Langes Stillen und Infekte beim Baby?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Langes Stillen und Infekte beim Baby?

Hallo, mein Sohn ist 9 Monate alt, wurde 6,5 Monate voll gestillt, bevor wir mit Beikost angefangen haben. Klappte auch 1,5 Wochen ganz gut, dann bekam er erst einen Virusinfekt und gleich darauf eine Halsentzündung, so dass er verständlicherweise keinen Brei mehr wollte, sondern nur noch gestillt werden wollte. Kaum war das weg, klappte es mit der Beikost für knapp eine Woche wieder halbwegs und nun hat er seit 1,5 Wochen wieder Halsschmerzen, eine Mittelohrentzündung und eine Bronchitis und wird wieder voll gestillt. Insgesamt hat er in den letzten 2 Monaten 200g ab- statt zugenommen, hatte allerdings mit 7 Monaten sein Geburtsgewicht bereits verdreifacht und hat jetzt 9160g. Nun sagte mir eine Vertretungsärztin, dass die vielen Infekte auch mit der Ernährung zusammenhängen könnten, und ich doch bitte altersgerecht Beikost einführen solle (lustig wenn das Kind ständig Halsweh hat, wer mag da schon trinken?). Stimmt es, dass es einen Zusammenhang zwischen Infektanfälligkeit und langem Stillen nach Bedarf geben kann? Danke

von kartöffelchen am 08.10.2013, 13:23



Antwort auf: Langes Stillen und Infekte beim Baby?

Liebe kartöffelchen, davon ist mir nichts bekannt, ganz im Gegenteil, die Antikörper in deiner Muttermilch STEIGEN jetzt :-). Nach sechs oder auch zwölf Monaten enthält die Muttermilch noch die gleichen Inhaltsstoffe wie vorher. Die Milch wird ab diesem Zeitpunkt keineswegs plötzlich „schlechter" oder „weniger gehaltvoll". Der Kaloriengehalt der reifen Muttermilch liegt bei etwa 68 kcal/100 ml. Reife Muttermilch enthält etwa 7,3 g/100 ml Laktose sowie kleinere Mengen anderer Kohlenhydrate (Oligo und Polysacharide, Glykoproteine, Glukosamine usw.). Der Fettgehalt der reifen Muttermilch beträgt 4,2 g/100 ml, wobei der größte Teil davon auf die Triglyceride entfällt. 57 % der Fettsäuren der Muttermilch sind ungesättigt. Der Fettanteil der Muttermilch beinhaltet auch die fettlöslichen Vitamine, Phospolipide und Cholesterin. Reife Muttermilch enthält 0,9 g/100 ml Eiweiß. Zu den Molkeneiweißen gehören die Immunglobuline, Lysozym, Laktoferrin und Alphalaktalbumin. Außerdem enthält Muttermilch Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine. Weitere Bestandteile sind Hormone, Enzyme und Wachstumsfaktoren. Reife Muttermilch bleibt in Bezug auf Kaloriengehalt, Fett, Eiweiß, Kohlenhydrate usw. in ihrer Zusammensetzung während der gesamten Stillzeit gleich, lediglich bei den Antikörpern und bei einigen Vitaminen und ergeben sich Veränderungen. So STEIGT der Antikörpergehalt mit etwa einem halben Jahr und dann nochmals im zweiten Lebensjahr (jeweils dann, wenn das Kind mobiler wird und mehr Kontakt mit der Außenwelt aufnimmt) an. In der Abstillphase kommt in Bezug auf den Salzgehalt zu Veränderungen. Wir Frauen scheinen alle offensichtlich ein überdimensionales Schuldbewusstsein in die Wiege gelegt zu bekommen und spätestens mit der Geburt eines Kindes fühlen wir uns für alles verantwortlich und selbstverständlich sind wir an allem schuld (gleich ob unsere Kinder zu dick oder zu dünn sind, ob sie quengelig sind oder ob die Frankfurter Börse eine Krise erlebt und alle Aktienkurse in den Keller rutschen). Was sollst Du denn machen? Dein Kind in einen Schraubstock spannen, ihm die Nase zuhalten, damit es den Mund auf macht und ihm dann unter Zuhilfenahme eines Kartoffelstampfers feste Nahrung in den Magen zwingen? Kehr den Spieß einmal um und frage all diejenigen, die dich so freigiebig kritisieren, was für KONSTRUKTIVE Vorschläge sie denn anzubieten haben. Es ist immer leicht zu sagen „Du machst das falsch" und sich dann umzudrehen und keinerlei sinnvolle Vorschläge zu machen, wie denn in dieser Situation besser vorgegangen werden soll. Grrr, in solchen Situationen packt mich die Wut: Du bist nicht schuld, weder an der Weltwirtschaftskrise noch daran, dass dein Kind nicht essen mag. Wenn deine Tochter gut gedeiht und sich altersgemäß entwickelt, dann versucht doch einmal, das Thema „Essen" nicht mehr zum alles beherrschenden Thema zu machen. Es hat keinen Sinn, ein Kind zum Essen zwingen zu wollen und es hat auch keinen Sinn, wenn sich das ganze Familienleben nur noch darum dreht, wie dem Kind irgendwelche Nahrung „einzutrichtern" sei. Je angespannter die Situation wird, um so verkrampfter sind schließlich alle Beteiligten. Bei einem Kampf ums Essen gibt es fast immer nur Verlierer. Sollte deine Tochter nicht gut gedeihen, dann lass einmal die Blutwerte kontrollieren. Unter Umständen liegt z.B. ein Eisenmangel vor und das macht Kinder appetitlos. Es ist übrigens vollkommen normal, dass ein krankes Kind nicht mehr essen mag und gerade dann bist Du als stillende Mutter im Vorteil: dein Kind bekommt mit der Muttermilch eine hochwertige Nahrung und die darin enthaltenen Antikörper helfen ihm, schneller wieder gesund zu werden. Ich habe es persönlich und in der Beratung schon vielfach erlebt, dass selbst zweijährige Kinder während einer Krankheit wieder voll gestillt wurden und davon keinesfalls einen Schaden davongetragen haben. LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 08.10.2013