Liebe Birgit,
meine Tochter (vollgestillt bis 5,5 Monate) ist jetzt gerade 9 Monate alt und verweigert mehr oder weniger ihre Milchmahlzeiten. Mit der Einführung der Beikost ist das Stillen immer mehr in den Hintergrund geraten und sie hat nach und nach die Brust verweigert und mochte lieber Brei essen. Mir war das nicht Unrecht und ich war froh, dass das so unkompliziert ging. In den letzten 4 Wochen habe ich sie nur noch morgens gestillt, aber auch da hat sie immer nur ein paar Schluck getrunken und sich dann weggedreht. Die letzten Tage wollte sie gar nicht mehr ran. Deshalb habe ich ihr schon seit einer Weile zum Frühstück immer eine Portion Milchbrei gemacht, aber davon isst sie auch nur noch eine kleine Menge. Abends geht der Milchbrei seit etwa 2 Wochen fast gar nicht mehr. Vorher hat sie ihn gerne gegessen, wenn auch nie die komplette Portion. Ich habe auch schon verschiedene Getreideflocken mit Kuhmilch oder Folgemilch probiert, aber es wird alles nach eine paar Löffeln verschmäht. Jetzt mache ich mir schon Gedanken, ob sie genug Milch bekommt. Pre, Folgemilch oder Kuhmilch nimmt sie weder per Flasche, Becher, gelöffelt oder Trinklernflasche. Sobald sie weiß, was ich ihr anbiete presst sie die Lippen zusammen. Heute habe ich mal so ein Joghurt-Frucht-Gläschen probiert und das hat sie ruck-zuck verputzt. Wäre das evtl. eine Alternative zur Milch, also wenn ich ihr abends z.B. Naturjoghurt mit Obst zu einer Scheibe Brot mit Butter (das isst sie mit Begeisterung) gebe.
Auch der Mittagsbrei wird immer schwieriger. Bis vor 2 Wochen hat sie locker 200-220 gr verdrückt. Jetzt schafft sie mit Müh und Not die Hälfte davon. Ich koche übrigens selbst. Hast Du evtl. einen Tipp, wie ich ihr das Essen schmackhafter machen kann. Ich glaube, sie mag kräftigere Sachen essen (Brot ist ja z.B. geschmacksintensiver), aber was kann ich kochen ohne wirklich Gewürze zu benutzen?
Im Moment ist das Essen echt ein Kampf, dabei hat das davor immer so super funktioniert. Übrigens ist sie eher ein Leichtgewicht mit aktuell 7300 gr bei 66 cm und ich weiß manchmal nicht, was ich ihr noch geben kann, dass sie überhaupt was isst.
Vielen Dank für Deine Hilfe, beste Grüße Martina
Mitglied inaktiv - 03.12.2010, 19:37
Antwort auf:
9 Monate - Mag keine Milch/Milchbrei
Hallo Martina
das Verhalten deiner Tochter ist völlig normal in diesem Alter, das deshalb den Übergang zur Familienkost darstellt.
deine kleine Tochter hat einen Entwicklungsfortschritt gemacht, der für dieses Alter vollkommen normal ist. Ihr befindet euch gerade in einer Umbruchphase. Brei wird abgelehnt und Alternativen wurden bisher kaum gefunden. Die Kleinen müssen neue Speisen erst kennenlernen, neue Geschmackseindrücke sammeln, bewerten, neue Konsistenzen akzeptieren, kauen, selber essen lernen. Kleine Mengen können ausreichen. Freue dich, wenn dein Kind etwas gegessen hat oder auch nur probiert hat. Das ist besser als nichts und dein Kind lernt dazu. Neue Esssitten und Rituale treten an Stelle althergebrachter Gewohnheiten.
Babys wachsen in den ersten Monaten sehr schnell. Nicht nur das Längenwachstum geht rasant, sondern die gesamte Entwicklung, auch das Anlegen von "Fettreserven" zählt dazu und äußert sich in dieser Zeit durch "Hunger". Auch ist das Saugbedürfnis in dieser ersten Zeit sehr ausgeprägt.
Mit 10Lm etwa ist die Zeit des schnellen Wachstum allmählich vorbei und die Zunahme stagniert. Das äußert sich auch in verringertem Appetit.
Das merkst du bald auch an den Kleidergrößen. Die Größen passen jetzt jeweils über einen längeren Zeitraum. Hast du sicher schon bemerkt, oder? Und weil dein Kind jetzt nicht mehr so schnell wächst und dadurch weniger Kalorien benötigt, ist auch der Appetit evtl vermindert und evtl Nahrungsdefizite machen sich nicht so schnell bemerkbar. Der Verdauungstrakt ist auch schon besser in der Lage sich auf neue Lebensmittel einzustellen und zu verdauen. Auch das Schlucken größerer Partikel fällt den Babys leichter. Der Reifeprozess ist vorangeschritten und die Babys neugierig. Sie wollen selber essen, wollen am Familienleben teilhaben, wollen ihr Essen erkunden und freuen sich über neue Geschmackserlebnisse. Auch als Eltern freut man sich über neue Essgewohnheiten, dass die Babys selbständiger werden und man nicht mehr so aufpassen muss. Erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten.
Und dein Baby zeigt deutliches Interesse an der Familienkost. Da kannst du jetzt gut weitermachen. Biete ihm ruhig Nudeln an, die in Salzwasser gekocht wurden.
mit Brot habt ihr schon begonnen, was ein erster Schritt in Richtung der Familienkost bedeutet.
Ab dem 10. Lm ist die Familienkost besonders wertvoll, weil Babys noch neugierig sind. Diese Neugier weicht mit fortschreitendem Alter eher einer Skepsis. Deshalb ist es wichtig, dass die Kleinen jetzt schon viel Gelegenheiten bekommen neue Geschmacksrichtungen, Aromen etc kennenzulernen. Es müssen keine üppigen Portionen von Neuem gegessen werden, sondern das Neue kann zunächst noch als "Spielerei" betrachtet werden und die Kleinen können sich an den üblichen Breien satt essen. Basics sind da gar kein Problem, und sogar erwünscht. Kartoffeln, Gemüse, Fleisch. Nudeln, Gemüse, Fleisch.
unächst einmal solltest du dein Kind ganz allgemein an die gewohnten Familienmahlzeiten gewöhnen. Das bedeutet: Alle sitzen gemeinsam am Tisch und jeder hat einen Teller und Besteck. Und auch dein Kind darf selber essen. Wenn es sein muss, mit den Fingern.
Statt ständig neuer Gerichte, kannst du gut die Breizutaten einzeln in, wenn noch nötig, breiähnlichen Varianten servieren.
Die wertvollsten Momente sind die, bei denen Mama, Papa und Geschwister entspannt am Tisch sitzen und essen und das Baby einfach und selbstverständlich mitessen kann.
Gestaltet das gemeinsame Essen schön. Je mehr dein Kind bei dir/euch sieht, desto mehr wird die Neugier auf neues Essen, neue Speisen geweckt. Das Essen darf schon gewürzter sein, nur nicht zu salzig. Denn zu salziges Essen führt auch dazu, dass weniger gegessen wird.
Befindet sich dein Kind evtl in einer Sturm-und Drangphase? Da bleibt kaum Zeit zum Essen. Alles muss beobahcte und untersucht werden. Hindernisse überwunden werden und Berge erklommen werden. Auch das Essen muss erforscht werden und neue Geschmäcker kennengelernt werden. Essen muss gekaut und schliesslich geschluckt werden. Dazu haben viele Kinder grade keine Zeit. Beides (Essen und Spielen) gehört für dein Kind zusammen.
Es kann deshalb sinnvoll sein, Essen auch ausserhalb des Esstisches anzubieten. Besonders geeignet sind bspw längere Autofahrten, Spaziergänge im Kinderwagen. Da hat dein Baby evtl die nötige Ruhe und isst ein Brot oder eine Banane...
Aus dieser Position betrachtet machen auch die beliebten "Spiele"
wie: "es kommt ein Flugzeug angeflogen - direkt in deinen Mund"
durchaus einen Sinn. Der Mund öffnet sich.
Also schau mal, wie du die Neugier erwecken kannst.
Stillen und ein Gläschen* mit dem Joghurt-Fruchtmix reicht aus. Daqzu ab und zu mal ein Gericht wie Kartoffelbei, Grießschnitten etc, das du mit frischer Kuhmilch zubereitest- super-
Grüsse
B.Neumann
*
http://www.rund-ums-baby.de/kochecke/beitrag.htm?id=32418&suche=ges%E4uerte&seite=1#start
von
Birgit Neumann
am 06.12.2010
Antwort auf:
9 Monate - Mag keine Milch/Milchbrei
Ganz herzlichen Dank für Deine ausführliche Antwort. In vielen Dingen, die Du schreibst erkenne ich meine Tochter wieder. Deine Infos sind echt Gold wert und beruhigen mich hinsichtlich dem Essverhalten ungemein. Ich kann jetzt endlich lockerer damit umgehen. Emma wird mir schon zeigen, was sie braucht und wann wieviel. Viele Deiner Tipps werde ich umgehend in die Ernährung einbauen und dann wird es schon klappen.
LG Martina
Mitglied inaktiv - 06.12.2010, 19:39