Nächtliches Bettnässen 5,5 Jahre

 Conny Ackmann Frage an Conny Ackmann Kinderkrankenschwester

Frage: Nächtliches Bettnässen 5,5 Jahre

Hallo liebes Uro-Team, Ich hoffe bei diesem Thema Ihre Fachmeinung zu bekommen. Es geht um unseren Sohn (5,5 Jahre). * Er war von 2 - ca. 4 Jahre sowohl tagsüber als auch nachts trocken. * Ab ca. 4 Jahre fing das nächtliche Bettnässen ohne auf den groben Blick erkennbaren Grund an. Es gab weder eine größere Veränderungen im Privaten noch Kindergarten. Plötzlich war fast jede Nacht Pipi im Bett, manchmal sogar 2-3 Mal obwohl er nur 1-2 kleine Becker Wasser zum Abendessen getrunken hat. Irgendwann bestand er auf eine Windel die ich ihm angezogen habe. Mit Windel gab es zu 99% kein Pipi in der Windel, haben wir die Windel jedoch auch nur ein einziges Mal vergessen, war sofort das ganze Bett nass. Es war wie verhext. Manchmal 3-4 Monate kein Pipi in der Windel, war sie aber auch nur 1mal weg war alles nass. Er sagt er merkt es nicht wenn er auf die Toilette muss. Früher ist er immer total zitternd und frierend aufgewacht. Nun ist er 5,5 Jahre und mittlerweile kann es sein dass ich ihn morgens aufwecke und er liegt sogar im Pipi und hat es nicht gemerkt ( und bei uns ist aktuell Winter es müsste also kalt werden). Und seit 1-2 Monaten ist es nun so, dass die Windel auch immer öfters voll ist. Also nicht wie früher sondern es ist als würde er nun eben nachts gar nicht drauf achten. Konsequent jede Nacht gemeinsam Betten wechseln hat außer viel Wäsche nichts gebracht. Auch ansonsten haben wir bereits viel mit ihm gemeinam ausprobiert- aufwecken nachts, enge Unterhose anziehen (quasi als Windelersatz), habe ihn nicht geschimpft sondern positiv hervorgehoben wenn es kein Pipi gab, weniger trinken nachmittags/abends, Smileys für Pipi-freie Tage,usw. dann er hat schon mehrfach selber gesagt er braucht die Windel heute nicht und trotzdem war Pipi drin. Das alles hat keinerlei Erfolg gebracht. Ich habe nicht das Gefühl dass es ihm peinlich ist oder ähnliches, er sagt relativ klar und deutlich, dass er es einfach nicht merkt und dann kann er wohl schlecht was machen. Ich bin ratlos. Ich mache mir etwas Sorgen da er nun bald 6 ist und es nun mit Campingausflügen usw. in der Klasse anfängt. Ich möchte ihm die Peinlichkeit ersparen dass er vor seinen Freunden eine Windel anziehen muss oder Pipi ins Bett macht und nachts frierend da steht. Aufgrund des Ausflugs haben wir wieder 3 Wochen nächtliches Bettnässen hinter uns ( sein Vorschlag) aber leider kein Erfolg. Tagsüber läuft alles problemlos und es passiert nie ein "Unfall". Was meinen Sie? Wie soll ich weiter vorgehen? Windel- ja/ nein? Fachärztlich untersuchen lassen- ja/ nein ? Besten Dank für Ihre Hilfe, freundliche Grüße LAWoman PS: Falls dies von Wichtigkeit ist- unser Sohn wurde vor kurzem nach längerem Verdacht mit ADHS diagnostiziert ( soweit das in dem Alter bereits diagnostiziert werden kann). Medikamente lehnen wir aktuell ab und kommen momentan gut zurecht mit viel Sport, Natur, Verständnis, Geduld usw. Es ist jedoch aktuell kein "belastendes" Thema in der Familie.

von LAWoman am 09.09.2014, 14:43


Antwort auf: Nächtliches Bettnässen 5,5 Jahre

Hallo LAWoman Ich kann hier nur vermuten, aber es scheint sich um einen uns nicht unbekannten Verlauf bei der Entwicklung der Blasenfunktion bei ihrem Sohn zu handeln :-). Wenn die Kinder tags und nachts länger als 6 Monate STAUBTROCKEN waren, sprechen wir von einem sekundären Einnässproblem. Hierfür kann – muss es aber keinen Auslöser geben. Manchmal kann schon der Beginn des Kindergartens oder später auch die Einschulung mit den neuen Erfahrungen und aufregenden Aufgaben dazu führen, dass Kinder erneut einnässen. Es sieht so aus, als ob bei ihrem Sohn zwei verschiedene Probleme zusammentreffen. Auf der einen Seite ist er offensichtlich ein Tiefschläfer – also schwer erweckbar. Das heißt - der Teil des Gehirns (Nachtwächter), der nachts für die Blasenfunktion zuständig ist, ist noch nicht ausgereift - arbeitet NOCH nicht zuverlässig. Das ist im Alter ihres Sohnes bei 10% bis 15% aller Kinder der Fall und tritt auch bei älteren Kindern häufig bis weit ins Schulalter hinein auf. Nächtliches Wecken oder andere Maßnahmen führen da leider nicht zu einer Beschleunigung dieses Prozesses ;-). Auf der anderen Seite scheint die Blasenfunktion NOCH nicht ganz ausgereift zu sein – das heißt – der Blasenmuskel gibt manchmal auch schon bei sehr kleinen Mengen höchste Alarmstufe (kleine Blasenkapazität) weil er sich nicht immer wunschgemäß gut entspannen kann. Dieser Reifungsprozess ist bei 12% bis 15% aller Kinder erst mit Beendigung des 5. Lebensjahres abgeschlossen und es gibt viele Kinder bei denen es zu einer Entwicklungsverzögerung kommt, die also auch noch länger diese unruhige Blase haben. Diese nicht entspannte Blase tritt gehäuft in Situationen auf, in denen die Kinder Stress haben, aufgeregt sind – sich also selbst nur schwer entspannen können. Am Tag, wenn er wach ist, kann er diese anstrengende Blase offensichtlich gut kontrollieren. Es ist gut möglich, dass z.B. die windelfreien Nächte den kleinen Mann aus Sorge wieder einzunässen (nasses Bett), so unruhig machen, dass die Blase sich nachts 2-3 mal meldet (kleine Blasenkapazität) – er durch seinen Tiefschlaf bedingt keinen Harndrang spürt und in Folge einnässt aber auch anstrengende, aufregende Tage können dies bewirken. Vermutung - wenn er eine Windel trägt muss er keine Angst haben, da das Bett trocken bleiben würde – er ist entspannter – die Blase ist entspannt (größere Blasenkapazität) und er kann ohne Harndrang bis zum Morgen durchschlafen. Viel Lob für trockene Nächte und positive Unterstützung, so wie sie es ganz richtig handhaben, Vermeidung von Stress usw. trägt zur Entspannung bei :-) aber ebenso ein vernünftiges Trinkverhalten – 7 Portionen regelmäßig über den Tag verteilt – ca. 2 Stunden vor dem Schlafen nichts mehr – können dies bewirken und natürlich den Toilettengang vor dem Einschlafen nicht vergessen. Solange ihr Sohnemann z.T. 2-3x/ Nacht einnässt und nachts von ihnen nicht zu wecken ist, empfehlen wir für die Nacht noch keine Therapie, wie z.B. eine Weckapparattherapie, da sie erfahrungsgemäß dann noch nicht zum Erfolg führt. Also geben sie ihrem Sohn gerne nachts eine Windel, auch auf einer Klassenfahrt mit Unterstützung durch den Lehrer. Sollte dies Alles sie nicht beruhigen, können sie sich gerne bei unserern Kollegen der Urotherapie in ihrer Nähe zusätzlich einen Termin geben lassen um organische Ursachen auszuschließen und sich weiteren Rat holen, zu finden unter: http://www.urotherapie-bonn.de/netzwerk.html hier gibt es eine Landkarte auf der sie eine Adresse in ihrer Nähe finden können. Ich wünsche ihnen weiterhin viel Geduld und Ruhe um ihren Sohn entspannt gut begleiten zu können. Aus Erfahrung wissen wir, dass ein diagnostizierte ADHS eher Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Harndrangs am Tag haben kann. Liebe Grüße Conny Ackmann

von Conny Ackmann am 09.09.2014


Antwort auf: Nächtliches Bettnässen 5,5 Jahre

Vielen herzlichen Dank für die ausführliche und hilfreiche Antwort !!! Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar dafür ! Besten Dank und alles Gute Ihnen LAWoman

von LAWoman am 10.09.2014, 01:38