Die richtige Klinik bei einer drohenden Frühgeburt

Großstadt mit Wolkenkratzern

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Geburtsklinik ist nicht gleich Geburtsklinik. Falls bei der Geburt Schwierigkeiten zu erwarten sind oder eine Frühgeburt abzusehen ist, sollten Eltern gezielt ein Perinatalzentrum auswählen.

Seit 2006 werden in Deutschland Geburtskliniken in vier Versorgungsstufen unterteilt. Um die Versorgungsqualität zu gewährleisten, müssen die Kliniken ihrem Level entsprechend, strenge Auflagen erfüllen:

  • Perinatalzentren mit dem Level 1 oder 2
    Die Levels unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Spezialisierung, Ausstattung und des Personals.
  • Kliniken mit perinatalem Schwerpunkt, entspricht Level 3
  • Normal ausgestattete Geburtskliniken, Level 4

Perinatalzentren für Frühgeborene

Kliniken, die ihren Schwerpunkt in der Versorgung von Schwangeren und sehr früh geborenen Babys haben, werden Perinatalzentren genannt. "Perinatal" bedeutet "um die Geburt herum". Perinatalzentren sind von ihrer Ausstattung und von der Ausbildung ihrer Mitarbeiter auf diese Patientengruppe spezialisiert.

Häufig hört man auch den Begriff "Neonatologie". Dies ist ein Zweig der Kinderheilkunde, der sich mit der medizinischen Versorgung von Neugeborenen beschäftigt.

Wenn bestimmte Umstände vorliegen, sollte eine Geburt in einem Perinatalzentrum Level 1 oder 2 stattfinden:

  • Komplikationen in der Schwangerschaft
  • Frühgeburten vor der 32. Schwangerschaftswoche
  • zu erwartende Probleme bei der Geburt
  • geschätztes Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm
  • das Neugeborene wird voraussichtlich krank zur Welt kommen
  • de Mutter leidet unter einer schwerwiegenden Erkrankung
  • es liegen Fehlbildungen beim Ungeborenen vor

Ein Perinatalzentrum Level 1 bietet eine bestmögliche Versorgung für sehr früh geborene Babys. Perinatalzentren dieser Stufe sind vorbereitet auf die Versorgung von Frühchen, die vor der 29. Schwangerschaftswoche (SSW) geboren werden oder leichter als 1250 Gramm sind.

Ein Level-1-Zentrum verfügt über eine Neugeborenen-Intensivpflege-Station (kurz NIPS), mit mindestens sechs Bettchen, die direkt mit der Entbindungsstation verbunden ist. Je intensivpflichtigen Frühgeborenen, mit einem Geburtsgewicht von weniger als 1500 Gramm, muss es einen Kinderkrankenpfleger stellen. Es bietet ständige ärztliche Bereitschaft, einen Neugeborenen-Notarzt und einen direkt angeschlossenen Operationssaal. Außerdem muss es pro Jahr eine gewisse Fallzahl von Frühgeburten vorweisen.

Ein Perinatalzentrum Level 2 unterscheidet sich von einem Level-1-Zentrum im Wesentlichen durch seine Größe, Ausstattung und Personal. Level-2-Kliniken müssen nur 4 vier Intensiv-Pflegeplätze angebieten. Auch hier sind Entbindungsstation und NIPS in einem Gebäude oder miteinander verbunden. Hier können Frühchen mit einem geschätzten Gewicht von 1250 bis 1499 Gramm ebenfalls ab der 29. SSW versorgt werden.

Eine Klinik mit perinatalem Schwerpunkt ist eine Geburtsklinik, die an eine Kinderklinik angeschlossen ist oder über eine eigene Kinderstation verfügt, aber nicht über eine Neugeborenen-Intensivstation (NIPS). Ein Kinderarzt muss innerhalb von 10 Minuten vor Ort sein. Unerwartet auftretende Notfälle können hier kurzfristig versorgt werden, müssen dann aber in eine besser ausgerüstet Klinik verlegt werden. Frühchen ab der 33. SSW mit einem Gewicht über 1500 Gramm können hier betreut werden, wenn keine weiteren Risikofaktoren vorliegen.

Besonders im ländlichen Raum kann es vorkommen, dass ein Perinatalzentrum der Versorgungsstufe 1 nicht in unmittelbarer Wohnortnähe liegt. Trotz der längeren Anfahrt für die Eltern ist es wichtig, dem Kind bei seinem schwierigen Start ins Leben die bestmögliche medizinische Versorgung zu bieten. Sobald das Frühgeborenen gesundheitlich so stabil ist, dass es auch ohne intensive Unterstützung auskommt, kann es in ein Krankenhaus in Wohnortnähe verlegt werden.

Glücklicherweise kommen über 90% der Kinder erst nach der 36. Schwangerschaftswoche und gesund zur Welt. Sie alle sind in einer normalen Geburtsklinik bestens aufgehoben.

Im Notfall direkt ins Perinatalzentrum!

Frühgeburten lassen sich meistens nicht vorher planen. Die Wehen oder der vorzeitige Blasensprung treten plötzlich und ohne Voranmeldung ein. Da bleibt kaum Zeit für die werdenden Eltern, sich nach einer geeigneten Geburtsklinik umzusehen. In diesem Fall wird der Frauenarzt eine Schwangere direkt in ein Perinatalzentrum überweisen. Dabei muss bei drohender Frühgeburt vor der 30. SSW ein Perinatalzentrum Level 1 gewählt werden.

Es sollte unbedingt vermieden werden, dass ein Frühchen in einer dafür nicht ausgestatteten Klinik entbunden wird und dann nach der Geburt verlegt werden muss. Der Transport von sehr kleinen Frühchen ist immer mit einem Risiko verbunden. Deshalb ist es sehr wichtig, sich bei einer Risikoschwangerschaft, Mehrlingsgeburt oder vorangegangenen Frühgeburt rechtzeitig um ein gutes Perinatalzentrum der Stufe 1 in der Nähe zu kümmern und direkt dort zu entbinden. Es ist immer einfacher, eine Mutter in den Wehen zu verlegen, als ein neugeborenes Frühchen. Jedes Jahr könnten in Deutschland Folgeschäden bei Frühchen verhindert werden, wenn die Kinder direkt in einem geeigneten Perinatalzentrum zur Welt gekommen wären.

Perinatalzentrum: Routine kann Leben retten

Fallzahlen spielen bei der Versorgung von Frühgeborenen eine wichtige Rolle. Dem zugrunde liegt die Annahme, dass bessere Behandlungserfolge erzielt werden, wenn das Team aus Schwestern und Ärzten möglichst viel Erfahrung mit der Versorgung sehr kleiner Frühchen hat. Dies ist dann der Fall, wenn durchschnittlich etwa alle zwei Wochen ein sehr unreifes Frühchen behandelt wird. Ähnliche Fallzahlen waren bereits bei Patienten mit komplizierten Operationen eingeführt worden und haben sich bewährt.

Zwischen den Geburtskliniken in Deutschland gab es auch aus finanziellen Gründen einen regelrechten "Streit um Frühchen". Deshalb wurde seit 2011 die Mindestzahl an betreuten Frühchen unter 1250 Gramm von 14 auf 30 Fälle pro Jahr für Level-1-Kliniken angehoben. Ziel ist es, die Behandlungsqualität für die Allerkleinsten zu verbessern.

Befürworter dieses Vorgehens weisen auf Erfahrungen aus Ländern wie Finnland oder Schweden hin. Hier gibt es nur wenige große Zentren. Die Frühchensterblichkeit ist deutlich niedriger als in Deutschland. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich in den letzten Jahren in Mitteldeutschland. In den drei Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist die Neugeborenensterblichkeit seit einigen Jahren niedriger als in allen anderen Bundesländern. In diesen Bundesländern wurde besonders stark zentralisiert: Einige wenige Kliniken kümmern sich nun regelmäßig und sehr erfolgreich um die Allerkleinsten.

Perinatalzentren im Vergleich

Um sich selbst ein Bild von der Behandlungsqualität einzelner Zentren zu machen, können werdende Eltern und einweisende Ärzte die Behandlungsqualität von Perinatalzentren in Deutschland auf der Internetseite www.perinatalzentren.org vergleichen. Die Webseite des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen listet alle Zentren in Deutschland auf, die für die Versorgung von Frühgeborenen mit sehr niedrigem Geburtsgewicht zugelassen sind.

Nutzen Sie diese Möglichkeit, sich frühzeitig über die unterschiedlichen Perinatalzentren in ihrer Region zu informieren.

Wertvolle Tipps und Erfahrungswerte für die Suche nach der richtigen Klinik finden Sie auch in unserem Frühchen-Forum.

Zuletzt überarbeitet: Februar 2019

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