Frage: Zu spät zum Stillen??

Hallo, Zunächst einmal möchte ich sagen, ich lebe in der Türkei und habe leider keine Hebamme oder Stillberaterin zur Verfügung! ;( Ich hatte am 23.7. einen geplanten Kaiserschnitt (BEL) und mein Kleiner ist 3700g und 51 cm absolut fit! Nachdem ich keinen Milcheinschuss hatte, machte man mir im KH etwas Stress, dass ich den Kleinen dann unbedingt das Fläschchen geben muss, damit er nicht an Gewicht verliert! Natürlich hab ich das gemacht, d.h. er bekommt täglich ca. 6-8 Flaschen mit 60 ml. Natürlich habe ich versucht, ihn trotzdem so oft wie möglich anzulegen, um den Milcheinschuss zu fördern, aber er zeigt Null Interesse an meiner Brust, wehrt sich sogar panisch davor, wenn ich versuche ihn anzulegen!!! Wenn ich es vor dem Fläschchen versuche, wehrt er sich mit allen Kräften dagegen, schreit und weint bitterböse, bis ich eben aufgebe! Wenn ich ihm erst das Fläschchen gebe und dann anlegen will, dann zeigt er null Interesse und macht nicht mal den Mund auf oder schläft gleich wieder ein! Seit gestern habe ich nun endlich Milcheinschuss, weiß aber nicht wie ich ihn nun zum Trinken an der Brust motivieren soll! Habe ich alles falsch gemacht und bekomme ihn nun nicht mehr an die Brust??? Bin am Überlegen, mit einer Milchpumpe abzupumpen, aber dann würde er die Milch ja wieder nur per Fläschchen bekommen und ich würde so gerne direkt stillen! Gibt es noch Hoffnung??? Auch meinte man zu mir, ich müsse ihm unbedingt alle 3-4h eine Mahlzeit geben, da er sonst bei den Temperaturen ( auch nachts noch 30 Grad!!) Probleme mit dem Kreislauf bekommen kann! Er schläft aber auch nachts so gut - teilweise 6h durch, dass ich ein ganz schlechtes Gewissen habe, ihn für sein Fläschchen wecken zu müssen! Ist dies wirklich nötig ??? Ich bin mit allem sehr unsicher und die Aussagen der Ärzte hier sind mir manchmal sehr suspekt, weil mir mein gesunder Menschenverstand etwas anderes sagt! Vielen Dank schon vorab!

von LadyButterfly am 28.07.2014, 05:34



Antwort auf: Zu spät zum Stillen??

Liebe LadyButterfly, ja, in diesem Alter und bei dieser Hitze würde ich auch wecken. Das grundlegende Vorgehen bei einer Relaktation besteht darin, das Baby dazu zu bringen so oft wie möglich an der Brust zu saugen. Dadurch werden die Brüste (wieder) zur Milchbildung angeregt. Ein ähnlicher Effekt lässt sich auch mit einer guten Milchpumpe erreichen. Häufig ist auch zusätzliches Pumpen neben dem Anlegen des Kindes sinnvoll, um die Milchproduktion zu steigern. In manchen Fällen wird die Relaktation bzw. induzierte Laktation zusätzlich mit Medikamenten unterstützt. In den Ländern der dritten Welt, wird meist ohne Medikamente vorgegangen und die Ergebnisse sind dennoch fast immer besser als bei uns. Gut beschrieben wird der Vorgang der Relaktation in dem Buch "Stillen eines Adoptivkindes und Relaktation“ von Elizabeth Hormann (ISBN 3 932022 02 5), das im Buchhandel oder bei La Leche Liga Deutschland und bei jeder LLL Stillberaterin erhältlich ist. Allerdings verlangt eine Relaktation wie schon gesagt sehr viel Durchhaltevermögen und möglichst die Unterstützung einer darin erfahrenen Stillberaterin, die dir z.B. den Umgang mit einem Brusternährungsset zeigen kann. Dies wird verwendet, um zusätzlich erforderliche Milch über eine kleine Sonde direkt an der Brust zu verfüttern, bis die selbst gebildete Milchmenge wieder ausreicht. Zusätzliche Flaschen sollte das Baby nicht bekommen, statt dessen wäre die Becherfütterung eine sinnvolle alternative Fütterungmethode. Die benötigte Milchmenge auf Dauer nur durch Pumpen aufrechtzuerhalten ist nicht immer leicht und verlangt oft sehr viel Disziplin und vor allem regelmäßiges und ausreichendes Pumpen. Dabei ist es in der Regel sinnvoller häufiger etwas kürzer abzupumpen statt selten und dann länger. Es hat sich bewährt, nach dem Schema 7 Minuten pumpen unterbrechen zum Massieren der Brust 5 Minuten pumpen massieren der Brust 3 Minuten pumpen, vorzugehen. Eine Brustmassage kann auch dazu beitragen den Fettgehalt der abgepumpten Milch erhöhen. Die besten Erfahrungen habe ich mit vollautomatischen, elektrischen Pumpen mit Doppelpumpset gemacht. Diese Pumpen sind von den Firmen Medela und Ameda erhältlich und können auch in Apotheken und Sanitätshäusern ausgeliehen werden. Da eine Pumpe nicht die gleichen Gefühle auslöst wie ein Baby, müssen Sie vor allem anfangs ihren Milchspendereflex anregen. Dazu können Sie einige der folgenden Methoden der physischen und psychischen Stimulation einsetzen: Abpumpen in einer vertrauten und angenehmen Umgebung, vielleicht immer am gleichen Platz, im gleichen bequemen Sessel (ideal wäre ein Stuhl, der ihre Arme in einer bequemen Haltung stützt und es Ihnen ermöglicht den ganzen Körper zu entspannen). Störungen so gering wie möglich halten. Sie sollten z.B. das Telefon aushängen, etwas entspannende Musik anschalten und alles was Sie brauchen könnten bei der Hand haben. Dazu können ein Glas Wasser oder Saft, ein gesunder Imbiss oder etwas zu lesen gehören. Einhalten eines Rituals vor dem Abpumpen. Das Einhalten eines bestimmten Ablaufs vor dem Abpumpen, kann ihren Milchspendereflex anregen und auch als psychologischer Auslöser dafür wirken. Einige der folgenden Vorschläge können eventuell auch Ihnen helfen: • Wärmeanwendungen auf den Brüsten, entweder trocken oder feucht. Dazu können feuchte, warme Kompressen oder ein Heizkissen verwendet werden, oder aber Sie duschen warm. • Da Wärme entspannend wirkt, sollte Sie sich eine Decke oder eine Jacke über die Schultern legen, oder sich in die Nähe einer Heizquelle setzen. • Sanfte Brustmassage, entweder in der Dusche oder direkt vor dem Abpumpen. Das hilft besonders dann, wenn Sie angespannt sind. • Brustwarzenstimulation, durch sanftes Reiben oder Rollen der Brustwarzen. • Fünf Minuten Entspannung. Die Anwendung der Atemübungen aus der Geburtsvorbereitung oder einfach nur ruhiges Dasitzen und sich dabei etwas Angenehmes vorstellen (einen warmen Sandstrand mit Wellen, die ans Ufer plätschern, ein Gebirgsbach oder eine tropische Brise). Das Abpumpen mehrmals unterbrechen um die Brust zu massieren. Es sollte möglich sein, den Milchspendereflex mehrfach stimulieren, indem Sie das Abpumpen nach etwa zehn Minuten unterbrechen, ihre Brust massieren und dann wieder pumpen. (Bei der La Leche Liga Deutschland können Sie das Infoblatt „Die Marmet Methode" über das Handausstreichen und Massieren der Brust bestellen) Rhythmische Bewegungen beim Abpumpen um das Saugverhalten des Babys nachzuahmen. Beim Saugen übt das Baby einen sanften, rhythmischen Druck auf die Milchseen aus während es einen Sog aufbaut. Um Ihren Milchspendereflex möglichst wirkungsvoll anzuregen, sollte Sie versuchen, das Saugverhalten ihres Babys an der Brust nachzuahmen. Um die Milchproduktion richtig in Gang zu bekommen, sollten Sie häufiger als fünf Mal pro Tag pumpen. Ihre Babys würden jetzt mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden an Ihrer Brust trinken. Versuchen Sie etwa ebenso oft zu pumpen, wie ein Baby trinken würde, also etwa alle zwei bis drei Stunden. Ob Sie nachts eine längere Pause einlegen (etwa sechs Stunden) oder nicht, müssen Sie ausprobieren. Manche Mütter bevorzugen eine Nachtpause, andere kommen besser zurecht, wenn sie auch in der Nacht regelmäßig weiter pumpen. Insgesamt sollten Sie auf eine Pumpzeit von mindestens 100 Minuten innerhalb von 24 Stunden kommen. Es ist sinnvoller häufiger kürzer abzupumpen als seltener und länger Essen Sie genügend und ausgewogen (ausreichend kohlenhydrathaltige Nahrung) und trinken Sie entsprechend Ihrem Durstgefühl. Eine zu hohe Flüssigkeitsaufnahme wirkt sich nicht positiv auf die Milchmenge aus. Viel trinken mach NICHT viel Milch, im Gegenteil. Solange Sie sich nicht ausgedörrt fühlen, ihr Urin hell ist und Sie keine Verstopfung bekommen, trinken Sie genug. Es gibt keinen wirklichen Beweis für die Wirksamkeit von Milchbildungstees. Wenn Sie Milchbildungstee trinken wollen, dann bitte nicht mehr als zwei bis drei Tassen täglich, mehr kann Bauchprobleme beim Kind verursachen. Versuchen Sie so viel Ruhe und Entspannung wie es in Ihrer stressbeladenen Situation möglich ist zu finden. Ich hoffe, ich konnte erstmal weiterhelfen, ganz llliebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 28.07.2014