Elternforum Die Grundschule

Träumer

Träumer

SelinaMama

Hallo, es geht um meine Tochter, 9 Jahre, geht in die 2. klasse - wir leben hier in Dänemark, also etwas anderes Schulsystem. Nächste Woche haben wir Elterngespräch, wir haben dafür vorab den Auszug aus der Bewertung bekommen. Hier in DK gibt es keine Zeugnisse, sondern das jährliche Elterngespräch. Unsere Tochter ist sehr gut in der Schule, lesen und schreiben ist gut - zu meinem Leidwesen wird hier das Schreiben nach Gehör praktiziert, doch auch hier ist sie wohl altersgemäß entwickelt. Mathematik liebt sie und ich aus entsprechend gut, auch in den anderen Fächer. Fachlich keine Probleme, doch ihr Arbeitseinsatz und auch Sozial. Sie kommt wohl oftmals mit den Aufgaben nicht in die Gänge, trödelt, träumt und lenkt sich mit anderen Dingen ab. Sie braucht mehrere Aufforderungen der Lehrer, mit den Aufgaben anzufangen (aber nur in Dänisch, nicht in Mathe). Das andere ist, dass sie manchmal Wutausbrüche bekommt, wenn sie in der Gruppe arbeiten und es nicht nach ihrem Kopf geht. So ganz überrascht sind wir nicht. Auch hier zu Hause braucht sie für alles mehrere Aufforderungen, sei es morgens fertig machen, Aufräumen, Aufgaben erledigen (hausaufgaben hat sie keine) - allgemein ist sie langsam, oft in ihrer Traumwelt, Unaufmerksam. Unsere Tochter ist ein sehr aufgewecktes und lebhaftes Kind. Einzelkind, hat Freunde, aber nicht zu viele, tut sich schwer sich für neue Freundschaften zu öffnen. Ist ein kleiner Dick-u. Sturkopf. Wie können wir ihr helfen, damit gerade ihre Arbeitseinstellung besser wird, sowohl in der Schule als auch zu Hause? Mit etwas Bestrafen finden wir nicht angemessen. Belohnungssystem, gerade in Verbindung mit Taschengeld? Wir haben schon oft mir ihr geredet, sie merkt es auch, entschuldigt sich und macht es prompt 5 min später wieder so........ Wäre für Ratschläge sehr dankbar.


DK-Ursel

Antwort auf Beitrag von SelinaMama

Hej! Erstmal rate ich - nicht nur wegen jaherlanger Erfahrung mit dem dänischen Schulsystem - zu Gelassenheit. In der 2.Kl. träumen viele noch --- und das wächst sich oft aus... Als Einzelkind hat sie natürlich viel Aufmerksamkeit. Wenn sie dann noch nicht so 100%dem dänischen Sozialisierungsprinzip entspricht (wie oft haben wir gehört, daß unsere Kinder zu wenig Freunde haben etc.), tut sie sich - auch noch mit Träumerei - doppelt und dreifach schwer, sich in eine Gruppe, die bei Projektarbeiten ja die Teilnehmer wechselt von Mal zu Mal, einzuordnen. In der 2.Klasse betrachte ich das auch nicht als großes Problem, da wird dasj a erst gelernt und geübt, damit es nachher - z.B. auf dem Gymnasium, aber auch im Beruf, klappt. Keiner sagt, daß dies nun schon gleich funktionieren muß. Helfen würde ich ihr nicht mit einem Belohnungssystem. Sie belohnen kann man Dinge, für die man einen bewußten Einsatz leistet - also eklige Medizin nehmen meinetwegen. Ich halte eh nicht viel davon,Selbstverständlihkeiten zu belohnen. Aber Dinge, die sich erst entwickeln müssen, werden nicht besser, weil das Kind Punkte für einen Kinobesuch sammeln kann o.ä. Sie macht es ja unbewußt,sie würde sicher gerne alle zufriedenstellen, kann es aber nicht, vergißt es. Besser finde ich - und dänischer! - sie zu loben, wenn es geklappt hat. "Hej, du bist ja schon fertig!" "Oh toll, du hast daran gedacht, daß du..." Und erinnertsie halt weiteran das,wasie tunsoll - es wird sicher mit der Zeit weniger werden. (Zuhause kann man sie ja auch auflaufen lassen,so daß sie merkt, wohin es führt, wenn sie vergißt, das zu tun, was sie eigenmtlich "automatisch" tun sollte.) Ansonsten wie gesagt - es wächst ich garantiert noch aus, ich glaube auchnicht, daß es als Drama bei Eurer Gespräch dargesteltl wird. Natürlich hat man ein Augenmerk darauf, vor allem,wenn die schulischen Leistungensonst stimmen - unserer Erfdahrung nach wird dann bes. auf sowas geschaut, damit man überhaupt was zu besprechen habt. was glaubst Du, wieviele i nder2.Kl. auch noch träumen (und Defizite haben)? God weekend - Ursel, auch DK


SelinaMama

Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

Hej Ursel, danke für deine Sichtweise, auch die einer "erfahrenen" Mutter :-). Ich persönlich denke/hoffe, dass sich das rauswächst und mit den Jahren besser wird. Ich war nur einfach etwas verunsichert über das was im Elevplan steht, obwohl man weiss wo Defizite sind, gibt es einer Mutter doch einen leichten Stich, diese lesen zu müssen. Als weiteres Ziel wurde angegeben: Blive bedre med at komme i gang...... Nun ja, mal sehen, was mir am Mittwoch erzählt wird. Prinzipiell sind wir auch gegen Belohnungssystem, da ich genau wie du sehe, dass gewisse Dinge aus einer Selbstverständlichkeit heraus gemacht werden müssen. Das mit der Gruppenarbeit werde ich jedoch selbst ansprechen, da ich finde dass dies auf jeden Fall ein Lernprozess ist. Meine Tochter wirkte jedoch sehr erstaunt, als ich ihr diese Bemerkungen vorgelesen habe - sie sieht es nicht so, dass es am Liebsten nach ihr gehen sollte... Vielen Dank für deinen Beitrag.


DK-Ursel

Antwort auf Beitrag von SelinaMama

Hallo nochmal! Es ist sehr typisch, daß das eben als Ziel da steht: Irtgendwqas muß ja sein. Es gibt KEIN KInd, da wette ich, das kein Ziel mitbekommt, an irgendwas kann man ja auch immer arbeiten. Freu Dich lieber, daß es solche Dinge sind, die eine Zweitkläßlerin auch noch nicht perfekt können muß, die sich entwickeln. Meine bekamen auch meistens nur so soziale Sachen, die eigentlich eben Stand-Beschreibungen waren und wo jeder wußte: Okay, klar kann man dran arbeiten - das tut Ihr ja auch, aber an sich ist das entwicklungstechnisch bald weg --- und dann müssen sie halt Neues suchen: Mündl. Beteiligung (oder Mange lan derselben) war bei uns ein belibtes Thema - und mind. meine Große war uns ist ansonsten eine Quasselstrippe! Ich finde es gut, daß sowas angesprochen wird, daß ein Auge auch auf die sozialen und persönliche nEntwicklungs"defizite" geworfen wird. ABER: Einen Stich sollte Dir das nicht geben -denn ohne geht es hier gar nicht , irgendwas steht da immer - also, ruhig Blut! Wenn Deine Tochter mit der Beurteilung uneinig ist, konfrontiert die Lehrerin sie ja vermutlich damit, dann habt Ihr wenigstens ein Gesprächsthema Und das ist doch gut, vielleicht gehen Deiner Tochter die Augen auf, was von ihr da erwartet wird. Das wirdschon! Gruß Ursel, DK


krummenau

Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

"Wenn sie dann noch nicht so 100%dem dänischen Sozialisierungsprinzip entspricht (wie oft haben wir gehört, daß unsere Kinder zu wenig Freunde haben etc.)," Gibt es in DK irgendwelche Richtwerte in dem Sinne, wieviele Freunde ein Kind haben muß / müßte / sollte, um "sizialisiert" zu sein? LG von Silke


DK-Ursel

Antwort auf Beitrag von krummenau

Hej Silke! Nee, "Richtwerte"wohl nicht, sozaile "Tauglichkeit" mißt man ja nicht in Zahlen. Und ich gestehe jedem Pädahogen und Lehrer zu, daß er durchaus über einen Zeitrauzm hinweg erkennt, ob ein Kind soziale Probleme hat oder wo es hapert. Aber es ist eben nicht sehr gern gesehen, wenn ein Kind eher Individualist ist, sich mit 1 festen Freund/in dauerhaft zufrieden gibt und ansonsten Cliquen vermeidet odersichsogar manchmal für sich hält ("abkapselt"). Ich habe den Eindruck, als ändere sich das ein bißchen, aber als meine Kinder klein waren, haben wir da arg zu kämpfen gehabt, den Lehrern die Mädchen als"normal" zu verkaufen - vor allem meine Große war nie ein Partylöwe, mochte keine großen Gruppierungen und hielt sich tapfer an1-2 Freundinnen über die Jahre fest. "Sie ist eine Indivdualistin und eine Perfektionistin", sagte die Vorschullehrerin, und am Tonfall hörte ich gleich, daß das nicht positiv gemeint war sindern mehr mit dem Unterton: Da kommen Probleme auf uns zu. Dabei war ich stolz darauf, eine Iniviudualistin (erzogen) zu haben... zu. Ich habe auch noch im Ohr, wie der Klassenlehrer nach der Klassenfahrt in der 8. Kl. erstaunt meinte, er hätte nie gedacht, daß meine Tochter so sozial sei - tja, auch er war dem Irrtum aufgesessen, einen Individualisten gleichzusetzen mit Egoisten. Daß man sich nicht jeden Tag gerne mit allen zusammentut, heißt nicht, daß man ihnen im Notfall nicht hilft und für die Gemeinschaftein steht. In Dk zählt das Sozale sehr viel, die Gemeinschaft noch mehr --- darauf haben Lehrer hier ein starkes Augenmerk, und eigentlich ist das ja auch gut - nur muß eben auch wirklich (!) Platz für Eigen-Arten sein - das ist leider auch hier oft ein Lippenbekenntnis. Gruß Ursel, DK


krummenau

Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

Danke für den interessanten Bericht. Ich habe zwei sehr unterschiedliche Söhne. Der ältere, fast 13, benötigt recht viele soziale Kontakte, wobei er in der Grundschukzeit noch nicht zwischen "Kumpels" und echten Freunden unterscheiden konnte. Da hatten wir manchmal fast alle Jungs der Klasse auf dem Kindergeburtstag, die er für seine Freunde hielt. Es hat bis zur 5. Klasse gdauert, bis er da unterscheiden gelernt hat. Er geht selber von sich aus in Gruppen (AGs), da er sich gerne in Gruppen aufhält. Der jüngere, gerade 10 geworden, ist da wohl ähnlich wie Deine Tochter - Individualist, in vielen Dingen Perfektionist und wahrlich kein Gruppenmensch. Er hat nur wenige echte Freunde, die aber aus Babytagen, ist da also sehr kontinuierlich. Er hat schon immer deutlich unterschieden zwischen Kumpel und echtem Freund. In DK hätte er es sicher nicht leicht, und auch hier am Gymnasium muß ich manchmal zu viel "gut gemeinten" Sozialisierungsversuchen seitens der Lehrer entgegenwirken. Wenn Platz genug ist und er alleine sitzen möchte, sollen sie ihn doch lassen. Wenn man ihn so sein läßt, wie er ist, und nicht mit Gewalt in Gruppen hineinzwängt, ist er ein sehr zufriedener, in sich ruhender Mensch. Und durchaus sozial und hilfsbereit, wenn jemand Hilfe braucht. Ich finde es wichtig, daß man jeden nach seinem Naturell glücklich werden läßt, dann kan auch jeder seine Qualitäten am Besten einbringen. LG von Silke


DK-Ursel

Antwort auf Beitrag von krummenau

HejSilke! Ja, ich habe auch zwei sehr verschiedene Töchter, die Jüngste ist eher kontaktfreudig und gruppentolerant. Aber auch sehr treu, was einzelne Freunde angeht. Klassengeburtstage sind hier übrigensüblich - eben aufgrund dieser Sozialiserung. Ich glaube,direkt schwer hatte esdie Große mit ihrem individualistischen Drang letztendlichauch nicht ,weildie Lehrer jasehen,daßsie durchaus beliebt war. Sie sagte halt nur öfter mal "NEIN" zu Verabredungen oder Gruppenveranstaltungen. Sie war mit ihrer Freundin auchdie einzige, die beim Abi nicht die (fast obligatorische) Fahrt durch die Gemeinden mitmachte: "Wieso soll ich mir dafür teures Geld ansehen, wie die anderen sich besaufen und den Wagen vollkotzen? Nein danke!" Bis jetzt hatsioe es wohl nicht bereut. Wiegesagt, typischdänisch istdas nicht, aber ...sie ist gut durchsLeben gekommen bisjetzt! An SelinasMamas Stelle würde ich die Bemerkung nicht überbewerten,wie gasgt, wenn schlulische Defizite fehlen,schaut man eben genauer dorthin --- und DA findet sich dann immer irgendwas. Sicher istdieBeobachtung richtig, vermutlichauch berechtigt, aber in der2.Kl. keinAnlaß zupanik. Und vor allem: Auchwenn ich biszur 9.Kl. bei beiden mangelnde mdl. Beteiligung in manchenfächern höärte --- sie sind auch gut durch die nächsten Schulen gekommen... man paßt sichj a an. (Wenn es keine relevanten Gegenspieler gibt, ist es ja auch langweilig - ICH konnte sie da oft gut verstehen...) Gruß Ursel, DK


SelinaMama

Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

Vielen lieben Dank für deinen positiven Beitrag Ursel. Das Gespräch ist morgen und ich sehe es sehr locker. Im ersten Moment hat es mich wie gesagt ein bisschen getroffen, aber je mehr ich darüber nachdenke, desto lockerer bin ich. Ja meine tochter ist auch eine Individualistin, sagt wenn ihr was nicht passt, macht nicht mit wenn sie was nicht will (gemeinsames Spiel in der Pause), lässt sich nicht alles gefallen. Sie wählt genau aus, wer ihre Freunde sind. Sie ist ein tolles Mädchen und ich bin stolz auf sie. Heute habe mich mit meiner Freundin gesprochen, deren Tochter die beste Freundin meiner ist, sie gehen in die gleiche Klasse. Dort in der Bewertung steht fast das Gleiche , haha :-). Das Gespräch wird wohl eher auf die Lesen nach Gehör hinauslaufen. Als meine Tochter gefragt wurde, ob es ein Fach gibt, in dem sie nicht so gut ist, sagte sie: Meine Mama sagt, ich bin nicht gut im Schreiben ! Das wird morgen wohl der Knackpunkt im Gespräch werden. Ich verheimliche nicht, dass ich dieses Konzept für Blödsinn halte und meine Tochter hier im Hause nicht darin unterstütze. Vielen Dank für die netten Beiträge.


Silke11

Antwort auf Beitrag von SelinaMama

lautgetreu geschrieben, mehr als deutsch oder etwa genauso? Mit dem Anfangen, da hat bei meinem Sohn in der 2. Klasse tatsächlich ein Belohnungssystem mit Smileys nachhaltig geholfen. Ich war zwar erstaunt, aber war so.


2auseinemholz

Antwort auf Beitrag von SelinaMama

Hallo! Ich würde erstmal in der 2. Klasse nichts unternehmen, aber weiter beobachten und versuchen zum positiven zu beeinflussen. Wenn Sie "Probleme" mit Team-Arbeit hat (hat aber jedes Kind in dem Alter, nur manche kapieren schneller als andere worum es da geht und manche setzten das dann auch noch schnell um ....) dann forciert solche Situationen: Team-Sport, Chor, Ballett, .... Wenn sie grundsätzlich Probleme hat in die Pötte zu kommen, dann versuch ihr Hilfe anzubieten in Form von Abmachungen: "Ich erinnere Dich alle 2 Minuten dran bis Du anfängst" oder ihr setzt die Eieruhr ein: "In 5 Minuten ist xy fertig" oder lass sie selber abzuschätzen wie lange sie für was braucht bis es fertig ist und dann stellt zusammen fest, wieso es länger gedauert hat und wie man es besser machen könnte. Ist ihr überhaupt bewußt, dass sie es gar nicht zeitnahe schafft anzufangen / dass sie trödelt? Sollte sich über einen längeren Zeitraum herausstellen, dass es gar nicht besser wird, ggf. mit steigenden Anforderungen noch schlechter wird, dann würde ich mir Gedanken machen, was da schief laufen könnte. Liegt es daran, dass sie nicht begreift was gefordert ist, will sie nicht, oder kann sie nicht und will eigentlich und leidet selber unter der Situation. Haltet in jedem Fall Kontakt mit der Lehrerin, manches wird schräg sein, manches kann auch eine Hilfe sein. In jedem Fall fragt die Lehrerin ob sie der Meinung wäre man müsste schon was "unternehmen" oder ob man das noch "beobachtend" laufen lassen kann. In keinem Fall würde ich Taschengeld streichen oder andere "Strafmaßnahmen" aufstellen. Höchstens Konsequenzen: Weil du für xy so lange gebraucht hast, ist eben keine Zeit mehr für yz. Belohnungen würde ich nur in Form von besonders "erwähnenswert", Lob ausgeben. Denn wenn die "Trauben zu hoch hängen" kann sie in eine Frust-Spirale stürzen, so dass letztendlich es sich auch noch negativ auf ihr Selbstwertgefühl auswirkt. LG, 2.