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Zwei Tschechen wollen Ihrem Sohn Deutsch beibringen...

Thema: Zwei Tschechen wollen Ihrem Sohn Deutsch beibringen...

Hallo an alle, Ich heisse Jaromir, bin 31 und ein frischer Vater (seit 4 Wochen). Ich und meine Frau sind beide Tschechisch, wir leben und arbeiten seit 3 Jahren in Deutschland. Deutsch beherrschen wir ganz gut, doch es ist nicht unsere Muttersprache - Fehlerchen hin und her... ein falscher Artikel, falsche Präposition usw. Wir möchten doch unseren Sohn zweisprachig erziehen, da wir in Deutschland mindestens noch ein paar Jarhe leben werden. Der Plan ist, dass ich mit ihm Deutsch spreche und meine Frau Tschechisch. So weit so gut. Und nun die meine Fragen: 1) Inwieweit ist das ein Problem, dass ich die Sprache ziemlich gut, aber halt nicht perfekt beherrsche? Soll ich aufpassen, ob ich mit meinem Sohn wirklich korrekt auf Deutsch spreche? Oder ist es nicht so heiss, Hauptsache es ist ein ziemlich gutes und verständliches Deutsch? 2) Muss ich dann wirklich 100% konsequent sein und mit ihm immer nur Deutsch sprechen - d.h. auch wenn die Verwandschaft aus Tschechien kommt oder wenn wir nach Tschechien fahren? Oder reicht es einfach, wenn ich mit ihm, "immer wenn es geht und so gut wie ich kann" deutsch spreche? Danke für eure Meinungen, Jaromir

von Jaromir Ctrnacty am 26.04.2015, 22:54



Antwort auf Beitrag von Jaromir Ctrnacty

Hej Jaromir! Herzlich willkommen hier im Forum und herzlichen Glückwunsch zu Eurem Sohn. Nortmalerweise haben die meisten hier ja Zweifel, wenn es darum geht, daß jemand mit seinem Kind eine Fremdsprache spricht. Ich selber würde nur sehr,sehr ungern Dänisch mit meinen Kindern sprechen müssen -also: IMMER, meine ich. Weniger wegen der Fehler, sondernweil ich immer das Gefühl habe, sprachliche Grenzen zu stoßen und nicht so differenziert und facettenreich wie in meiner Muttersprache (Deutsch) sprechen zu können. Auch nach mehr als 20 Jahren in DK nicht. Andere betonen,daß manebendie Sprache desHerzens mit seinem Kind reden solle, weil das eben auch die engeBeziehung zu mKind fördert. Nun kann ja jeder deutlich merken, daß sogar Dein schrftliches Deutsch nichts zu wünschen übrig läßt. WennDu Dir also zutraust, Dein Kind deutsch zu erziehen, nun ja, ... Andererseits lebt Ihr in Dtld., Ihr hört viel Deutsch um Euch herum, Ihr geht einkaufen mit dem Kind, vielleicht auch bald in eine Babygruppe, zu mbabyschweimmen o.ä. Dann kommt es vielleicht in eine (dt.) KITA oder dann eben KIGA - und immer wieder leernt es Deutsch. Die Erfahrung zeigt, daßKinder auch mit einer anderenMuttersprache zuhause die umgebungssprache schnell lernen,wennsie nur genug mit ihr konfrontiert werden und nicht ghettoartig abgekapselt leben. Alternativ könntet Ihr ja z.B.einführen, dt. Bücher vorzulesen, dtz. Lieder zusingenetc. Bedenkt jedoch, daß Ihr die beiden seid, die für die tschechische Sprache zuständig sind - von keinem anderen kannEuer Kind die lernen, während für die Sprache (noch) die ganze Umgebung zur Verfügung steht. Wenn Du Dich dafür entscheidest, sollte das Deutsch sicher so gut mögilch sein. AberauchMuttersprachler machen fehler, perfekt gibt es so gesehen eh nie. Zu Deiner letztenFrage: Ich habe immer insDänische (Umgebungssprache) gewechselt, wen nDänen um unswaren,die uns verstehensollten. Das hat dem Deutsch meiner Kinder, das ich ihnen als einzige vermittelt habe, nie geschadet. Aber ich habe nie ohne Not insDänische gewechselt, sowie wir allein waren, sprache undspreche ich Deutsch mit ihnen. Ich bin gespannt,. wie Du Dich entscheidest und wie es läuft - erzähl doch mal! Und wenn Deutsch - dann fang sofort an - je eher umso besser! Alles GUte - Ursel, DK

von DK-Ursel am 27.04.2015, 00:42



Antwort auf Beitrag von Jaromir Ctrnacty

Hallo Jaromir, Ursel hat eigentlich schon das Wichtigste geschrieben, dem kann man kaum noch was hinzufügen. Auch wenn man es gern glauben möchte, viele Muttersprachler sind nicht perfekt in ihrer Sprache Wenn man so manche Eltern hört die mit ihren Kindern sprechen (ich meine hier natürlich in erster Linie Deutsche in D), dann zieht es einem die Schuhe aus. Wenn Du dich also sicher genug fühlst, mit eurem Sohn deutsch zu sprechen, dann versuche es ruhig. Ja, ich weiß - es ist immer wieder ein Diskussionspunkt, ob man sein Kind in einer anderen als der Muttersprache großziehen sollte. Aber wenn man darüber steht und es wirklich will, dann kann man sich über diese Kritik getrost hinwegsetzen. Habe ich auch gemacht - wir sind Deutsche in D und unsere Kinder werden bilingual englisch/deutsch erzogen. Andererseits wächst euer Kind nun aber - zumindest für die nähere Zukunft - in D auf, wird also Deutsch bis auf weiteres als Umgebungssprache haben. Kinder lernen so schnell, von daher würde euer Sohn mit Sicherheit auch im Kindergarten noch die Sprache sehr gut lernen. Denn es ist nun einmal so, wie Ursel es schreibt, die Umgebungssprache wird ganz schnell zur starken Sprache. Spätestens dann solltest Du vielleicht dazu übergehen, mit deinem Sohn tschechisch zu sprechen - wenn er es dann akzeptiert, schließlich weiß er bis dahin ganz genau, wie gut du ihn verstehst, wenn er deutsch spricht - sonst wird das Deutsche über das Tschechische dominieren Du siehst, alles hat zwei Seiten, die man jetzt mitsamt allen Vor- und Nachteilen gegeneinander abwägen könnte. Aber wenn Du mich fragst - höre am bestern auf Dein Herz. Wenn du dich zwingen musst, mit deinem Kind Deutsch zu sprechen, ist es der falsche Weg. Wenn du jedoch das Bedürfnis hast, es zu tun - nicht weil du denkst, es ist gut, sondern weil es deine Herzenssprache ist, dann tue es! Zur Konsequenz - ich spreche mit meinen Kinder englisch, aber es gibt doch Situationen, in denen wir deutsch sprechen. Als sie noch ganz klein waren, war ich da konsequenter und habe z.B. auch beim Kinderarzt oder bei der Oma etc ausschließlich englisch gesprochen, mittlerweile mache ich das jedoch nicht mehr. Das Englisch meiner Kinder (besonders des Großen) ist mittlerweile auf einem Niveau, wo Leute mit nur minimalen Englischkenntnissen nicht mehr problemlos folgen können und z.B. die Oma würde sich sehr ausgeschlossen fühlen, wenn wir bei ihr sind und doch miteinander Englisch sprechen würden. Aber darin sehre ich auch kein Problem. Es gibt schließlich verschiedene Modelle. Auch wenn OPOL die bekannteste Variante der Zweisprachigkeit ist, könnte man z.B. auch den situationsbedingten Ansatz wählen (immer im Auto oder immer zu einer bestimmten Tageszeit, immer sonntags - was auch immer).

von platschi am 27.04.2015, 21:50



Antwort auf Beitrag von Jaromir Ctrnacty

Haben im Ort eine türkische familie, die ich besser kenne, weil die Töchter mit meinen Söhnen im Kiga waren. Sie hatten/haben die In-Haus Aus-Haus-Variante. D. h. die Familie spricht zu Hause türkisch, aber draußen unter Deutschen wird deutsch gesprochen. Beide Töchter sprechen akzentfrei Deutsch, trotz des Akzents der Eltern. Trini

von Trini am 29.04.2015, 11:01



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Hej Trini! besonders in den ersten Jahren ist das noch ein recht praktikables Modell, aber es hat auch Tücken, denn je nach Kind und Sprache kann das den Schuß nach inten geben,wenndas dem Kind den Eindruck vermittelt: Unsere "andere" Sprache ist draußen nicht erwünscht, nicht gern gesehen, dürfen wir "draußen" nicht sprechen. Mmir hat das sogar mal eine Mutter vorgeschlagen,die meine beiden Kinder gut kannte und wußte, sie sprechen beide Sprachen!!! Aber welchen Grund sollte es geben, wieso ich in der Warteschleife an der Kasse, wieso ich im Bus oder Schwimmbad, wo ich keinen anderen Dänen kenne, Dänisch mit meinem Kind sprechen soll? Es st wichtig, die Zeit der Nicht-Umgebungssprache so viel wie möglich auszunutzen, denn die Umgebungssprache wird sehr schnell sehr mächtig, gerade weil die gemeinsame Eltern-Kind-Zeit ohne andere aus der Umgebung (wie Familie, aber auch Freunde derKinder) immer knapper wird. Da gilt es, auch diese "kurzen Strecken" auszunutzen! Und die meisten Kinder sprechen akzentfrei beide Sprachen - trotz der Akzente, die die Eltern haben. Das ist nicht ungewöhnlich.. Letztendlich ist es aber,wie Platschi ausgeführt hat, sehr wichtig, auf sein Herz zu hören. Gerade zuhause kommt es jaauch zu privateren Gesprächen, da ist Authenzität gefragt, die sich auch über die Sprache mitteilt. Wichtig sind 2 Dinge: 1. -- es muß so natürlich und selbstverständlich wie nur irgendmöglich sein, die eine oder die andere Sprache zu sprechen. Umso leichter ist die Durchführung für alle. 2. der Zeitfaktor spielt natürlich auch eine große Rolle: je mehr man eine Sprache - ob Mutter- oder Fremdsparche - hört und spricht, umso besser wird sie. Und das heißt für die Praxis: Die bestdurchdachten Konzepte taugen meist sehr wenig, weil Sprache eine Gefühlssache ist - und sein soll! Alles GUte - Ursel, DK

von DK-Ursel am 29.04.2015, 11:18



Antwort auf Beitrag von Jaromir Ctrnacty

Hallo Jaromir, die anderen haben Dir ja schon viele Tipps gegeben, da schliesse ich mich an. Ich finde aber, es hängt auch viel davon ab, wie lange Ihr noch in Deutschland leben werdet: wenn es nur ein, zwei Jahre sind und Ihr dennoch möchtet, dass Euer Kind zweisprachig aufwächst, finde ich Deine Idee sehr sinnvoll - denn dann wird ja deutsch später eher die schwache Sprache sein. Wächst Euer Kind noch mindestens 5, 6 Jahre oder länger in deutscher Umgebung auf, würde ich eher darauf achten, dass es auch genug tschechisch lernt, denn daran ist Euch bestimmt auch gelegen. Tschechisch ist eine kleine Sprache, der man nicht so leicht begegnet, ich habe schon oft von Kindern gehört, die im Ausland aufwachsen und mit ihren tschechischen Grosseltern gar nicht kommunizieren konnten, weil die Eltern das irgendwie nicht bedacht hatten - die hatten mit dem Kind im Ausland auch die Umgebungssprache überwiegend gesprochen... Soweit meine Ansichten dazu :-) K

von Kacenka am 30.04.2015, 11:31