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Pferde, Frage zu Haltungsbedingungen

Thema: Pferde, Frage zu Haltungsbedingungen

Ich habe eine Frage an die Reiter/ Pferdehalter unter euch: Hat sich in den letzten 20 Jahren grundsätzlich etwas an der Einstellung zur Pferdehaltung bzw. der Umgang mit den Pferden geändert? In dem Verein meiner Kindheit war vieles nicht ideal: viele Tiere sind kaum bewegt worden, Weideflaeche knapp, Sozialkontakte der Tiere untereinander kaum möglich, viel zu grobes Verhalten der Reiter gegenüber den Pferden... einmal sollte ich ein Pferd mit der umgekehrten Gerte schlagen weil es mich während einer Reitstunde konsequent runtergebuckelt hat, später stellte sich heraus, dass es das wegen Schmerzen getan hatte. .. Diese Zustände waren jedoch kein Einzelfall, in anderen Ställen war es noch schlimmer, da waren die Boxen noch kleiner, dunkler und der Unterricht richtig schlecht. Jetzt habe ich tagtäglich das Gegenteil vor Augen: Pferde die morgens konsequent auf die Weiden oder Paddocks gestellt werden, in der Herde laufen, ausreichend Ausweichflaechen, Reiter die einfuehlsam mit den Tieren umgehen, junge Pferde die noch nicht so intensiv gearbeitet werden und sehr alte Exemplare die immer noch geritten werden können. Natürlich können sich diese Tiere auch mal erschrecken oder Macken haben, sind aber wesentlich ausgeglichener als das, was ich aus meiner Jugend kenne. Wie habt ihr das erlebt, hat sich allgemein die Einstellung bezüglich artgerechter Haltung im Bereich Freizeitreiten in den letzten Jahren geändert? Lg

von Winterkind09 am 19.08.2015, 12:48



Antwort auf Beitrag von Winterkind09

Puh, befürchte, es gibt immernoch beides. Gerade in Ställen um Großstädte herum sind Weideflächen knapp, z.T. im Winter nichtmal Padock und im Sommer 2h Koppelgang (wenn man diese Miniflächen Koppeln nennen kann) zu zweit. Reiter, die Täglich in die Halle gehen (egal welches Wetter oder Temperatur), nach zwei Minuten Schrittreiten Traben und Galoppieren und die Pferde einfach nur zusammezerren. Andererseits Offenstall/Laufstallhaltung mit durchgehendem Heuangebot und lieben, einfühlsamen Besitzern, die sich um das Wohl ihrer Pferde sorgen, ins Gelände gehen (mit Galoppstrecken...) L- Dressuren gewinnen können und den Pferden auch mal Abwechslung und Ruhe gönnen. Sehe leider in einem Stall alles mögliche. Allgemein hoffe ich schon, dass die Richtung zu Offenstallhaltung, ohne Gewalt, eingeschlagen ist, befürchte aber, dass es immer wieder die anderen gibt, die junge Pferde viel zu früh, viel zu viel arbeiten, die Pferde kaum raus kommen und als Sportgerät gesehen werden. Ich kann nur sagen, dass mein älterer Pferdeherr (25), täglich, bei Wind und Wetter 6-8h auf die Koppel darf in einer großen Herde, immernoch spielt, 4-6 Mal die Woche bewegt wird (Schritt, Trab, Galopp, Dressur um biegsam zu bleiben, Longe, Bodenarbeit, Stangenarbeit, mal ein Cavaletti und ganz viel Gelände zum Galoppieren, Muskeln behalten und aufbauen mit Hügeltraining, Spazieren, Unsinn ohne Sattel machen, Halsring ausprobieren). Er bekommt viel Heu! Ihn hat ein Umzug aus einem Stall mit weniger Koppelgang, kaum Heu und Pferden, mit denen er sich auf Koppel nicht verstand, sehr gut getan. Er ist wach, fit, frech ;), motiviert und sieht viel besser aus, kaum jemand glaubt, dass er so alt ist, wie er ist. Ich hoffe, dass sich das weiter verbreitet! LG

Mitglied inaktiv - 19.08.2015, 13:49



Antwort auf Beitrag von Winterkind09

Heh, ergiebiges Thema hast Du da angefangen ... ;-) Ich meine, daß sich die Kunde über Animal Wellfare bereits gut verbreitet hat, u.a. auch durch Zeitschriften wie Cavallo, die sich über Stallhaft und Rollkur mokieren. Mittlerweile gibt es auch ANzeigen und sogar Gerichtsverfahren bei unangemessenen Haltungsbedingungen und auch bei Rollkur, was ich super finde. Generell spricht sich auch so langsam um, daß Pferde intelligente Wesen sind (vergleichbar mit 5jährigen Kindern). Und die FN Richtlinien wackeln auch bereits. Mein Dicker steht 24/7 in Weidehaltung mit Unterstand, Heu ad lib. usw. Am allerbesten sind sog. Bewegungsställe, aber die gibt es sehr selten bisher. Ausbildung - nur am Bitless Bridle, mit Clicker. Und natürlich barfuß - schön, daß es Tierärzte gibt, die auch etwas von Hufen verstehen. LG, Hanna

von HannaZ2 am 19.08.2015, 14:35



Antwort auf Beitrag von Winterkind09

Grundsätzlich hat sich sehr viel getan. Ständerhaltung ist mittlerweile in allen Bundesländern verboten, die Mär vom wöchentlichen Stehtag wurde ausgeräumt, es gibt viel und gute Information und zunehmend auch im Freizeitreiterbereich ein immer besseres Wissen rund um die Bedürfnisse der Pferde, sprich Ansprüche an Haltung, Ausrüstung, Fütterung und vor allem pferdegerechtem Reiten. Beigetragen haben dazu ganz stark Vereine wie der VFD, die engagierte Szene rund um Bruhns/Beer mit dem FS Zentrum Reken und der leider eingestellten Zeitschrift Freizeit im Sattel, aber auch die schon erwähnte Cavallo und Zeitschriften wie Dressur-Studien und St. Georg, die den Finger immer wieder in die Wunde legen, Missstände aufzeigen wie aktuell anlässlich der EM und zeigen, wie es besser geht. Aber: es gibt immer noch viel zu viele Reiter und Pferdenesitzer, die sich nicht oder nur wenig darum scheren, was ihrem Pferd gut tut und was nicht, und die über eklatante Wissenslücken verfügen. Leider muss man nicht reiten können, um ein Pferd zu halten. Und leider gibt es auch immer noch zu viele grottenschlechte Reitlehrer, die von feinen Hilfen noch nie etwas gehört haben... Tja, und dann kommt halt noch das fragwürdige Vorbild aus dem großen Sport dazu. Wenn der Hans rollkurt, dann darf das Hänschen das auch. Fazit: ich würde mal sagen viel Licht und viel Schatten!

von trompetchen am 19.08.2015, 19:21



Antwort auf Beitrag von Winterkind09

Also ich kann das nur aus "Reitschüler-Sicht" beantworten. Vor gut 20 Jahren bin ich geritten und jetzt reitet meine Tochter. Ich finde die Unterschiede riesig. Damals bei mir standen die Pferde angebunden in einer Reihe im Stall. Das gibt es jetzt gar nicht mehr. Die kleinen Ponys stehen im goßen Offenstall und die anderen Schulpferde haben große geräumige Boxen und kommen auch auf den Paddock und auf die Weide. Auch vom Unterricht her ist das alles anders. Bei mir früher waren zum Teil 15 Kinder in der Halle, nicht unterteilt in Anfänger und Fortgeschrittene, es wurde nichts richtig beigebracht, jeder zerrte an den armen Ponys rum... Heute bei meiner Tochter sind es kleine Gruppen, es wird geguckt welches Pony passt zu welchem Kind. Es wird auch viel mehr beigebracht, wodurch die Kinder auch viel besser mit den Pferden umgehen können. Also sehr viel harmonischer alles als damals!

von JaSo am 20.08.2015, 09:52