Frage: Noch ausgewogen genug? Vierjähriger

Hallo, mein vierjähriger hat als Kleinkind so gut wie alles gegessen, somit habe ich mir keine großen Gedanken um sein Essverhalten gemacht. Wenn er mal etwas nicht wollte, dann eben nicht, aber das kam selten vor. Auch hat er alles probiert und gut und mit viel Appetit gegessen. Er ist immer genau in der Mitte des Normalgewichts für seine Größe, also auch hier kein Problem. Allerdings fing er vor etwas über einem Jahr an sein Essverhalten zu ändern. Hier zu schreiben, was er nicht isst würde ewig dauern, also schreibe ich mal, was er noch zu sich nimmt. Brot ( weiße Brötchen, Vollkorntoast, Vollkornknäcke) mit Butter und Salami (selten Marmelade oder Nutella) Fleischwurst, Hähnchenfleisch, Schinken. Fleisch überhaupt, sofern es nicht in Soße liegt, dann verweigert er. Frickadellen, Bratwurst, Schnitzel, Steak, panierten Fisch, Chicken Nuggets, Würstchen. Kartoffeln in jeder Form (von Suppe über Püree bis zu Pommes) Keine Nudeln oder Reis, keine Tomatensoße, eigentlich gar keine Soße. Vollkornkartoffelpuffer und Apfelmus. Cornflakes mit Milch (manchmal) Ei (selten) Linsensuppe Tomaten, Möhren wenn ich sie "verstecke", wenig rohe Paprika, sonst kein Gemüse. Obst vieles, allerdings keine Bananen, Orangen, eher Beeren oder Kiwi oder Trauben. Süßigkeiten mäßig, lieber Gummibärchen statt Schoki. Kuchen sehr eingeschränkt auf ein oder zwei Sorten. Vanilleeis, Rosinen, Datteln, Feigen. Nur Naturjoghurt mit Marmelade, kein Pudding, kein Fruchtjoghurt, kein Dosenobst (damit kann ich gut leben ;-)) Ich glaube das war alles. Das Problem ist nun die Einseitigkeit. Frühstück ist eine Brotmahlzeit, ich gebe immer etwas Obst oder Tomate dazu. Mittags im Kiga lehnt er 2-3 Mal pro Woche das Essen komplett ab (Nudeln, Reis, Soße, Pudding....) Er darf dann ein Brot aus seiner Dose essen und ggf Obst. Nachmittag gibt es meist Knäcke mit Marmelade im Kiga und Obst und ein Joghurt. Am Abend essen wir eben auch Brot, ich bin voll berufstätig und mein Mann isst in der Kantine. Dann hat der Kleine keine warme Mahlzeit. So versuche ich auch mal Vollkornpuffer oder eine Kartoffelsuppe vom Wochenenden an den Tagen zu servieren, wo er im Kiga verweigert hat. Aber ich kann nicht jeden Tag frisch kochen, das schaffe ich nicht und außerdem isst er dann in erster Linie das Fleisch. Allgemein ist mir das Ganze viel zu Fleischlastig. Man kann doch nicht von Brot, Kartoffeln und Fleisch leben... er kann allerdings ;-) Kann es sein, dass sich das noch mal ändert? Oder muss ich mich damit abfinden? Da wir nur am Wochenende kochen und auch nur zu dritt sind, KANN ich auf ihn eingehen dabei, indem ich die Dinge koche, die er auch isst. Aber ist das tatsächlich sinnvoll? Befördere ich damit sein wählerisches Verhalten? Das Gemüse lässt er einfach weg, bei Nudeln isst er die Hackfleischsoße mit einem Brötchen. Aber früher gab es bei uns oft Salatplatten, Gemüse- Reis Pfannen, Geschnetzeltes.... so etwas lehnt er leider komplett ab. Danke für Ihren Rat.

von Marsch am 23.04.2015, 12:53



Antwort auf: Noch ausgewogen genug? Vierjähriger

Hallo Marsch deiner Schilderung entnehmend, sprich ganzheitlich betrachtet, ist die Speisenauswahl deines Kindes durchaus gut und ausgewogen: es sind alle Lebensmittelgruppen dabei. Das tägliche Essen bzw der Wochenplan sollte aus diesen Lebensmittelgruppen bestehen: Reichlich Getreideprodukten wie Brot, Nudeln, Reis etc dazu reichlich bzw ausreichend Obst und Gemüse, empfehlenswert sind etwa 5 P am Tag (1 P = Füllmenge einer hohlen Hand) * gefolgt von Milch- und Milchprodukten (mit 4 J: ca 350ml Milch, inkl. Milchprodukte) Fleisch, Fisch dazu sichtbare Fette und Öle am wenigstens sollte der Anteil Süßigkeiten sein dazu ausreichend Getränke, Wasser *konkrete Mengenangaben sind bspw: 2 mittelgroße Kartoffeln 1 mittelgroßes Stück Gemüse (1/4 Zucchini + 1 kl Möhre) 1 kleiner Apfel und 1/2 Banane oder 1/2 Hand Trockenobst (=gehaltvoller und kompakter) Von Einseitigkeit der Ernährung mit einer daraus möglicherweise resultierenden mangelnden Aufnahme lebensnotwendiger Nährstoffe spricht man, wenn bestimmte Lebensmittelgruppen komplett im Speiseplan fehlen. Wenn etwa keine Milch(produkte) gegessen werden, oder Obst/Gemüse komplett verweigert würde. Bei der Auswahl deines Kindes scheint in dieser Hinsicht völlig in Ordnung. Du wünschst dir jedoch mehr Auswahl und Vielfalt. Vielleicht hat dein Kind auch Tage, den denen er weniger Fleisch isst oder weniger davon fordert. Fleisch ist dennoch sehr nahrhaft und hilft beim Wachstum. Ein großer Appetit darauf, könnte ein Zeichen für einen Wachstumsschub sein. Du machst dir nun Gedanken, wie du die Ernährung deines Sohnes weniger fleischlastig gestalten könntest. Viele Kinder haben hin und wieder Phasen in denen sie scheinbar einseitig essen und vor allen Dingen aus unserer Sicht eine sehr monotone Auswahl ahebn und sehr intensiv bestimmte Speisen fordern. Das ist völlig in Ordnung. Diese spezifischen Vorlieben wechseln wieder. Der Körper hat irgendwann genug. Darauf kannst du vertrauen. Wichtig ist, dass regelmäßig Essen und Vielfalt bei Tisch angeboten wird. Versuche es doch spaßeshalber einmal mit panierten Zucchinischeiben, statt mit Fleisch. Schneide die Zucchini dazu in schräge Stücke, so dass die Scheiben (ca 0,5 cm dick) größer werden und oval. Die Scheiben mit einem Küchentuch leicht trocken tupfen. Salzen, pfeffern, Prise Zucker, und edelsüßes Paprikapulver darüber, dann panieren wie üblich in Mehl wende, durch ein Ei-Milchgemisch ziehen, in Semmelbröseln wälzen und braten. Es geht gar nicht so sehr darum, deinem Kind insgesamt weniger Fleisch zu bieten. Es geht vielmehr darum, dass er Neues kennen lernt und dadurch die Möglichkeit erhält eine Vielzahl an Speisen zu mögen, um ihm die Auswahl im Bedarfsfall zu erleichtern und die Ernährung mit Gemüse zu ergänzen. Kindern wählen i.d.R. instinktiv die Speisen aus, die sie benötigen. Sie brauchen dafür lediglich eine Auswahl an "gesunden" Speisen**. UNd manchmal hilft die richtige Zubereitungsweise dabei. Im Falle der Zucchini erhöht die Panade den Nährwert, macht sie attraktiver. Im ersten Moment fällt der Unterschied zu einem Schnitzel kaum auf. Lediglich und hauptsächlich ist die Konsistenz beim Kauen eine andere. Viele Kinder verschmähen Gemüse und Co, wenn es pur vor ihnen auf dem Teller liegt. Sie schieben es vom einen Tellerrand zum andern, um es schliesslich, wenn überhaupt erst wenn Mama droht - zu essen... Wird das Gemüse in Speisen verpackt, Cremesuppen, Sossen und andere Gerichte, wird auch verhasstes Gemüse meist kommentarlos gegessen. Inzwischen raten sogar Kinderärzte zu diesen einfachen Massnahmen, damit Gemüse und Co in Kindermägen wandert. Gemüse kannst du auf vielerlei Arten anbieten. Manche Kinder mögen Rohkost, weil sie schön knackig ist und Spaß macht, sie zu essen. Andere Kinder wollen Gemüse lieber nicht sehen, sie essen aber nahezu jede Sort in einer Cremesuppe, wenn es bis zur Unkenntllichkeit püriert wurde. Manche essen Gemüse sehr gerne, wenn es im Gericht eingearbeitet ist. Bspw Spinat in Maultaschen, Tomatensosse auf Pizza. Mache doch einmal Bolognese Pizza - statt mit Nudeln servierst du die Bolognesesosse auf Pizza gebacken. Etwas Käse darüber - backen - fertig. Und Kartoffeln mag dein Kleiner auch, wie du schreibst. Auch sie zählen durchaus als Gemüseportion, haben viele gute Inhaltsstoffe. Färbe den nächsten Kartoffelbrei einfach mit mitgekochten Möhren orange und benenne ihn entsprechend - als MAUS-Kartoffelbrei? Welche orangefarbenen Helden mag dein Kind? Manchmal helfen phantasievolle Namen mit Identifikationspotenzial :) Kennst du den folgenden Text? http://www.rund-ums-baby.de/ernaehrung/essensverweigerung.htm Versuche es doch bspw zum Joghurt mit selbstgemachtem Fruchtpüree. Mangopüree: Mangostücke (TK-Produkt) in einen Topf geben und mit etwas Apfelsaft bedecken, aufkochen, köcheln lassen, bis gar, dann pürieren. Die Masse sollte sehr fein püriert sein. Falls nötig, die Masse durch ein Haarsieb streichen, damit grobe Fasern entfernt werden. Ggf für bessere Haltbarkeit nochmals aufkochen. Binnen 2-3 Tagen aufbrauchen. Schmeckt auch als Brotaufstrich. Du kannst evtl Frischkäse mit geraspelter Möhre strecken. Auch lecker ist es, wenn du zum Brot dazu fein geraffelte Apfel-Möhren-Rohkost anbietest. Auch einmal saure Gurken oder Avocado, vegetarischen Brotaufstrich (schmeckt, je nach Sorte, ähnlich wie Leberwurst) oder - wie ist es damit? http://www.kuechengoetter.de/rezepte/Brotaufstrich/Vegetarische-Teewurst-1083.html http://www.naturkost.de/rezepte/view_recipe.php?sb_id=1606 http://www.kochbar.de/rezept/379782/Brotaufstrich-mit-Gemuese.html Das alles müsste auch mit Zeitknappheit zu schaffen sein. Sind evtl Fruchtsmoothies oder grüne Smoothies etwas für dein Kind? Auch "Quetschies" (manche enthalten einen Anteil Gemüse) mögen viele Kinder gerne, denn neben dem Genuss, zählt für sie hier der Spaßfaktor. Die Dinger sind lustig in der Handhabung, schmecken leicht süß und lassen sich "nuckeln", was an die Babyzeit erinnert. Für die Zahngesundheit: nicht optimal zum Dauergebrauch geeignet... Manche Kids wollen von frischem Obst und Gemüse einfach nichts wissen. Da ist der Quetschbeutel oder auch mal der Saft in der Flasche durchaus eine gute Lösung. Die Auswahl an Trockenfrüchten kannst du ggf steigern. Die Früchte sollten am besten "bio" sein oder auf jeden Fall ungeschwefelt. Hier werden die Portionen auch kleiner gemessen, da Trockenfrüchte sehr kompakt, sprich kalorienreich und nahrhaft sind. Im Angebot sind bspw neben Rosinen auch Datteln, Feigen, Äpfelringe, Ananasstücke, Mango, Papaya, Erdbeeren u.v.m. Auch beliebt, weil gut essbar und süß bei gleichzeitig wenig sauer sind gefriergetrocknete Früchte. Es gibt sie in manchen Geschäften im Sortiment der Babykost - leider teuer. Aber eigentlich ist alles bestens - dein Kleiner hat eine große Auswahl an von ihm gemochten Obstsorten. Dazu Kartoffeln und ab und zu Gemüse - das passt schon. Auch Milchprodukte und Getreide sind im Plan vertreten. Koche am Wochenende Speisen, die dein Kind gerne isst und solche die ihr/du gern mögt. So kann sich euer Kind langfristig an Neues gewöhnen, satt werden und ihr schafft euch eure eigene Familientradition, die dein Kind sein Leben lang prägen wird. Je älter euer Sohn, desto aufgeschlossener wird er dem Essen wieder werden. Also dann Grüße B.Neumann Zusatz: mit etwa dem Beginn des 3. Lj beginnt eine Zeit, in der viele Kinder sehr einseitige Essensvorlieben entwickeln und neue Speisen gar nicht mehr probieren möchten. Mit etwa 18 Lm und mit 3 Jahren schränkt sich die Auswahl der gemochten Speisen bei vielen Kindern stark ein. Erst mit 6-8 Jahren und später ab etwa 12 Jahren werden wieder gerne neue Essabenteuer gewagt. **Schon vor fast 100 Jahren (großzügig gerundet) wurde hierzu ein Experiment durchgeführt, von der amerik. Ärztin Clara Davis. Das Experiment ist durchaus umstritten aber wenn du Interesse hast, kannst du dich entsprechend informieren. lies auch ggf noch hier: http://www.rund-ums-baby.de/kochen-fuer-kinder/beitrag.htm?id=33233&suche1=mere+effe&seite=1

von Birgit Neumann am 26.04.2015