Hallo Herr Dr. Paulus,
ich musste aufgrund einer schweren Grippe mit hohem Fieber das Antibiotikum "Azithromycin 500" für 3 Tage nehmen. Ich habe meinen Hausarzt darauf hingewiesen, dass ich schwanger sein könnte und er meinte, dass ich dieses Medikament ohne Bedenken nehmen könnte. Wie sich herausstellte war ich zu dem Zeitpunkt tatsächlich in der 3/4 SSW. Wir haben nun unterschiedliche Aussagen zur Einnahme dieses Antibiotikums gelesen und machen uns nun doch etwas Sorgen, dass sich die Einnahme schädlich auf das Baby auswirken könnte. Ist diese Sorge berechtigt oder gilt hier z.B. auch das AllAlles-oder-Nichts Prinzip?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
von
kiterqueen
am 13.03.2015, 17:51
Antwort auf:
Azithromycin 500 in der 3./4. SSW
Eine kanadische Studie verglich 123 Fälle einer Anwendung von Azithromycin in der Schwangerschaft (davon 88 Fälle im ersten Schwangerschaftsdrittel) mit den Schwangerschaftsausgängen unter Medikation mit älteren Antibiotika bzw. unbelasteten Schwangerschaften. Dabei unterschied sich die Fehlbildungsrate mit 3,4% statistisch nicht von den Kontrollgruppen (Sarkar et al 2006).
Anlässlich einer Amiozentese im zweiten Trimenon erhielten in einer großen kontrollierten Studie 21.991 Schwangere 500 mg Azithromycin drei Tage vor der diagnostischen Maßnahme. In der behandelten Gruppe lag die Abortrate mit 7 von 21.219 Fällen (0,03%) eindeutig niedriger als in der unbehandelten Kontrollgruppe mit 36 von 12.529 Fällen (0,28%). Auch ein vorzeitiger Blasensprung trat in der behandelten Gruppe mit 14 von 21.219 Fällen (0,06%) signifikant seltener auf als in der Kontrollgruppe (1,12%). Die Antibiotikaprophylaxe mit Azithromycin scheint daher das Risiko für vorzeitigen Blasensprung und Fehlgeburt bei Amniozentese eindeutig zu vermindern.
Eine Beeinträchtigung der kindlichen Entwicklung ist unter Azithromycin in dieser großen Studie nicht zu erkennen gewesen.
Sofern die Anwendung einer potentiell fruchtschädigenden Substanz im Zeitraum der Alles-oder-Nichts-Regel (innerhalb von zumindest 14 Tagen nach Empfängnis) erfolgte, wäre bei schädigenden Einwirkungen entweder ein Abort oder ein Neugeborenes ohne erhöhtes Fehlbildungsrisiko zu erwarten. Die anfangs pluripotenten Zellen können in dieser Zeit noch geschädigte Zellen ersetzen, so dass die weitere Entwicklung ungestört verläuft, sofern der toxische Schaden nicht so groß ist, dass die Frucht mit der nächsten Regelblutung abgeht.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 14.03.2015