mthfr-mutation - ASS oder heparin in der schwangersschaft?

Dr. med. Vincenzo Bluni Frage an Dr. med. Vincenzo Bluni Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Frage: mthfr-mutation - ASS oder heparin in der schwangersschaft?

guten tag herr dr. bluni, nach 2 fehlgeburten im april und juli 2010 möchten wir versuchen wieder schwanger zu werden. aufgrund meiner mthfr-mutation, die bei der abort-diagnostik entdeckt wurde, nehme ich 5 mg folsäure/tag sowie medyn (vitamin b-präparat) ein. das ist ok, oder? ab dem positiven test soll ich, so sagte man mir in der klinik, ASS einnehmen. im internet lese ich immer wieder, dass das nutzlos sei und man dann lieber heparin spritzen soll. was meinen sie? danke.

von Snief am 19.01.2011, 18:42



Antwort auf: mthfr-mutation - ASS oder heparin in der schwangersschaft?

Hallo, 1. diese Mutation (ein Austausch eines Eiweißes) in einem wichtigen Gerinnungsfaktor des Blutes wird auch als Faktor V-Mangel oder APC-Resistenz bezeichnet und sie kommt einer angeborenen Thromboseneigung gleich. Hierdurch kann eine körpereigener Hemmstoff der Gerinnung (das aktivierte Protein C = APC) nicht mehr ausreichend am Faktor V binden und dies führt so zu einer verstärkten Gerinnbarkeit des Blutes. Die Störung liegt auf dem Chromosom (Teil der Erbanlage) Nr. 1. Da alle Chromosomen beim Menschen in doppelter Form vorliegen, kann entweder nur ein Chromosom betroffen sein (heterozygoter Träger) oder beide Chromosomen (homozygoter Träger). In gewissen Situationen (Pille, Schwangerschaft) kann diese Störung eine besondere Bedeutung gewinnen, als nämlich hiermit ein erhöhtes Thromboserisiko verbunden ist. Unter Berücksichtigung einer solchen Gerinnungsstörung wäre dann in Anlehnung an die Empfehlungen der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) zu erörtern, ob und ab wann man der Schwangeren, neben Kompressionsstrümpfen auch einen so genanten "Blutverdünner" (niedermolekulares Heparin) verordnet, um das Thrombose- und Embolierisiko zu minimieren. Dazu würde dann ggf. auch der Zeitraum des Wochenbettes (etwa 6 Wochen nach der Entbindung) gehören. Am sinnvollsten ist es hier, dass die Frage einer Blutverdünnung mit einem erfahrenen Gerinnungsspezialisten oder einer Gerinnungsambulanz abgestimmt wird. Meines Wissens - bitte dieses aber nochmals vor Ort individuell besprechen! - bietet der alleinige, heterozygote Defekt ohne Thrombose in der Vorgeschichte ein niedriges Risiko nach der Klassifikation: Man würde aber einen Blutverdünner für die Zeit des Wochenbettes empfehlen. Heterozygote Merkmalsträger weisen ein ca. 5 -10fach erhöhtes Thromboembolierisiko auf, homozygote Merkmalsträger ein 80 - 100faches Risiko. 2. Niedermolekulare Heparine kommen zum Einsatz, wenn bestimmte Konstellationen von Gerinnungsstörungen und/oder eine Vorgeschichte mit einem thromboembolischen Ereignis vorliegen. Dazu gibt es konkrete Risikokonstellationen und sich daraus ableitende Empfehlungen. 3. sofern bei einer Frau „nur“ ein heterogener Faktor-V-Mangel vorliegt, aber keine zusätzlichen Risikofaktoren, wie Adipositas, Präeklampsie, Infektion, Trauma oder Bettlägerigkeit hinzukommen, wird nach den aktuellen Leitlinien keine Heparinisierung empfohlen. Es liegt demzufolge ein so genanntes niedriges Risiko vor. (nachzulesen in: Frauenarzt, 51 (2010) Nr 6, „Thromboembolieprophylaxe in Schwangerschaft und Wochenbett“, A.G. Puhl, K. Heidner, C. Skala, H. Schinzel, S. 570-583) 4. eine Empfehlung zur parallelen oder alleinigen ASS-Therapie gibt es nicht. Nur bei zusätzlichen arteriellen Risikofaktoren wie erhöhtem Lp(a), Hyperlipidämie, arteriellem Hypertonus, Diabetes, etc. kann dieses gelegentlich empfohlen werden. Hierzu ist dann sinnvollerweise immer eine Abstimmung mit einer Gerinnungsambulanz anzuraten. VB Quellen: Geisen U, Abou-Mandour N, Schambeck Ch, Zilly M, Keller F. Pilotstudie und EthiG-Studie zur Thromboseprophylaxe in der Schwangerschaft. Vascular care 2001; 1: 12–9. Hirsh, Jack, Bates, Shannon M., Greer, Ian A., Pabinger, Ingrid, Sofaer, Shoshanna, Venous Thromboembolism, Thrombophilia, Antithrombotic Therapy, and Pregnancy, American College of Chest Physicians, Evidence-Based Clinical Practice Guidelines, (8th Edition), Chest 2008;133;844S-886S Frauenarzt, 51 (2010) Nr 6, „Thromboembolieprophylaxe in Schwangerschaft und Wochenbett“, A.G. Puhl, K. Heidner, C. Skala, H. Schinzel, S. 570-583 http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/003-001_S3_AWMF-Leitlinie_Prophylaxe_der_venoesen_Thromboembolie__VTE__Kurz_04-2009_12-2013.pdf (AWMF-S3-Leitlinie „Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)“, Version vom 18. März 2009 mit eingearbeitetem Addendum vom 08. Mai 2010, letzter Abruf:21.12.2010)

von Dr. med. Vincenzo Bluni am 19.01.2011



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