Mehrsprachig aufwachsen

Forum Mehrsprachig aufwachsen

Familiensprache?

Thema: Familiensprache?

Hallo zusammen, Mein Mann ist Mexikaner, ich deutsch, wir leben in Deutschland und freuen uns über unseren kommenden Nachwuchs :-) Mein Mann möchte mit dem Kind spanisch sprechen, ich deutsch. Damit wäre Spanisch ja die sog. schwächere Sprache. Daher würden wir gern als Familiensprache spanisch nehmen. Aber was heisst Familiensprache genau? Das ich nur mit meinem Mann spanisch spreche, oder auch mit dem Kind, wenn wir zu dritt sind? Vielen lieben Dank bereits für eure Tipps!! :-)

von Selma 1509 am 02.06.2015, 19:05



Antwort auf Beitrag von Selma 1509

Hej Selma! Esist toll,wen nIhr beide Spanisch könnt, denn das schafft bessere oraussetzungen für die Nicht-Umgebungssprache (bei "schwächer" bin ich immer vorsichtig --- bes. meiner Großen war und ist nicht anzumerken, welche Sprache ihre"schweächere" war... ). Letztendlich solltet Ihr das so machen,wie es für Euch paßt. Bei uns war Deutsch die Nicht-Umgebnungssprache und wir konnten es als Familiensprache benutzen, d.h. bei uns: Jeder spricht seine Muttersprache mit den Kindern, aber die Eltern sprechen immer Deutsch (Nicht-Umgebungssprache) miteinander. Das war für Außenstehende dann ebenso faszinierend wie verwirrend, aber die Kinder und wir kamen damit super zurecht: Diskussion um irgendwas. Kind A sagt was auf Deutsch zur Mutter. Vater schiebt auf Dänisch einen Kommentar ein, den Kind A (oder B) auf Dänisch pariert - dann schaltet sich Mutter auf Deutsch ein, Kinder antworten ihr auf Deutsch, Vater und Mutter reden sowieso Deutsch. Da alle ja allesverstehen, besteht der aktive Sprachwechsel im Prinzip nur bei den Kindern,die mal die eine,mal dieandereSpracheanwenden, je nachdem, mit wem sie sprechen. So hat Deutsch den größtmöglichen "Input" in einer ansonsten rein dänischen Umgebung. Bei dänischen Gästen bzw.anderen, die uns verstehen sollten,die uns angingen, die wir einbeziehen wollten, habe ich auf Dänisch umgeschaltet und auch die Kinder schon mal Dänisch angesprochen. Aber sofort auf Deutsch umgeschaltet, wenn wir allein waren - und kleinere Dinge wie "bringst du mal ... gibst du mir bitte ..." kamen auch auf Deutsch. Alles Gute für die nähere Zukunft und schreib doch weiter hier und erzähl, wier es läuft! Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 02.06.2015, 19:24



Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

Oh Ursel, vielen Dank für deine ausführliche Antwort! Ich find deine Beispiel-Diskussion total hilfreich. Ja, das hört sich zwar zuerst sehr verwirrend an, aber ich kann mir auch vorstellen, dass es gut klappt. Wir haben als Paar mit Spanisch gestartet, und seitdem mein Mann hier mehr und mehr Deutsch lernt, wechseln wir immer häufiger und antworten uns auch verschieden. Klar, das Wechseln muss dann aufhören, aber dadurch, dass Spanisch noch eher unsere Gefühlssprache ist, wird das bestimmt gehen. Deine Ausführungen machen Mut! Ja, "schwächere Sprache" fand ich auch n komischen Ausdruck, so hab ich es nur gelesen. In den Büchern zu Mehrsprachigkeit hab ich viele Beispiele zu unterschiedlichen Konstellationen gefunden, aber der genaue Umgang mit Familiensprache ist mir daraus nie deutlich geworden. Danke dir! :)

von Selma 1509 am 02.06.2015, 19:38



Antwort auf Beitrag von Selma 1509

Hej Selma! Freut mich, daß Du was mit meinem Sermon anfangen konntest. Ich neige leider zu Ausführlichkeit Wir haben vor vielen Jahren mal geholfen, hierzulande einen Ratgeber für frischgebackene bilinguale Eltern (und die sie betreuenden KLrankenschwestern) zu entwerfen. Dabei fiel mir auf, daß ich nach ein paar Jahren praktischer Erfahrung gänzlich anders raten wollte als früher, wobei wir uns eigentlich nie soviele Gedanken gemacht haben - es ergab sich eben so, wie es lief. Aber: genau das ist eins der Geheimrezepte, denke ich. Es war alles so natürlichund selbstverständlich, daß sich niemand an bestimmte Regeln halten "mußte" und daß es eben für alle leicht durchzuführen war, ohne innere Überwindung o,.ä. Und je selbstverständlicher man alles handhabt, umso weniger Fragezeichen setzen auch die Kinder sowohl an die Durchführung als auch das Gelingen eines Projekts. Das gilt eigentlich für alles, also auch für die Sprache. Schließlich lernen einsprachige Kinder ja auch ohne Konzept, wie sie sprechen sollen. Der Zeitfaktor ist natürlich immer auch wichtig: Je mehr Sprache jemand hört und übt, umso besser lernt er/sie sie auch. Nochmal alles Gute - Ursel, DK

von DK-Ursel am 02.06.2015, 19:53



Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

@ Ursel: ist der Ratgeber nur auf Dänisch? @ Selma: ich schließe mich an: wie Ihr das vorhabt, ist das schon mal super. Mein Kleiner ist erst 2 und ich merke jetzt schon, dass die Umgebungssprache (zur Zeit Katalan) die Mutter- (Deutsch) und Vatersprache (Französisch) längst abgehängt hat. Der Plan Spanisch zur Familiensprache zu machen wird also bestimmt helfen, dass der Input quantitativ (sowie qualitativ) steigt. In der Praxis ist das nicht immer leicht umzusetzen, dass man immer vor dem Kind miteinander in der Sprache kommuniziert, die man sich vorgenommen hat. Habt Ihr noch andere spanischsprechende Verwandte oder Freunde in der Umgebung? Weitere Bezugspersonen, die Spanisch sprechen helfen definitiv auch weiter.

von Lunalein am 03.06.2015, 09:40



Antwort auf Beitrag von Lunalein

Hej! Gute Frage! Ja, erstmal war er wohl auf Dänisch, also das,was wir beitrugen. Aber ich denke,sie haben ihn dann nach Bedarf auch in andere Sprachen übersetzt. ich habe das dann aus den Augen verloren, weil es kein Projekt in unserer Nähe war. Es war ja auch vor vielen, vielen Jahren; inzwischen ist man weiter mit Mehrsprachigkeit - das Bewußsein hat sich ja verändert. Sicherexistiert er (so) gar nicht mehr. ich fanmd damals fü+r mich nur interessant, daß sich meine Ansichten grundlegend geändert hatten - keine Doktien, keine Prinzipien. Wichtig sind eigentlich nur: Selbstverständlichkeit und der Zeitfaktor. Die Umsetzung hängt dann von der einzelnen Familie ab - sonst ist die Selbstverständlichkeit schon weg! Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 03.06.2015, 10:05



Antwort auf Beitrag von Lunalein

Hey Lunalein, ja, leider haben wir hier sonst keine spanisch sprechenden Verwandten. Mein Mann hat zwar noch ein paar spanischsprachige Freunde und Bekannte, jedoch ohne Kinder und eher abends anzutreffen... Aber vielleicht ergibt sich das auch, wenn das Kind da ist - da lernt man ja eh viele Leute über Kurse, Kiga usw. kennen. Und sonst müssen wir viel mit Oma und Tanten skypen ;) Danke für die Tipps und liebe Grüße!

von Selma 1509 am 05.06.2015, 22:39



Antwort auf Beitrag von Selma 1509

Hallo, Bei uns ist die Konstellation ähnlich wie bei Euch. Wir leben in Deutschland, Vater spricht spanisch, ich deutsch mit den Kindern. Der Vater und ich sprechen miteinander spanisch. Ich würde spanisch als unsere Familiensprache bezeichnen. Mach Dir nicht zu viele Gedanken. Manches passiert automatisch mit der Zeit. Ich rede ohne nachzudenken mit meinem Mann spanisch, den Kindern deutsch. Ich finde es total eigenartig, wenn ich mit meinem Mann deutsch spreche. Wir machen das auch so, wenn andere Leute dabei sind. Die gewöhnen sich dran. Oft wird blöd geguckt (oder ist es interessiert?) wenn wir unterwegs spanisch sprechen. Früher (als unser ältester Sohn klein war) haben wir in Südamerika gelebt. Dort hab ich mit dem Kind deutsch gesprochen, mit dem Mann spanisch. Unser Sohn hat mir lange nur spansich geantwortet, seit wir in Deutschland leben, ist deutsch seine starke Sprache. Der Kleine ist erst 2. Mal sehen wie es bei ihm wird. Momentan bezeichnet er manches auf spanisch, anderes auf deutsch. Er sagt z.B. agua trinken. Ach ja, und lasst Euch nicht abhalten, spansich zu sprechen, wenn sich z.B. die Großeltern davon gestört fühlen. Es muss nicht jeder alles verstehen, was man zu seinem Kind sagt. Ich hatte manchmal das Gefühl, ich schließe die Großeltern aus, wenn ich mit meinem Großen damals, deutsch gesprochen habe (als wir noch in Südamerika waren). Manchmal habe ich auch übersetzt, je nach dem wie "interessant" es für die anderen war. Viel Erfolg und Liebe Grüße Luvi

von luvi am 04.06.2015, 07:34



Antwort auf Beitrag von luvi

Hey Luvi, danke für deine Rückmeldungen, das macht doch Mut :-) Wir haben vorher auch in Zentralamerika gelebt, und da war Spanisch klar im Vordergrund, und mein Mann hat dann später hier natürlich auch nicht sofort perfekt Deutsch beherrscht ;) Somit sind wir Spanisch sprechen vor anderen schon gewohnt, und die anderen von uns auch. Ich glaub auch, das gibt sich schon alles. Aber mal in die andere Richtung übersetzen (für die Deutschen das Spanische) ist bestimmt auch lustig. Sonst ist es ja eher andersherum gewesen. Euch noch weiterhin viel Erfolg, lieben Gruß!

von Selma 1509 am 05.06.2015, 22:36



Antwort auf Beitrag von Selma 1509

Vorsicht Sprachfalle! Ohne die anderen Beiträge gelesen zu haben habe ich eine Frage vorweg. Wie gut ist das Deutsch deines Mannes? Genügen diese den Sprachanforderungen unseres Arbeitsmarktes? Der Grund weshalb ich frage ist, dass mein Lebensgefährte (ebenfalls Latino) als er nach Deutschland kam überhaupt kein Deutsch konnte. Dennoch war Familiensprache Spanisch, wahrscheinlich war es im Alltag einfacher zu händeln für die Beiden. Als das Kind dazu kam hatte man natürlich, dass Argument, dass daas Kind spanisch lernen sollte .,..etc... Mein LG hat in den letzten Jahren immer die Kinderbetreuung übernommen und nur Hilfsjobs gemacht in denen keine großen Sprachkenntnisse und Integration notwendig waren. Jetzt ist er seit 1,5 Jahre mit mir zusammen und wir müssen hart an seinen Sprachkenntnissen arbeiten und er bereut es nicht weiter gedacht zu haben seinerzeit. Immerhin muss er für Kindesunterhalt aufkommen und braucht entsprechend einen guten Job. Aber er wüsncht sich endlich auch Anerkennung und Respekt im Job und das geht nur mit entspr. Sprachkenntnissen. Wenn dein Mann super Deutsch kann und in dieser Richtung keine Bedenken vorliegen, dann würde ich Zuhause Spanisch sprechen und meine eigenen Kenntnisse dahingehend vertiefen. :) GLG Boots

Mitglied inaktiv - 19.06.2015, 11:03



Antwort auf diesen Beitrag

Achso, er kam 2008 nach Deutschland und heiratete kurz darauf hier eine andere Frau. Seit Anfang 2014 sind wir ein Paar. Ich hab grade bemerkt, dass das nicht so klar wda stehtar.

Mitglied inaktiv - 19.06.2015, 11:07



Antwort auf diesen Beitrag

Hola Boots, danke für deine Hinweise! Wir haben extra 2 Jahre gewartet mit dem Kind, damit mein Mann hier in Ruhe Sprachkurse machen kann und Zeit hat, sich einzuleben. Sein Deutsch ist noch nicht perfekt, aber zumindest fast auf Test-Daf-Stand. Er hat zwar bereits vorher Deutsch gelernt, aber es ist ja nun auch wirklich keine einfache Sprache..... Zudem macht er am Abendgymnasium sein Abi nach und möchte später studieren; nebenher jobbt er 30h die Woche... Alles nicht einfach, aber irgendwie kommen wir schon durch. Er bekommt hier leider nichts anerkannt, wie bei so vielen, nicht die Ausbildung, nicht das Abi, Führerschein muss er die Prüfungen nachmachen.... Aber ich glaub, wir sind auf einem guten Weg:) Es tut mir leid, dass dein LG bisher nicht so zufrieden ist mit seiner Situation. Aber es gibt ja viele Möglichkeiten, Deutsch zu lernen! Bei der VHS gibt es glaub ich auch Kurse, die nur 1-2 in der Woche sind, muss ja nicht immer gleich jeden Tag 4h sein. Das Arbeitsamt hat uns damals auch ne Umschulung angeboten für 2 Jahre, aber dafür hätte mein Mann zunächst arbeitslos sein müssen. Das war uns dann zu doof, den Job dafür zu kündigen, daher nun der Weg mit dem Abendgymnasium. Ich hoffe, dein LG findet noch einen Weg hier im Bürokratie-Dschungel Deutschland, mit dem er zufrieden ist, viel Glück!!

von Selma 1509 am 21.06.2015, 15:35