Stillen nach Bedarf und Beikost - ist das zu viel des Guten?

 Annelie Last Frage an Annelie Last Diplom Ökotrophologin

Frage: Stillen nach Bedarf und Beikost - ist das zu viel des Guten?

Hallo, meine Tochter ist jetzt 11 Monate alt und wiegt 12,5 kg bei einer Größe von 75cm. Sie kam als spätes Frühchen zur Welt und im Vordergrund stand die Gewichtszunahme. Also habe ich mich von Anfang an an keine geregelten Zeiten gehalten, sondern ihr die Brust immer wieder angeboten. Lange Zeit war auch alles prima (mal abgesehen von der zwar glücklichen aber auch fertigen Mama, deren Schlafdefizit nie wieder aufzuholen ist...) Mit Einführung der Beikost war ich dann schon verunsichert. Mein Kinderarzt sagte, ich solle die Milchmahlzeiten durch die Beikost nach und nach ersetzen. Nun legt meine Tochter allerdings nicht so viel Wert auf Gläschen, Schnittchen usw.. Sie probiert vieles, verliert aber schnell den Gefallen daran und freut sich nach wie vor Tag und Nacht auf Mamas Brust. An fester Nahrung hat sie nur wenige Favoriten: Erdbeeren, Brokkoli, Plattpfirsiche, Würstchen, Nudeln pur oder mit Soße. Auf süße Breie steht sie gar nicht, von einem Gläschen schafft sie maximal die Hälfte, hat auch hier ausgewählte Sorten (Fisch, Huhn, Reis, Nudeln) Anfangs mochte sie noch Fruchtmus, das ist jedoch vorbei. Jetzt kann ich sie gelegentlich mit einem Früchteriegel beglücken. Ein Babykeks oder ein Stück trockenes Brötchen sind auch hin und wieder interessant. Als Getränk hat sie sich für Mineralwasser Medium! entschieden, ab und zu mag sie auch mal eine Saftschorle und eine bestimmte Sorte ungesüssten Früchtetee, Milch lehnt sie ab. Nun stelle ich fest, dass mein Kind immer dicker wird und ich benötige dringend einen Rat. Als Mutter bricht es mir das Herz, wenn ich ihr die Stillmahlzeiten reduziere. Sie freut sich immer so und ningelt auch solange, bis sie ihr Ziel erreicht hat. Allerdings kann ich ihr ja auch nicht feste Nahrung vorenthalten. Sie muss sich ja daran gewöhnen und langsam umstellen. Ihre Körperfülle hindert sie meines Erachtens auch an Krabbelversuchen. Sie dreht und rollt sich in alle Richtungen, will fast nur noch stehen und mit Hilfe laufen, doch das Krabbeln ist für sie zu anstrengend. Was würden Sie mir in Sachen Ernährung raten? Ist das nur Babyspeck, der sich bald verläuft oder bekommt sie zu viel? Mein Mann und ich sind beide übergewichtig und deshalb habe ich große Sorge, dass ich bei unserer Tochter diesbezüglich etwas falsch mache.

von Glücksmami2014 am 29.07.2015, 10:27



Antwort auf: Stillen nach Bedarf und Beikost - ist das zu viel des Guten?

Liebe „Glücksmami2014“, also der Milch- und somit auch der Eiweißbedarf gehen mit fortschreitenden Alter deutlich zurück. Was heißt das im Konkreten: Bis zum ersten Geburtstag benötigt Ihre Tochter insgesamt noch 400-500 ml/g Milch und „Milchhaltiges“, im zweiten Lebensjahr sind es dann nur noch etwa 300ml/g. In diese Empfehlung wird einberechnet: die Muttermilch, die Trinkmilch, der Milchbrei, Joghurt, Müesli, Käse auf dem Brot usw. Das bedeutet die Aussage „Muttermilch und Pre nach Bedarf“ bezieht sich nur auf die ersten Lebensmonate. Mit Ende des ersten Lebenshalbjahres sollte man die Milchmenge und somit auch die Eiweißaufnahme schon drosseln. Ich will ganz offen sein, wenn Ihre Kleine nachts und auch tagsüber noch so häufig Muttermilch bekommt, mindert das den Appetit auf die „festen Mahlzeiten“ und Ihre Kleine „snackt“ sich so durch den Tag. Hier ein Würstchen da etwas Obst und einige Nudeln, ein Früchteriegel und einen Schluck Milch, das macht in der Summe natürlich auch satt und Ihre Kleine nimmt sehr gut zu. Da Ihre Kleine nun schon zu den größeren Babys gehört, hat sie auch einen entsprechend höheren Energiebedarf. Solange Ihre Kleine fast ausschließlich Milch bekommt, werden sich die Milchmenge und das häufige auch nächtlichen Einfordern eher noch erhöhen. Denn feste Nahrung macht nun nach und nach satter als das Trinken von Milch. Noch isst sich Ihre Kleine auch vor allem an der Muttermilch satt und hat dadurch weniger Hunger auf die „festen Mahlzeiten“ Breie und das Fingerfood. Wird die Milchmenge etwas weniger, steigt auch der Appetit auf diese. Auch benötigt Ihr Töchterchen neben der Milch auch andere Lebensmittel für ein gesundes Wachstum. Was nicht heißt, dass Sie abstillen müssen. Ihre Maus braucht ja auch noch Milch, nur nicht so viel. Außerdem genießen Sie als Mama und Ihr Mädchen das Stillen. Zur Orientierung finden Sie auf unserer Homepage einen Ernährungsplan: http://www.hipp.de/index.php?id=2058. Sie als Eltern bestimmen das Angebot aus gesunder Kost, nicht Ihr Kind. Ihr Mädchen darf lediglich daraus auswählen und entscheiden, wie viel sie davon essen mag. Wenn Sie nicht möchten, dass Ihre Kleine jenes oder welches isst, bieten Sie es ihr nicht regelmäßig an. Ihre Tochter ist noch sehr jung und weiß nicht, was gesund und gut für sie ist, sie weiß nur was ihr schmeckt. Deshalb müssen Sie sie beim Erlernen eines gesunden Ernährungsverhaltens unterstützen. Ihr Mädchen braucht Ihre Hilfe dabei! Bieten Sie Ihr also ein richtiges Mittagessen und auch Abendbrot an. Halten Sie die Portion auf ihrem Teller eher klein und dann lassen Sie sie einfach in Ruhe. Schauen Sie und Ihr Mann nicht auf ihren Teller hin, maßregeln Sie sie nicht, motivieren Sie sie nicht, interessieren Sie sich nicht für ihr Essverhalten. Der Speiseplan Ihrer Kleinen ist derzeit auch "sehr bequem": Kaum kauen, schnell schlucken und oft süß. Nun gebe ich Ihnen noch den wichtigsten Rat: Denken Sie an das Sprichwort "Hunger ist der beste Koch". Ruhig ab und zu mal den Hunger zum Gehilfen machen. Ihr Kind verhungert nicht vor vollem Teller. Gehen Sie einfach „gesunde“ Mahlzeiten an. Da können ruhig auch die „unbeliebten“ Sachen dabei sein. Verweigert Ihre Kleine das Essen oder mag sie nicht mehr weiter essen, sagen Sie ihr ganz ruhig, dass das Essen jetzt für sie beendet ist. Ziehen Sie Mahlzeiten nicht in die Länge. Nach etwa 30 Minuten sollte das Essen beendet sein, Mehr gibt’s dann nicht. Nehmen Sie Ihr Mädchen aus dem Stühlchen und Sie gehen zur üblichen Tagesordnung über. Dann gibt es auch nichts Beliebteres und bis zur nächsten Mahlzeit gar nichts, auch keine Muttermilch oder einen Keks. Das ist nicht so schlimm. Haben Sie keine Angst, dass Sie was falsch machen, oder dass Ihre Kleine gar verhungern könnte. Das wird nicht passieren! Ihr Mädchen ist da viel zu schlau, sie wird das nehmen was sie braucht. Das ist ganz wichtig, dass Sie das verinnerlichen!!! Der Hunger ist auf Ihrer Seite. Es kann natürlich dauern bis sich ein Erfolg einstellt, aber wenn Sie in Ruhe Ihren Standpunkt vertreten, Ihrem Kind eine richtige und gesunde Essensweise vorleben und dieser Eigenwilligkeit keine Aufmerksamkeit schenken, wird es besser werden. Da Sie so besorgt, um das Gewicht Ihrer Kleinen sind. Ja Ihr Kind ist ein schweres Mädchen. Etwas Babyspeck ist in diesem Alter meist nicht dramatisch. Ihr Mädchen wird ja aktiver und mobiler werden und der Speck wird dann weggekrabbelt und etwas später gelaufen. Sprechen Sie ruhig auch mit Ihrem Kinderarzt über das Gewicht Ihrer Kleinen. Viele Grüße aus Pfaffenhofen, Annelie Last

von Annelie Last am 29.07.2015



Antwort auf: Stillen nach Bedarf und Beikost - ist das zu viel des Guten?

Liebe Frau Last, haben Sie recht herzlichen Dank für Ihre schnelle, hilfreiche und ausführliche Antwort. Ich hätte schon viel früher auf dieses Forum stoßen sollen. Mir war wirklich neu, dass Stillen nach Bedarf ab dem zweiten Lebenshalbjahr reduziert werden muss. Ich dachte mit Muttermilch kann ich nichts falsch machen und habe mich wirklich gewundert, warum meine Kleine bei dem Wenigen, was sie an fester Nahrung zu sich nimmt, so zunimmt. Ich werde sofort anfangen umzustellen. Mein Problem ist, dass meine Tochter nur an der Brust einschläft und das nicht nur abends sondern auch vormittags und beim Mittagsschlaf... Da muss ich mir was überlegen. Also noch einmal ganz vielen Dank!

von Glücksmami2014 am 29.07.2015, 20:03



Antwort auf: Stillen nach Bedarf und Beikost - ist das zu viel des Guten?

Bitteschön. Dafür sind wir da. Bestimmt finden Sie gemeinsam einen Weg, mit dem sie und Ihr Mädchen zufrieden sind.

von Annelie Last am 03.08.2015



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