Rat vom Kinderarzt zum Stillen wirklich sinnvoll?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Rat vom Kinderarzt zum Stillen wirklich sinnvoll?

Hallo liebe Hebammen, Ich hatte mich schon gewundert, dass mein 3 Monate alter Spatz immer noch alle 2h gestillt werden möchte, hab es ihm aber natürlich nicht verweigert. Es heißt ja schließlich Stillen nach Bedarf. Heute beim Kinderarzt kam allerdings heraus, dass er nicht mehr genügend zunimmt. In den letzten 4 Wochen hat er fast kein Gramm zugelegt. Das er plötzlich nachts nicht mehr wie bisher 10-12h durchschläft sondern wieder alle 3-4h an die Brust will, spreche ebenfalls dafür, dass ich zu wenig Milch habe und mein Kleiner hungert. Nun meint der Arzt, ich solle die Mahlzeiten hinauszögern auf alle 3h, auch wenn mein Schatz dann schreit. Dann hätte er vielleicht mehr Hunger und würde besser trinken. Wenn er in den nächsten 4 Wochen nicht besser zugenommen hat, muss ich zufüttern. Nun habe ich aber zum einen Bedenken, mein Kind schreien zu lassen, zumal ich befürchte das er danach dann viel zu k.o. ist um genug zu trinken. Zum anderen denke ich, wenn ich ihn jetzt seltener anlege, wird die Milchproduktion doch noch weiter reduziert. Habe ich wirklich zu wenig Milch? Soll ich besser mit dem Zufüttern anfangen? Oder wäre das der erste Schritt Richtung Abstillen, was ich nicht möchte. Was kann ich noch tun? Ich möchte nicht das mein Baby hungert und schlecht zunimmt!

von Ahbn am 18.09.2017, 14:19



Antwort auf: Rat vom Kinderarzt zum Stillen wirklich sinnvoll?

Liebe Ahbn, ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte. Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiten einzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch. Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt. Aus der Distanz kann ich dir jetzt keines Falls sagen, was in deinem Fall erfolgen sollte. Am besten setzt Du dich mit einer Stillberaterin in deiner Nähe in Verbindung und sprichst nochmals mit der Kinderärztin/arzt, ob es möglich ist, zunächst zu versuchen, das Kind durch ausschließliches Stillen weiter zu ernähren oder ob sofort Handlungsbedarf also die zusätzliche Gabe von künstlicher Säuglingsnahrung besteht. Ist es notwendig zusätzliche Säuglingsnahrung zu geben, dann sollte diese Nahrung möglichst nicht mit der Flasche, sondern mit einer alternativen Fütterungsmethode nach dem Anlegen gegeben werden (z.B. Becher). Gleichzeitig sollte durch die im folgenden beschriebenen Maßnahmen versucht werden, die Milchmenge der Mutter zu erhöhen und das Kind zu häufigerem Trinken an der Brust anzuregen. Die Maßnahmen zur Steigerung der Milchmenge gelten auch dann, wenn keine Zusatznahrung erforderlich ist. Oberste Regel: Häufiges Anlegen und ein gut saugendes Kind stimulieren die Brust zu mehr Milchbildung. Deshalb solltest Du dein Baby in den nächsten Tagen oft anlegen. Um das Interesse deines Babys an der Brust wach zu halten, kannst Du es mit Wechselstillen versuchen. Dabei legst Du dein Baby an und stillst es, solange es wirkungsvoll saugt, d.h. es schluckt nach jeder oder jeder zweiten Saugbewegung. Sobald es seltener schluckt, nimmst Du es sanft von der Brust (vergiss nicht den Saugschluss zu lösen) und lässt es aufstoßen, streichelst seine Fußsohlen oder massierst es sanft entlang der Wirbelsäule, um seine Aufmerksamkeit zu wecken. Dann wird es an der anderen Brust angelegt und wieder gestillt, so lange es wirkungsvoll saugt. Schluckt es wieder seltener, wird es zurück an die erste Brust gelegt, nachdem Du es wieder etwas ermuntert hast. Dieses "Wecken und Wechseln" wird zwanzig bis dreißig Minuten lang ausgeführt, wie bereits erwähnt tagsüber alle zwei Stunden und nachts mindestens alle vier Stunden Eventuell ist es sinnvoll zusätzlich zu pumpen. Wenn gepumpt wird, dann sollte eine möglichst effektive Pumpe verwendet werden, am besten eine vollautomatische, elektrische Kolbenpumpe mit Doppelpumpset. Zu wenig Milch ist eine medizinische Indikation für die Verordnung der Pumpe durch den Arzt (auf der Verordnung muss "mit Zubehör" stehen, sonst musst Du das Zubehör selbst zahlen). Richte dich mit deiner Flüssigkeitszufuhr nach deinem Durstgefühl. Eine zu hohe Flüssigkeitsaufnahme führt nicht zu mehr, sondern zu weniger Milch, da sie dazu führt dazu, dass das antidiuretische Hormon (ADH) zurückgeht, die Frau erfährt dann eine vermehrte Wasserausscheidung ("schwemmt aus") und die Milchbildung verringert sich. Zwei bis drei Liter Flüssigkeit (davon höchstens zwei bis Tassen Milchbildungstee) sind im Allgemeinen ausreichend. Wenn der Urin dunkelgelb wird und die Menge gering ist, trinkst Du zu wenig. Schwarzer Tee, Matetee und Kaffee sollten nur mäßig genossen werden. Auf Limonaden oder Colagetränke sowie künstlich gesüßte Getränke sollte möglichst verzichtet werden. Auf die (angebliche) milchflussfördernde Wirkung von Bier oder Sekt sollte verzichtet werden. Alkohol geht bereits in kleinen Mengen in die Milch über und belastet den Stoffwechsel des Babys. Achte darauf, dass DU ausreichend und möglichst ausgewogen isst. Kohlenhydratreiche Nahrung hat einen positiven Einfluss auf die Milchbildung. Ruhe dich oft aus und entspanne dich. Arbeite für eine Weile so wenig wie möglich. Die Hausarbeit läuft dir nicht davon! Stress wirkt sich ungünstig auf den Milchspendereflex und auf die Milchbildung aus. Vielleicht kannst Du ja ein paar "Stilltage" einlegen, das heißt Du legst dich mit deinem Baby ins Bett und kümmerst dich ausschließlich um dein Baby und das Stillen. Wenn möglich, sollte dein Kind keinen Schnuller und auch keine Flaschensauger bekommen, denn diese können dazu führen, dass dein Baby nicht mehr weiß, wie es richtig an der Brust trinken soll. Die eventuell notwendige Zusatznahrung sollte mit einer alternativen Fütterungsmethode gegeben werden. Außerdem solltest Du unbedingt Kontakt zu einer Stillberaterin vor Ort aufnehmen, die dich und dein Kind beim Stillen beobachten kann. Es ist wichtig, dass Du korrekt anlegst und dass dein Kind korrekt saugt. Es kann auch sein, dass dein Baby nicht richtig saugt oder eine Saugschwäche hat, was korrigiert werden müsste. Das kann ich nicht beurteilen, denn ich kann dich nicht sehen. Ich würde dir zusätzlich noch empfehlen, ihm eine Kalorienbombe aus Muttermilchsahne zu geben, das gibt den Kleinen meist einen wirklich guten Zunahme- und Entwicklungskick. Schau, dass du Milch ausstreichst oder abpumpst, die du in 10 ml Spritzen aufziehst und dann kopfüber in ein Glas stellst (also mit der Spitze nach unten). Lass aber ein bisschen Luft, denn die Schwerkraft wird den Kolben vielleicht etwas weiter in die Spritze drücken... Oben auf der Milch wird sich eine Fettschicht absetzen, der Muttermilchrahm. Nach ca. 2 Stunden kannst du den wässrigen unteren Teil der Milch ausdrücken und deinem Kind die verbleibende Sahne in den Mund träufeln. Statt mit leeren Spritzen kannst du natürlich auch mit einer Tasse arbeiten, in die du die gewonnene Muttermilch gibst. Oben wird sich der fetthaltige Rahm absetzen, du kannst ihn mit einem Löffel abschöpfen und deinem Baby geben. Wenn du das 3-4 Tage lang machst (je mehr, desto besser), wird dein Baby ganz sicher einen Schub machen. Probier es mal aus! Am besten besprichst Du mit einer Stillberaterin in deiner Nähe, wie Du vorgehen kannst. Adressen von Stillberaterinnen findest Du im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 18.09.2017



Antwort auf: Rat vom Kinderarzt zum Stillen wirklich sinnvoll?

Ich würde dem Rat des Kinderarztes auch misstrauen - es ist doch offensichtlich kontraproduktiv, seltener zu stillen, wenn Dein Kind zu wenig zunimmt... Ich würde es auch mit Biggis Rat versuchen, und die nächsten 4 Wochen - solange hat Dir der Kinderarzt ja gegeben - möglichst oft anlegen. Alle 2 h tagsüber und alle 3-4 h nachts trinken ist nicht besonders oft, das ist doch eher selten (oder ganz normal ;-)

von zweizwerge am 19.09.2017, 13:46



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

Voll stillen bis Monat 6, Arzt sagt zu wenig Milch. Wie beruhigt man die Psyche?

Liebe Biggi, meine süße Tochter und ich hatten nach meinem Kaiserschnitt einen schwierigen Stillstart. Im Krankenhaus wurden 10 verschiedene Tipps gegeben und mir letztendlich Stillhütchen übergeholfen, damit die Kleine trinkt. Als sie eine Woche alt war, hörte sie abends (vor Hunger?) gar nicht auf zu schreien und wir fingen an, Premilch zu...


Trotz Periode voll stillen möglich ?

Hallo, ich habe am 01.12.22 meine Tochter geboren. Heute habe ich meine erste Periode festgestellt. Ich hatte 4 Monate „Kampf“ endlich voll stillen zu können. Jetzt habe ich natürlich Angst, dass es durch die Periode doch wieder nicht klappt… Ist dem so ? Kann ich trotz Periode voll stillen ? Hemmt die Periode die milchbildung ? ...


Kann ich wieder voll stillen?

Huhu, Ich hab nun in so vielen Foren nach hilfr gesucht und hab auch einiges an Tipps gefunden die "uns" weiter geholfen haben. Also einmal vorab: Meine Tochter ,7 Wochen, ist per kaiserschnitt gekommen und wir haben 2 Tage versucht zu stillen. Da sie meine nippel komplett wund gemacht hat, habe ich die eine Nacht mit pre angefangen im KH. U...


Endlich voll Stillen...

Hallihallo, ich wende mich vertrauensvoll an Sie, da ich unbedingt stillen möchte, aber trotz Stillberatung noch nicht die gewünschten Erfolge erzielt habe. Brustentzündung, Milchstau, Füttern/Stillen/Pumpen-Kombi, alles schon passiert... Mein Sohn ist nun 4 Wochen alt und ich lege ihn tagsüber mehrmals an. Er dockt auch super an und trinkt, ...


Vom Fläschchen zum voll Stillen...

Hallo, Mein Sohn ist nun 5 Wochen alt und ich möchte sehr gerne (endlich) voll stillen. Bisher habe ich ihm tagsüber immer die Brust gegeben (beide Seiten) und musste danach noch ein Fäschchen mit 90-120 mL nachgeben, da er gesucht und geweint hat, sobald ich ihn abgelegt habe. Egal, ob ich insgesamt 30 Minuten oder 4 Stunden gestillt habe. S...


Langzeitstillen schädlich und Ursache für Anämie laut Kinderarzt

Liebe Biggi, ich brauche deinen Rat. Ich stille meinen Jungen seit 18 Monaten. Er ist ein schlechter Esser, obwohl ich jeden Tag frisch koche und er schläft sehr schlecht. Also er schläft mit offenen Mund, kommt nicht in den Tiefschlaf, weil er sich die ganze Nacht wälzt, als ob er eine dauerhaft verstopfte Nase hat. Beim Essen hat er massive Schl...


6 Monate voll stillen

Hallo,  Nachdem ich der Empfehlung folgen möchte 6 Monate voll zu stillen und danach langsam anfangen möchte Brei zu geben, falls die Reifezeichen da sind, frage ich mich was diese Empfehlung bedeutet. Sollte das kind 5 Monate und 4 Wochen sein  oder 6 Monate und 4 Wochen ?  Danke 


10 Monate voll stillen

Liebe Biggi, du hast mir schoneinmal sehr geholfen und jetzt bräuchte ich noch einmal deinen Rat. Meine Kleine ist nun 9,5 Monate alt und mit der Beikost will es einfach nicht klappen. Mit ca. 6,5 Monaten haben wir mit BLW gestartet - hat nicht geklappt. Dann habe ich es seit 4 Wochen mit Brei probiert - klappt auch nicht und sie stillt zu 95%...


Wie kann ich vom abpumpen und Fläschchen geben zum voll stillen wechseln?

Hallo, leider wollte meine Tochter( mittlerweile 4 Wochen alt) von Anfang an nicht so richtig an der Brust trinken, sie hat sich nicht genug raus geholt und ist oft eingeschlafen. Deswegen hat sie nicht zugenommen gehabt und wir mussten abpumpen und die Flasche geben, jetzt hat sie ein gutes Gewicht erreicht und ich wollte nochmals probieren zum st...


Wie kann ich vom abpumpen und Fläschchen geben zum voll stillen wechseln?

Hallo, leider wollte meine Tochter( mittlerweile 4 Wochen alt) von Anfang an nicht so richtig an der Brust trinken, sie hat sich nicht genug raus geholt und ist oft eingeschlafen. Deswegen hat sie nicht zugenommen gehabt und wir mussten abpumpen und die Flasche geben, jetzt hat sie ein gutes Gewicht erreicht und ich wollte nochmals probieren zum st...