Liebe Stillberaterinnen,
meine Tochter und ich haben nach verschlafenen Anfängen (sie nahm schlecht zu, ich musste sie nachts wecken, damit sie trinkt) nun eine sehr schöne und harmonische Stillbeziehung, die wir auch gern so lange weiterführen wollen, wie sie es braucht.
Seit mein Kind die erste Kinderkrankheit hatte (Stillen brachte sie recht gut drüber hinweg), sind ihre Stillabstände, die schon immer kurz waren (1,5-3h) wieder geschrumpft, vor allem nachts schläft sich nicht einmal mehr die sonst üblichen 3-4 Stunden, manchmal waren es 5. Sie schläft mit meinem Mann ein (so dass ich noch ein paar Stunden für mich hatte, bevor ich ins Bett ging), der sie sonst immer beruhigen konnte, wenn sie nicht durch die nächste Leichtschlafphase kam, aber nun kann er das nicht mehr, sie schreit sich in Rage, bis ich komme und sie stille (oft schon 1,5 Stunden nach dem Einschlafen). Dann schläft sie friedlich weiter, und ich merke dann immer, wieviel Not sie hatte. Oft lässt sie mich recht schnell wieder los und dreht sich um, manchmal nuckelt sie aber auch Ewigkeiten, bis ich selbst nicht mehr weiß, wann sie irgendwann losgelassen hat, weil ich eingeschlafen bin. Kommt der Milchspendereflex, trinkt sie immer auch intensiv. Durch schlampiges Anlegen waren die Brustwarzen bei der Nuckelei. Auch mittags muss ich ihr wieder in den Schlaf helfen, sie ist sehr unglücklich, wenn sie aufwacht, weil sie wieder die Schlafkurve nicht bekommen hat.
Unsere Maus isst seit sie knapp 6 Monate alt ist, bei uns mit. Sie hat Phasen, in denen sie sehr viel isst, und dann wieder isst sie fast nichts. Brei im klassischen Sinne hat sie nicht bekommen, wir haben sie nach der Baby-led-weaning-Methode ans Essen herangeführt, was auch super klappte. Nie habe ich Sorge, dass sie zu wenig bekommt, sie entscheidet selbst, was und wieviel sie isst und trinkt, und ansonsten gibts ja Mamas Milch.
Unsere Tochter ist, eine sehr aktive und kleine, aber für ihre Größe gewichtmäßig gut geratene Maus (BMI leicht über Mitte), deren Hauptanliegen von Anfang an Bewegung war und ist. Sie konnte schon immer schlecht einschlafen, weil ihr das Abschalten so schwer fiel. Oft schlief sie nur im Tuch, oder, nach langem "Üben" (= Schreien, anfangs schwer zu ertragen, aber wegen der blankliegenden Nerven notwendig) abends mit Papa ein, oder eben beim Stillen. Auch heute würde sie niemals einfach einschlafen. Es geht schon mal im Buggy, aber oft auch nicht, im Tuch weiterhin, und ich stille sie und lege sie dann ins Bettchen. Da geht es auch, wenn sie schon fast am Schlafen ist. Abends geht es auch im wachen Zustand; wenn sie ins Beistellbett zu Papa nach dem letzten Stillen kommt, freut sie sich, und die beiden schlafen zusammen ein. Wach ins Bett legen ist unmöglich, war es schon immer. Sie hat einfach einen Rödelmotor, den sie selbst nicht abstellen kann.
Das Kind läuft an Möbeln entlang, aber noch nicht selbst, sie kann Treppen und Klappleitern erklettern, krabbelt rückwärts allein vom Bett, trotz ihrer geringen 70cm Größe und ist sehr mobil und erfindungsreich, immer in Aktion und stellt die ganze Wohnung auf den Kopf.
Meine Frage ist nun, ob ein Ende in Sicht ist und wir irgendwann mal wieder zu etwas längeren Schlafphasen kommen oder ob ich Sorge haben muss, dass sich das Kind so schön dran gewöhnt, dass ich ewige Schlafhilfe sein muss. Wie gesagt, wenn ich es ihr verweigere, schreit sie sich in Verzweifelung. Es muss schlimm für sie sein. Ansonsten schreit sie eigentlich nie und weint nur, wenn sie sich wehgetan hat.
Vielen Dank für eure Mühe!
Liebe Grüße
Mitglied inaktiv - 07.11.2012, 20:57
Antwort auf:
Weiter kurze Stillabstände auch wieder nachts bei zwölfeinhalb Monatekind
Liebe sileick,
die Fähigkeit längere Zeit in einem Stück zu schlafen entwickelt sich bei einem Baby mit zunehmender Reife, beim einen früher, beim anderen später. Es gibt kein Patentrezept, ein Baby dazu zu bringen durchzuschlafen, wenn es dazu noch nicht in der Lage ist. Auch der viel beschworene Brei oder die „reichhaltige“ Flasche am Abend tragen nicht zum längeren Schlafen bei. Es gibt sogar Untersuchungen, die das Gegenteil belegen.
Es scheint so, als ob deine Kleine einen sehr großen Bedarf an MAMA hat. Das ist gar nicht so ungewöhnlich, es ist auch nichts verkehrt daran, aber natürlich ist es wichtig, dass DU dabei nicht auf der Strecke bleibst.
Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs"tieres" hat (kann auch ein Mensch sein...). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen.
Nur mit unseren eigenen Babys, die viel unreifer geboren werden, erwarten wir so viel mehr. Das ist ein Punkt, der viele Diskussionen auslöst und bei Mutter und Kind zu vielen Tränen führen kann: Das Kind soll "wach" ins Bett gelegt werden und alleine einschlafen können (was eine enorme neurologische Leistung darstellt). Wenn es aber nur an der Brust oder im Körperkontakt mit der Mutter einschlafen kann, dann verurteilen wir dies als schlechte oder gar schädliche Angewohnheit... Aber das ist es gar nicht!
Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!!
Die unruhigen Nächte sind furchtbar anstrengend, daran kann ich mich auch noch gut erinnern. Trotzdem: Sie sind normal und werden garantiert irgendwann vorbei sein. Wann, kann ich leider nicht sagen. Aber sie gehen wirklich vorbei! Bis dahin kannst du probieren, dir den Alltag so einfach wie möglich zu machen, so dass auch du tagsüber mal ein kurzes Nickerchen machen kannst.
Um das häufige Aufwachen zu verringern, kann dir vielleicht dieser "Trick" helfen: Wenn deine Kleine an der Brust eingeschlafen ist, ziehst du deine Brustwarze sanft aus ihrem Mund und drückst, wenn sie wieder nach der BW sucht, ebenso sanft ihr Kinn nach oben. Bei vielen Kids wirkt das Wunder und sie schlafen plötzlich auch ohne Brust weiter/wieder ein. Und das Gute daran: Es funktioniert auch, wenn die Kleinen im Schlaf wieder ans Nuckeln denken, wenn also der Mund ganz von allein wieder die Nuckelbewegungen macht und das Kind kurz darauf nach der Brust suchen würde. Einfach das Kinn sanft von unten stützen - die meisten Kinder schlafen dann weiter, ohne zu stillen.
Ich hoffe, die Antwort hilft dir weiter.
LLLiebe Grüße
Biggi
Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen
Prim. Dr. Franz Paky, Leiter der Schreiambulanz (Ambulanz für Schreien und Schlafstörungen) der Kinderabteilung des LKH Mödling
Schlafen, Alleinsein, Finsternis
Für ein Kind gibt es nichts Schlimmeres, als den Schutz und die elterliche Geborgenheit zu verlieren. Mit der Finsternis der Nacht reißt die Gewißheit ab, dass der elterliche Schutz gegeben ist. Nichts ist leichter verständlich, als dass sowohl das Einschlafen als auch das nächtliche Aufwachen für ein Kind mit Angst verbunden ist. Es ist ebensowenig verwunderlich, dass viele Methoden entwickelt wurden, den Übergang vom Wachzustand in den Schlaf für das Kind zu erleichtern. All diesen Riten ist gemeinsam, dass sie die elterliche Gegenwart in den Schlaf hinein zu erhalten suchen (Wiegenlied, Gute Nacht Geschichte, Gute Nacht Kuß, Kuscheltier als Übergangsobjekt usw.).
Schlafen Loslassen
Nicht nur für das Kind ist mit dem Einschlafen eine Trennung von den Eltern verbunden. In ähnlicher Weise erleben die Eltern das Einschlafen des Kindes als Trennung. Insgeheim stellt sich die Frage: Wird das Kind ohne unsere Hilfe einschlafen? Wird sich das Kind ohne weiteres (?) von mir trennen? Wird es auch wieder von selbst wach?
Zwei Arten von guten Schläfern die echten und die resignativen
Nicht alle Kinder, die unkompliziert einschlafen und durchschlafen, sind zu beneiden. Wenn Babys spüren, dass ihr Schreien in der Nacht die Eltern unter keinen Umständen auf den Plan rufen kann, geben sie auf und schlafen den Schlaf der Resignation. Auf diesem Mechanismus beruht der scheinbare Erfolg der älteren Generation, ein Kind beim Einschlafen unbegrenzt schreien zu lassen.
Die Entwicklung des Babys und das
Schlafproblem
Um das sechste Lebensmonat erweitern Babys ihren sozialen Horizont beträchtlich. Sie lernen zwischen ihren vertrauten Eltern und fremden Menschen zu unterscheiden ("Fremdeln"). Die Angst, die damit einhergeht ("Achtmonatsangst"), führt nicht selten zu einer Störung des Schlafes. Kinder, die in den ersten Lebensmonaten zur Freude ihrer Eltern bereits durchgeschlafen haben, beginnen dann nachts mehrmals wach zu werden. Oft brauchen sie nicht mehr als die Versicherung, dass alles in Ordnung ist. Ein kurzes Nuckeln an der Brust oder allein der Zuspruch einer vertrauten Stimme genügen, dass das Kind weiterschläft. Häufig führt aber die Schlafstörung zur Sorge der Mutter, dass das schon größer gewordene Kind mit ihrer Milch nicht mehr genug hat. Dann erhält das Kind an Stelle des Trostes, den es braucht, mehrere Mahlzeiten, die eigentlich überflüssig sind. Welcher Erwachsene, der gut schlafen will, würde sich absichtlich zu diesem Zweck den Bauch voll schlagen?
Das Schlafparadoxon
Wenn wir den Schlaf dringend herbeisehnen, stellt er sich am zögerndsten ein. Eine ganz ähnliche Erfahrung machen wir mit unseren Kindern. Wenn wir am wenigsten darauf angewiesen sind, schläft unser Kind am leichtesten ein. Brauchen wir dagegen unseren eigenen Schlaf dringend, weil wir am nächsten Tag früh aufstehen müssen oder einen schwierigen Termin haben, dann spielt das Kind nicht mit. Es will und will nicht einschlafen. Und noch weniger gönnt es uns einen ununterbrochenen Schlaf. Man gewinnt fast den Eindruck, als würden wir das Kind mit unserer Aura des Schlafzwanges am Schlaf hindern.
Wenn sich ein Vater, der sein Kind mit allergrößten Mühen zum Einschlafen gebracht hat, auf leisesten Sohlen vom Bett fortschleicht, weckt er das Kind mit seiner Angst, dass es wieder wach werden könnte, tatsächlich auf. Dieses Phänomen zwingt uns dazu, über den eigenen Schatten zu springen. Wir müssen uns nach dem Rhythmus des Kindes richten und aufhören, ihm unsere Bedürfnisse aufzuzwingen.
Individueller Schlafbedarf
Jedes Kind braucht wie übrigens erwachsene Menschen auch eine individuelle Zahl von Schlafstunden. Die Spannbreite liegt bei Kindern im zweiten Lebenshalbjahr bei 9 bis 14 Stunden (Largo Kinderjahre 1999, S. 27).
Behinderung der Selbstregulation
Groß ist die Gefahr, dass sich Eltern in guter Absicht in Vorgänge einmischen, über deren Ablauf das Kind selbst bestimmen soll. Als Beispiele seien das Essen und das Trinken, die Kleidung und die Kontrolle von Stuhl und Harnausscheidung genannt. Die Selbstregulation über diese Vorgänge wird vom Kind im Lauf seiner normalen Entwicklung übernommen. Greifen die Eltern allerdings in diese Entwicklung ein, wird die Selbständigkeit nicht erreicht. Den Eltern bleibt damit die Bürde der Kontrolle erhalten, und das Kind bleibt in Abhängigkeit.
In typischer Weise tritt dieser Mechanismus beim Schlaf auf. In der Meinung, dass die Eltern die volle Verantwortung für die Tiefe und die Dauer des Schlafes ihres Kindes tragen, wird dem Kind seine Selbständigkeit verwehrt und die Eltern zerbrechen an der Bürde der Kontrolle, die sie selbst nicht abgeben können.
Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen
Auf übermüdete und erschöpfte Eltern wirkt es vermutlich zynisch, wenn ich davon spreche, dass es bei der Kunst, sein Kind schlafen zu lassen, um die eigene Gelassenheit und das Loslassen des Kindes geht. Nach allem, was man schon versucht hat, sollte es gerade mit dem Loslassen funktionieren, wo man doch weiß, dass nichts schwerer ist im Leben als das Loslassen.
Vertrauen in die Selbstregulation des Kindes ist der Schlüssel zum Loslassen und damit auch zum Schlafenlassen des Kindes. Wenn man dieses Vertrauen erwirbt, wird man sich vom Kind für die Zeit des Schlafes trennen können, ohne den Kontakt ganz zu verlieren. Das Kind wird auch in einer unruhigen Umgebung und ohne großes Geschrei einschlafen können. Vor allem wird es möglich sein, das Kind im Elternbett schlafen zu lassen und auf diese Weise das Stillen nach dem natürlichen Bedarf von Mutter und Kind beizubehalten.
Jedes Kind kann schlafen lernen
Weil es schwierig ist, diese Zusammenhänge bewußt zu machen, erfreuen sich Bücher, die sich auf ein Training bzw. auf eine Dressur des kindlichen Verhaltens beschränken, großer Beliebtheit.
Am populärsten sind zur Zeit wohl Methoden der dosierten Frustration. Anstatt bei sich selber anzufangen, läßt man das Kind etwas länger schreien, so lange, bis es davon überzeugt ist, dass man als Nachtwächter oder Tröster nicht in Frage kommt. Der Erfolg stellt sich scheinbar ein, indem das Kind den Schlaf der Resignation schläft. Die Chance, dass sowohl die Eltern als auch das Kind aus dem Problem des gestörten Schlafes etwas lernen und auch für sich gewinnen, wird damit aber vertan.
Wir sollten die Chance wahrnehmen, die darin liegt, die Kunst zu erwerben, sein Kind schlafen zu lassen
von
Biggi Welter
am 07.11.2012