Sehr geehrter Herr Dr. Paulus,
ich muss demnächst ein MRT Schädel und HWS machen. Es könnte sein dass auch Kontrastmittel gespritzt werden muss.
Ich stille meinen 10 Monate alten Sohn noch Nachts, tagsüber nicht mehr.
Dazu hätte ich bitte drei fragen:
Falls Kontrastmittel gespritzt werden muss - wie lange darf ich meinen Sohn dann nicht stillen?
Muss ich die Muttermilch abpumpen und verwerfen - oder reicht das nicht stillen für einen gewissen Zeitraum aus weil mein Körper das Medikament abbaut?
Falls ich abpumpen und verwerfen muss - wie oft sollte ich das machen bzw. über welchen Zeitraum?
Viele Grüße und herzlichen Dank.
von
Sternschnuppe1979
am 20.01.2017, 20:32
Antwort auf:
Kontrastmittel
Bei Gadotersäure (z. B. Dotarem), oft auch als Gd-DOTA bezeichnet, handelt es sich um ein Kontrastmittel, das in der Magnetresonanztomografie (MRT) verwendet wird. Gadotersäure ist eine sehr stabile Gadoliniumverbindung, weshalb sie sich theoretisch auch für die Stillzeit eignen sollte.
Die verwandte Verbindung Gadolinium-DTPA (Gadopentetat-Dimeglumin) geht in kleinen Mengen in die Muttermilch über (Rofsky et al 1993, Schmiedl et al 1990, Kubik-Huch et al 2000).
Messungen bei 19 stillenden Müttern ergaben, dass nach intravenöser Applikation von Gadolinium-DTPA im Mittel 0,009% (0,001% - 0,04%) der mütterlichen Dosis über 24 Stunden in die Muttermilch ausgeschieden wurden (Kubik-Huch et al 2000). Dies entspricht weniger als 1% der Dosis, die bei Kernspinaufnahmen von Säuglingen benötigt wird. Darüber hinaus wird das Kontrastmittel oral nur gering aufgenommen.
Ältere Empfehlungen, nach Einsatz von Gadolinium-DTPA mit dem Stillen über 12 bis 24 Stunden zu pausieren, erscheinen daher diskussionswürdig (Webb et al 2005, American College of Radiology 2013).
Gadolinium-DTPA wurde bei einigen Patienten mit Nierenfunktionsstörungen für die Entstehung einer systemischen Fibrose verantwortlich gemacht. Aus diesem Grund wird von manchen Arbeitsgruppen eine Stillpause von 24 Stunden angeraten (Webb et al 2005, European Society of Urogenital Radiology 2013). Die European Society of Uroradiology Contrast Medium Safety Committee empfahl 2013, dass Stillende nach hohen Dosen von gadoliniumhaltigen Kontrastmittel die Milch über 24 Stunden verwerfen sollten (Webb & Thomsen 2013).
Nach den Leitlinien mehrerer nordamerikanischer Fachgesellschaften ist eine Stillpause nach Anwendung gadoliniumhaltiger Kontrastmittel hingegen überhaupt nicht erforderlich (American College of Radiology 2012, Chen et al 2008, Patenaude et al 2014).
Da Sie Ihren 10 Monate alten Sohn nur noch teilweise stillen, ist ohnehin nicht mit einer größeren Belastung des Kindes über die Muttermilch zu rechnen.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 22.01.2017