Frage: Warum wunschsectios?

Hallo Herr Dr. med. Lars Hellmeyer, Ich habe keine direkte Frage, jedoch bin ich etwas irritiert. Ich habe mehrere Seminare von Mitarbeitern Ihrer Klinik mitgemacht, u.a. "The First golden Hour" und muss zugeben, dass ich schon beeindruckt war von manchen Aspekten und sie gleich mal als Anregung in unserer Klinik weitergeben musste. So optimal läuft die Zusammenarbeit und die Versorgung postpartal bei uns nicht immer. Gerne lese ich auch bei Ihnen im Forum mit. Was ich jedoch nicht so recht nachvollziehen kann, ist diese Offenheit gegenüber wunschsectios, das ist für mich nicht babyfreundlich. Und irrationale ängste von Müttern, die medizinisch betrachtet nicht begründet sind, empfinde ich nicht als Indikation. Meiner Meinung nach geht es nicht nur drum die Mutter mit ihren Ängsten zu respektieren sondern auch klare Worte für die Risiken für das Kind zu finden. Ich habe nicht erst ein Kind erlebt, was nach (wunsch)sectio erstmal die intensiv begrüßt hat. Ein Kind kann sich nicht wehren gegen alle schmerzhaften Prozeduren durch die es dann muss, die Hektik, die fehlende Mutter. Die Mutter hingehen hat sich für eine schwangerschaft entschieden, somit auch für eine Entbindung. Kaiserschnitte sollten gemacht werden, wenn sie nötig sind und Mutter und Kind vor schaden bewahren, nicht nur weil die Mutter es gerne hätte. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich schätze Ihre Arbeit hier sehr, mir war es einfach ein Bedürfnis auch mal für die andere Seite zu plädieren. Ich wünsche eine schöne Woche! Lg

von Justme89 am 16.05.2017, 21:46



Antwort auf: Warum wunschsectios?

Hallo Justme89, vielen Dank für die offene konstruktive Kritik, die ich wirklich sehr ernst nehme. Ich komme aus einer Uni-Klinik, in der wir tatsächlich den Wunschkaiserschnitt rigoros abgelehnt haben. Zu Mindestens offiziell war das so und damit kann man sich ggf. auch nach außen schmücken. Inhaltlich ist das überall sicherlich anders, nur meine Erfahrung über die letzten 20 Jahre ist, dass eine Frau, die partout die Spontangeburt ablehnt, auch nicht zu der Geburt gezwungen werden kann. Meistens klappt das dann auch wirklich nicht so, wie wir denken. Wenn eine Schwangere wirklich über keinerlei medizinisches Risiko verfügt und den Kaiserschnitt präferiert, kläre ich genauestens über alle Komplikationen sowohl für die Mutter, aber auch ganz besonders über das Kind auf (z.B. erhöhtes Diabetesrisiko, Verlegung auf die Neo, mehr Allergien, häufiger Autismus etc.). Viele Frauen konnte ich dann schon noch überreden, normal zu entbinden. Aber meines Erachtens bleibt die endgültige Entscheidung doch bei den Frauen und das ist auch gut so. LG, Ihr Einwand ist aber gut

von Prof. Dr. med. Lars Hellmeyer am 17.05.2017



Antwort auf: Warum wunschsectios?

Ja, das stimmt, leider redet man manchmal gegen wände... Vielen Dank für Ihre Antwort!

von Justme89 am 17.05.2017, 09:30



Antwort auf: Warum wunschsectios?

Manchmal stecken unbewältigte Traumata dahinter z.B. Missbrauchserfahrungen. So etwas erzählt man i.d.R. niemand Fremdem, wenn man überhaupt darüber spricht und es nicht komplett verdrängt. Ich hatte nach meiner ersten Geburt (sek. KS) eine posttraumatische Belastungsstörung und habe es nur mit der klinikeigenen Therapeutin und einem einfühlsamen Geburtsteam geschafft, noch einmal einen vaginalen Versuch zu starten. Wie soll so jemand, wenn die entsprechende mentale Unterstützung fehlt, vaginal entbinden? Viele Kliniken haben überhaupt keine Psychotherapeuten, die bei der Geburt dabei sind. Und ich meine jetzt nicht nur die psychische Seite, ich hatte beim Betreten des Vorraumes schon eine Panikattacke, bei der ich von außen professionell "herausgeholt" wurde. Gebären hat viel mit entspannen zu tun.

von emilie.d. am 17.05.2017, 13:17



Antwort auf: Warum wunschsectios?

Das tut mir wirklich leid, dass deine erste Geburt so unschön war. Ich will auch gar nicht die sectios verteufeln, darum ging es mir nicht, mir geht es darum dass mir manchmal von med. Personal eine klare Haltung diesbezüglich fehlt und ich schon finde, dass Müttern bewusst gemacht werden muss, was sie ihren Kindern damit zumuten. Und bezüglich Missbrauch: ich denke da gibt es auch verschiedene Gefühle seitens der Frauen, ich kann mir genausogut vorstellen, dass der kontrollverlust während der sectio (du bist sediert oder zumindest untenrum betäubt während man an dir rum schneidet) für viele schlimm ist und danach folgen noch so viel mehr Kontrollen und du bist viel länger auf Hilfe angewiesen. Jedenfalls schön, dass du trotzallem noch einmal vaginal entbunden hast.

von Justme89 am 17.05.2017, 13:52



Antwort auf: Warum wunschsectios?

Ich hatte Deinen Post so verstanden, dass für Dich ein WKS nicht akzeptabel ist. Du schriebst "gegen die Wand reden". Das ist wirklich nicht böse gemeint, aber vielleicht redest Du zuviel und hörst zu wenig zu. Du hast recht, es gibt reichlich Problematiken, die durch eine Sectio nicht gelöst werden. Aber es gibt eben auch Konstellationen, wo Frauen sehr glücklich mit der Sectio sind und eine vaginale Geburt absolut unvorstellbar gewesen wäre. Natürlich sollte das das medizinische Personal im Vorfeld einfühlsam mit der Patientin besprechen. Meine zweite Geburt war wieder ein sek. KS, der sogar in Vollnarkose. Wobei ich ehrlich sagen muss, dass die für mich eine Erlösung war und ich froh war, als die Lichter ausgingen.

von emilie.d. am 17.05.2017, 16:28



Antwort auf: Warum wunschsectios?

Hallo, ich denke bei dem Thema Wunschsectio ist es sinnvoll einmal die Definition des Begriffes Wunschsectio zu klären. Ich sehe das so, dass eine Wunschsectio immer ein primärer Kaiserschnitt ist, der OHNE medizinische Indikation auf Wunsch der Mutter durchgeführt wird. Sekundäre Kaiserschnitte fallen somit für mich nicht unter Wunschsectios. Egal ob sie nun in Spinalanaesthesie oder Vollnarkose stattfinden. Ich habe jetzt zweimal einen sekundären KS erlebt. Beim 1.Kind kam es nach Einleitung (Einleitung auf Anraten der Ärzte wg. Gewicht des Babys) zum Geburtsstillstand in der Eröffnungsphase und dann auf Druck der Ärzte zum sek.KS in Spinalanaesthesie, da sie keine Chance sahen dem Kind (Sternengucker mit durchgestrecktem Rücken) den Weg ins Becken "zu zeigen". Hinterher hieße es relatives/absolutes Missverhältnis zw. Kind und muetterlichem Becken. Beim 2.Kind haben wir es spontan versucht. Nach 2 Stunden erfolgloser Austreibungsphase, davon gut 1 Stunde mit geöffneter Fruchtblase, wurde das Risiko einer Ruptur zu unkalkulierbar. Es kam zum sek.KS in Vollnarkose, da Spinalanaesthesie nicht wirkte. Restliches Fruchtwasser war schlussendlich grün. Hinterher hieße es relatives/absolutes Missverhältnis zw. Kind und muetterlichem Becken. Sollte es nun irgendwann doch noch den Wunsch geben ein 3.Kind zu bekommen, dürfte es schwer werden ein Krankenhaus zu finden, dass den Versuch einer Spontangeburt zulässt?! In diesem Fall wäre ein primärer KS für mich keine Wunsch-Sectio auf Grund der Ruptur-Gefahr. Liebe Grüße Bianca

von Bianca197 am 17.05.2017, 17:12



Antwort auf: Warum wunschsectios?

Genau Bianca, von nichts anderem rede ich. Wie zB bei dir mit rupturrisiko gehe ich vollkommen konform damit, dass man nicht das Leben der mutter riskiert. Aber ich finde es ist unsere Aufgabe als Mütter den Kindern den bestmöglichen Start zu gewähren und dazu zählt für mich auch, die Risiken einer wunschsectio für das Kind nicht in Kauf zu nehmen. Denn wie gesagt, es hat sich (fast) jeder für die schwangerschaft entschieden...

von Justme89 am 17.05.2017, 21:48



Antwort auf: Warum wunschsectios?

"Denn wie gesagt, es hat sich (fast) jeder für die schwangerschaft entschieden." Aha. Und das heist dann selbstverständlich dass Frau sich selbst völlig aufgeben muss. Und ohne jeglichen Kompromiss wirklich alles erdulden und ertragen muss nur weil sie sich, übrigens im idealfall zusammen mit dem Mann für ein Kind entschieden hat. Klingt für mich dann eher nach Gebärmaschine und hat für mich dann nichts mehr mit freiem Willen zu tun Also nein, zum Glück denken nicht alle Mensche wie sie und es gibt noch Leute wie Dr. Hellmeyer der sich da ein bischen in die Frau reindenken können und auch im Sinne der Frau entscheiden können. Es bringt zum Beispiel auch keinem Kind etwas wenn es dann eine Mutter hat, die zur vaginal Geburt überredet wurde und sie dann ein Trauma davon trägt. ( Und das haben ja auch schon viele Mütter, die freiwillig vaginal entbunden haben). Da braucht es nicht noch mehr von.

von anni1002 am 18.05.2017, 17:35



Antwort auf: Warum wunschsectios?

Wir reden weiter, wenn Ihr Kind nach der sectio auf der Intensivstation liegt... Für mich zumindest lag die Priorität immer bei meinem Kind und das Risiko so niedrig wie möglich zu halten.

von Justme89 am 18.05.2017, 22:17



Antwort auf: Warum wunschsectios?

Bei mir auch. Meine beiden Kinder sind gesund und munter, eins geht sogar schon zur Schule. Das Kind meiner Schwester ist dagegen nach einer missglückten vaginalen Geburt auf der Intensiv gelandet mit Sauerstoffmangel. Und ist jetzt mit seinen fast 3 Jahren stark "Entwicklungsverzögert". Wenn sie ja wie sie sagen schon Kinder nach der geplanten Sectio auf der intensiv gesehen haben, müssten sie aber auch wissen, dass es ebenso nach vaginalen Geburten vorkommen kann.

von anni1002 am 18.05.2017, 22:33



Antwort auf: Warum wunschsectios?

Justme, es gibt auch genug Kinder, die auf der Neo Intensiv liegen müssen, weil die Mütter unbedingt und um jeden Preis spontan entbinden wollten. Da muss man dann schon bitte fair bleiben in beide Richtungen. Eine Frau hat - natürlich nach gründlicher und klarer Aufklärung durch die Ärzte - natürlich ein Recht auf die Geburt die sie für richtig hält. Man wird ja durch die Schwangerschaftshormone zwar ein bißchen bekloppt :-), aber ist ja trotzdem ein mündiger Mensch.

von LanaMama am 19.05.2017, 11:41



Antwort auf: Warum wunschsectios?

@anni Natürlich kann auch bei vaginalen Geburten was passieren und ich finde es schlimm, dass sowas passiert wie das, was sie berichten. Und ich habe auch gesagt, dass ich FÜR Kaiserschnitte bin, wenn sie Mutter und/oder Kind vor schaden bewahren. Es ändert jedoch nichts daran, dass in der Regel die vaginale Geburt für das Kind besser ist. @LanaMama Extreme sind nie gut, egal in welche Richtung und wenn es medizinische Gründe gibt, die eine spontane Entbindung für Mutter und Kind zur Gefahr machen, sollte natürlich eine sectio gemacht werden. aber da wir grade im kaiserschnitt Forum sind, habe ich mich halt darauf bezogen, denn mir ging es ja um diese winschsectio fragen hier.

von Justme89 am 19.05.2017, 20:09



Antwort auf: Warum wunschsectios?

Aber es kann eben keiner garantieren, ob eine vaginale Geburt gut ausgeht oder nicht. Wenn nicht, dann kann man für das Kind und die Mutter nur hoffen, das rechtzeitig ein Kaiserschnitt gemacht wurde. ( war bei meiner Schwester dann nicht so). Oder man entscheidet sich eben vorher für einen Kaiserschnitt. Und nach meinem Stand der Kenntnisse, gibt es bei einem geplanten Kaiserschnitt ab der 39+0 keinen signifikanten Unterschied im Hinblick auf behandlungbedürftige Anpassungsschwierigkeiten. Erhöht ist das Risiko bei secundären Kaiserschnitten, was dann aber nicht am Kaiserschnitt an sich liegt, sondern daran wie die Geburt vorher gelaufen ist. Sie werden die Studien dazu ja bestimmt selbst gelesen haben. Am Ende sollte immer die Mutter entscheiden, welche Geburtsart für sie und ihr Kind am besten ist. Denn sie und das Kind müssen am Ende den Rest ihres Lebens damit klarkommen, und niemand sonst.

von anni1002 am 19.05.2017, 22:03



Antwort auf: Warum wunschsectios?

@justme89 Ich muss dir ehrlich sagen, das deine Ansichten schon sehr verquer sind. Jede Mutter entscheidet für sich, was das beste ist, denn jeder mit deinen Ansichten vergisst, das auch die Mutter ein Mensch ist und eben dieser Mutter sollte es genau so angenehm machen wie dem Kind. Ich persönlich kenne nie Probleme und Komplikationen bei vaginal Geburten, bei Kind und Mutter (da ich auf der Wochenstation arbeite ). Viele Kinder werden mit der Zange oder der Saugglocke geholt, was auf drücken der Hebammen so gehandhabt wird, da das kind UNBEDINGT vagial zur Welt kommen muss, da es sonst eventuelle Anpassungunsschwierigkeiten hat. Das dass Kind allerdings darunter leidet und Schmerzen hat wenn es am Kopf raus gezogen wird genau so das es riesige Hämatome am Kopf hat und es für die Mutter sicher nicht angenehm empfunden wird, interessiert niemanden. Ich kennen Dutzende Sectio Kinder auch Wunschsectio die keinerlei Probleme haben, weder Anpassungschwierigkeiten noch trink Schwierigkeiten oder irgendwelche schmerzen. Dafür kenne ich Dutzende vaginal Geburt Kinder die extreme Anpassungsschwierigkeiten haben, oder trink Probleme die öfter beim Arzt sind weil es Komplikationen gab. urteilen über andere ist immer sehr leicht, doch jeder sollte und darf für sich entscheiden wie und was. Und das gilt auch für eine Geburt.

von Lennco am 23.05.2017, 07:13