den Körper hat ist, wie so oft, schwer zu sagen. Es bestehen allerdings keine Bedenken meinerseits, da nur ein Zahn für wenige Minuten betroffen war und die geringe Menge des Paraformadehyds, die in den Körper übergegangen ist, wahrscheinlich kaum relevant ist. Sie müssen also keine Schädigung Ihres Kindes befürchten. Ich hoffe, dass beruhigt Sie etwas. Wenn nun zukünftige Wuzrelbehandlungen anstehen, brauchen Sie keine Schmerzen länger als nötig zu ertragen: Eine Zahnarztbehandlung, auch eine Entzündung oder eine Wurzelbehandlung mit Betäubung usw., verlangt KEINE Stillpause und auch kein Verwerfen der Milch! Ich zitiere hierzu aus "Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" Schaefer, Spielmann, 7. Auflage 2006: "Lokalanästhetika: Erfahrungen. Lidocain (z.B. Xylocain®) geht selbst bei intravenöser Behandlung von Herzrhythmusstörungen nur in geringer Menge in die Muttermilch über (siehe Kapitel 4.6). Bei insgesamt 27 Patientinnen, die zur Sectio eine Epiduralanästhesie mit durchschnittlich 183 mg Limain und 82 mg Bupivacain erhalten hatten, wurden nach 2, 6 und 12 Stunden Lokalanästhetika und deren Metabolite im Serum und in der Milch nachgewiesen. Im Mittel fanden sich 860 µg/l Lidocain und 90 µg/l Bupivacain in der Milch sowie 140 µg/l des Metaboliten Pipecolylxylidid (PPX) (Ortega 1999). Die M/P-Quotienten betrugen 0,9, 0,4 und 1,3. Es sind nicht mehr als 1 bis höchstens 4 % der per os ohnehin kaum verfügbaren Wirkstoffe als relative Dosis für ein gestilltes Kind zu erwarten. Die beobachteten Kinder zeigten keine Auffälligkeiten. Bei der Applikation von 3,6 - 7,2 ml Lidocain 2 % ohne Adrenalinzusatz im Zusammenhang mit einer zahnärztlichen Therapie fanden sich für Lidocain und seinen Metaboliten Monoethylglycerinxylidid durchschnittlich nur 73,4 µg/l bzw. 66,1 µg/l in der Milch, toxische Wirkungen beim gestillten Kind wurden für unrealistisch gehalten (Giuliani 2001). Eine interpleurale Dauerinfusion von Bupivacain (z.B. Carbostesin®), 25 mg/Stunde, führte zu maximal 0,45 µg/ml in der Muttermilch. Im Serum des Säuglings war die Substanz nicht nachweisbar (Nachweisgrenze < 0,1 µg/ml). Toxische Symptome wurden nicht beobachtet (Übersicht in Spigset 1994). Zu Levobupivacain (Chirocain®), Mepivacain (z.B. Scandicain®), Procain und Ropivacain (Naropin®) liegen keine Daten zur Stillzeit vor. Es ist jedoch anzunehmen, dass diese Substanzen und vor allem solche mit kurzer Halbwertszeit und hoher Plasmaeiweißbindung wie Articain (z.B. Ultracain®) nur sehr geringe Konzentrationen in der Milch erreichen. Der bei Lokalanästhesie übliche Adrenalinzusatz wirkt ohnehin einem Übergang in die Muttermilch entgegen. Prilocain (Xylonest®) wirkt in stärkerem Maße als die anderen Lokalanästhetika als Methämoglobinbildner. Systematische Untersuchungen zur Anwendung in der Stillzeit fehlen auch für die ausschließlich zur Lokaltherapie eingesetzten Substanzen Benzocain (z.B. Anaesthesin® Creme), Chlorethan (z.B. WariActiv® Aerosol), Oxybuprocain (z. B. Thilorbin® Augentropfen) und Tetracain (z.B. Acoin® Lösung), wobei hier nicht mit einer systemischen Resorption größerer Mengen zu rechnen ist. Empfehlung für die Praxis: Bei üblicher Anwendung (im Rahmen einer Zahnbehandlung oder anderer Eingriffe) können Lokalanästhetika in der Stillzeit verwendet werden; dies gilt auch für Kombinationen mit Adrenalin. Prilocain sollte gemieden werden, nach dennoch erfolgter Applikation ist jedoch keine Stillpause erforderlich." Sollten danach Medikamente nötig sein, gibt es auch genug Alternativen, die mit dem Stillen vereinbar sind. Ich hoffe, ich konnte Sie etwas beruhigen! Lieben Gruß

von Dr. Jacqueline Esch am 16.09.2015



Antwort auf: Frage zu Medikament

Vielen lieben Dank für Ihre Antwort und die Tipps. Der Zahn ist ja nun mit Cavit gefüllt - ist das ok? Danke!

Mitglied inaktiv - 16.09.2015, 21:32



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..und er sagte, er habe nun ein "kalhaltiges Medikament" verwendet, das stillverträglich sei. Klingt das plausibel? Danke!

Mitglied inaktiv - 16.09.2015, 21:35



Antwort auf: Frage zu Medikament

Hallo, dabei handelt es sich wahrscheinlich um eine CALXYL-Einlage. Dies ist eine Calciumhydroxidpaste zur Wurzelbehandlung und Wurzelfüllung. Die starke, nachhaltige Wirkung tritt durch die calcium-alkalische Umstimmung unter Schonung des umgebenden Gewebes ein. Eine Gefährdung des Säuglings durch Wurzelbehandlung mit diesem Präparat ist ausgeschlossen. Cavit wird als provisorisches Füllungsmaterial verwendet und besteht aus Zinkoxid in Verbindung mit Calciumsulfat- Hemihydrat. Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch und Einhaltung der Dosierungsanleitung können Zink-Präparate auch innerlich in der Schwangerschaft und in der Stillzeit angewendet werden. Viele Grüße

von Dr. Jacqueline Esch am 17.09.2015



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... tausend Dank! :-)

Mitglied inaktiv - 17.09.2015, 13:03